Special | Indien | Nahrungsmittel
Indiens Bevölkerung hat Appetit auf mehr
Die Nahrungsmittelnachfrage auf dem Subkontinent wächst. Importe haben gute Chancen, weil sie als Premiumprodukte vermarktet werden können. Vor allem Snacks bieten sich dafür an.
26.08.2025
Von Florian Wenke | Mumbai
Indien zählt laut Weltbank zu den Ländern mit niedrigem mittlerem Einkommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf im Finanzjahr 2024/2025 (1. April bis 31. März) lag geschätzt bei 2.698 US-Dollar (US$), so der Internationale Währungsfonds (IWF). Der IWF prognostiziert, dass bis 2029/2030 ein Wert von 4.195 US$ pro Kopf erreicht werden wird. Steigende verfügbare Einkommen und die wachsende Bevölkerung sind Haupttreiber einer zunehmenden Lebensmittelnachfrage und sorgen für wachsende Umsätze über alle Produktgruppen hinweg.
Warengruppen (Auswahl) | 2020 | 2025 | Veränderung 2025/2020 | Prognostizierte Veränderung 2030/2025 |
---|---|---|---|---|
Brot und Getreideprodukte | 132,2 | 210,1 | 58,9 | 39,1 |
Milchprodukte und Eier | 121,5 | 188,0 | 54,7 | 40,1 |
Öle & Fette | 35,9 | 48,9 | 36,0 | 30,3 |
Soßen & Gewürze | 21,7 | 34,5 | 59,1 | 38,7 |
Fleisch | 25,9 | 35,9 | 38,2 | 29,5 |
Süßwaren | 15,8 | 23,7 | 49,5 | 35,8 |
Aufstriche & Süßungsmittel | 9,8 | 13,0 | 32,8 | 25,1 |
Fertiggerichte (Convenience Food) | 4,4 | 6,6 | 49,8 | 32,2 |
Mehr höherwertige Nahrungsmittel werden nachgefragt
Der private Konsum ist für Indien wirtschaftlich bedeutend und trägt rund 60 Prozent zum BIP bei. Die Ausgaben für Lebensmittel und Getränke machen 47 Prozent der Konsumausgaben eines ländlichen und 40 Prozent eines städtischen Haushaltes aus.
Relativ gesehen hat sich der Anteil der Aufwendungen für Nahrungsmittel am Konsumkorb in den vergangenen Jahren verringert. Zudem verändert sich die Zusammensetzung des Warenkorbs der gekauften Lebensmittel. Grundnahrungsmittel wie Getreide und Hülsenfrüchte bleiben wichtig, aber ihr relativer Anteil an den Nahrungsmittelausgaben sinkt. Stattdessen werden mehr höherwertige und oftmals teurere Lebensmittel konsumiert. Das führt zu einem wachsenden Verbrauch, beispielsweise von Milch und Milchprodukten, Eiern, Fisch, Fleisch und Früchten. Die Ausgaben für Getränke und verarbeitete Lebensmittel nehmen ebenfalls zu.
Religion spielt bei der Ernährung eine große Rolle
In Indiens Städten wird hauptsächlich mit Gas gekocht. Die Kochgelegenheiten der Haushalte verfügen meist über zwei bis vier Kochfelder. Backöfen und Mikrowellen sind die Ausnahme in den Küchen. Ein Kühlschrank, häufig auch mit Gefrierfach, ist jedoch fast in jedem Haus zu finden. Meist wird dreimal am Tag frisch gekocht. Zudem ist eine warme Zwischenmahlzeit am Nachmittag weit verbreitet. Snacks sind rund um die Uhr beliebt. Die Speisen sind überwiegend im Geschmack deutlich intensiver und enthalten meist mehr Zutaten als beispielsweise in Deutschland.
Zu beachten sind religiöse Ernährungsgewohnheiten. So verzehren beispielsweise Hindus kein Rindfleisch und Muslime kein Schweinefleisch. Zudem ist in Indien die Trennung zwischen vegetarischen und nicht-vegetarischen Nahrungsmitteln stärker ausgeprägt. In den Produktionsanlagen werden die Erzeugnisse auch oft räumlich voneinander getrennt. Sie sind entsprechend mit einem grünen (vegetarisch) oder rotem Punkt (nicht-vegetarisch) gekennzeichnet.
Deutsche Lebensmittel stehen für Qualität
Bei Milch und Molkereiprodukten deckt Indien den heimischen Bedarf überwiegend selbst. Zudem sind Importe dieser Produkte mit großem Genehmigungsaufwand verbunden. Gleiches gilt für Fleisch.
Bessere Aussichten bestehen bei süßen und salzigen Snacks. Hier liegen die deutsche und indische Geschmackspalette näher beieinander als bei anderen Nahrungsmitteln. Zudem hilft es, dass die indische Gastkultur weit entwickelt ist. Üblicherweise wird einem Gast eine Kleinigkeit zu essen angeboten, zum Beispiel Kekse. Das stützt die Nachfrage nach diesen Produkten zusätzlich. Weil importiere Waren in Indien allgemein als qualitativ hochwertig angesehen werden, können höhere Preise verlangt werden. So lassen sich mittelpreisige Produkte "Made in Germany" in Indien als Premiumprodukte verkaufen.
Insbesondere für Gebäck und Knabbereien sind sowohl sehr kleine Verpackungen unter 100 Gramm als auch große Verpackungen mit über 300 Gramm weit verbreitet. Trotz hoher Importabgaben sind auch alkoholische Getränke ein Wachstumsfeld. Branchenkenner nennen bisweilen alkoholfreie Getränke als Einstiegschance für deutsche Produkte.
Importe aus Deutschland haben Raum für Wachstum
Nahrungsmittel aus Deutschland machen bisher nur einen Bruchteil der indischen Importe aus. Hinzu kommt die starke Stellung lokaler Produkte sowie von Marken mit langer Geschichte in Indien. Darunter fällt zum Beispiel Schokolade aus dem Vereinigten Königreich. Diese Wettbewerber verfügen häufig über große Marketingbudgets und eine ausgefeilte Logistik, damit sie den Einzelhandel bedienen können.
Produktgruppe nach SITC *) | Produktgruppe | 2024 | darunter aus Deutschland 2024 |
---|---|---|---|
01 | Fleisch und Fleischprodukte | 9,0 | 0,1 |
02 | Milch und Milchprodukte, Vogeleier | 51,8 | 1,6 |
03 | Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen | 219,4 | 0,0 |
04 | Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren | 491,9 | 2,0 |
05 | Gemüse, Früchte und Zubereitungen | 9.822,1 | 5,7 |
06 | Zucker, Zuckerwaren, Honig | 1.935,9 | 43,6 |
07 | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus | 2.130,0 | 4,7 |
09 | Verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen | 234,9 | 2,4 |
22, 41 bis 43 | Ölsaaten, ölhaltige Früchte, Öle und Fette, etc. | 17.512,9 | 4,6 |
Nahrungsmittel insgesamt | 32.408,0 | 64,8 |
Inderinnen und Inder kaufen ihre Lebensmittel mehrheitlich in kleinen inhabergeführten Läden ein, die nicht selten zum unorganisierten Sektor gehören. Supermärkte und der Onlinehandel wachsen jedoch.
Zum Onlinehandel gehört auch der Quick Commerce, der Lebensmittellieferungen innerhalb weniger Minuten nach der Bestellung verspricht. Branchenkenner weisen darauf hin, dass mit dem Aufstieg des Quick Commerce in Indiens Städten große Chancen verbunden sind. Anstatt mit viel Geld eigene Vertriebsstrukturen aufzubauen, können Unternehmen nun die Aufnahme ins Sortiment von Quick-Commerce-Firmen anstreben und damit ohne den Umweg über den Einzelhandel direkt in indische Küchen gelangen.
Lebensmitteleinfuhren unterliegen Zöllen und Genehmigungsverfahren
Beim Import von Nahrungsmitteln nach Indien fallen je nach Produkt Zölle in unterschiedlicher Höhe an. So gilt zum Beispiel für Schokolade und andere Kakaozubereitungen, Kekse und Kuchen und Konfitüren ein Zollsatz von 30 Prozent. Für importierte Milcherzeugnisse liegen die Zölle bei 30 bis 60 Prozent, für Fruchtsäfte gelten 35 Prozent (Orangensaft) beziehungsweise 50 Prozent (alle anderen Fruchtsäfte). Für Wein und Spirituosen werden sogar 150 Prozent fällig.
Zusätzlich zum Zoll (Basic Customs Duty; BCD) werden weitere Gebühren erhoben. Dazu zählen:
- eine Abgabe zur Entwicklung der Landwirtschaft (Agricultural Infrastructure and Development Cess; AIDC; in der Regel mit dem Satz des Zollsatzes vom Zollbetrag),
- eine Sozialabgabe (Social Welfare Surcharge, SWS) in Höhe von 10 Prozent des Zollbetrages zuzüglich der AIDC sowie
- die Umsatzsteuer (Integrated Goods and Services Tax; IGST). Abhängig von der Ware beträgt die IGST Ware 5 oder 12 Prozent (reduzierte Sätze), der Normalsatz ist 18 Prozent.
Der Importeur benötigt eine Einfuhrlizenz der Nahrungsmittelüberwachungsbehörde Food Safety and Standards Authority of India (FSSAI). Eine Einfuhrliste führt einfuhrbeschränkte Waren auf, zum Beispiel bestimmte Fleischerzeugnisse. Für diese ist eine gesonderte Lizenz der Außenhandelsbehörde Directorate General of Foreign Trade (DGFT) erforderlich. Ausländische Hersteller von Fleisch- und Milcherzeugnissen mit Exportabsichten müssen über ihre zuständige Behörde im Exportland bei der FSSAI gelistet sein. Für den Import von Milcherzeugnissen ist ein Gesundheitszeugnis (Health Certificate) aus dem Herkunftsland vorzulegen. Die aktuellen Import-Kennzeichnungsvorschriften der FSSAI gemäß Verordnung Food Safety and Standards Import Regulations sind zu beachten.
Weitere Informationen zu allgemeinen Einfuhrbestimmungen in Indien liefert Zoll und Einfuhr kompakt.
Nahrungsmittelmärkte in Süd- und Südostasien im Detail
Germany Trade & Invest hat für Sie verschiedene wichtige Nahrungsmittelmärkte in Süd- und Südostasien untersucht. Lesen Sie mehr in unseren Länderberichten!
Kontakte und Messen
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
AHK Indien (Indo-German Chamber of Commerce) | Anlaufstelle für deutsche Unternehmen |
Department of Agriculture & Farmers Welfare | Ministerium für Landwirtschaft |
Ministry of Fisheries, Animal Husbandry & Dairying | Ministerium für Fischerei, Tierhaltung und Milchwirtschaft |
Ministry of Food Processing Industries | Ministerium für Nahrungsmittelverarbeitung |
Directorate General of Foreign Trade | Außenhandelsbehörde, zuständig für Erteilung von Importerlaubnissen |
Behörde für die Überwachung der Lebensmittelsicherheit und -standards | |
Agricultural and Processed Food Products Export Development Authority | Behörde zur Förderung von Nahrungsmittelexporten |
Verband der verarbeitenden Nahrungsmittelindustrie | |
Indian Dairy Association | Verband der Milchindustrie |
Federation of All India Farmer Associations (FAIFA) | Interessenvertretung von Landwirten |
Anuga Select India und Anuga FoodTec India | Fachmessen; Üblicherweise jährlich im August in Mumbai (auf dem gleichen Messegelände) |
Biofach India | Fachmesse; Üblicherweise jährlich im August in New Delhi |
FI India | Fachmesse; 3. bis 5. September 2025 in Greater Noida |
World Food India | Fachmesse; 25. bis 28. September 2025 in New Delhi |
Drink Technology India | Fachmesse; 13. bis 15. November 2025 in Mumbai |
Food & Beverages Processing – Processing, Packaging & Technology Magazine | Fachmagazin |