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Branchen | Indien | Schienenverkehr

Indischer Bahnsektor erhält Modernisierungsschub

Indiens Eisenbahn soll schneller und sicherer werden. Dafür stehen einige Investitionen an. Allerdings dauern viele Projekte länger und kosten mehr als geplant.

Von Boris Alex | New Delhi

Indien hat bereits in den letzten Jahren massiv in seine Bahninfrastruktur investiert. Das Schienennetz wurde ausgebaut und elektrifiziert, das rollende Material modernisiert und der Bestand aufgestockt, die Strecken sicherer gemacht und viele Bahnhöfe renoviert. Mit schnelleren und komfortableren Zügen sollen neue Kundensegmente angesprochen werden. 

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Die Bahn auf dem Subkontinent transportiert jährlich etwa 6,5 Milliarden Personen 2030 dürften es 10 Milliarden Menschen sein. Das Schienenfrachtvolumen konnte in den letzten fünf Jahren um fast ein Drittel auf 1,5 Milliarden Tonnen zulegen. Bis 2030 soll es auf 3 Milliarden Tonnen steigen.

23 Mrd. US$

Investitionsbedarf pro Jahr

Im Rahmen des "National Railway Plan" hatte das Ministry of Railways (MoR) den Investitionsbedarf bis 2030 auf jährlich 23 Milliarden US-Dollar (US$) veranschlagt. Die Haushaltsmittel für das Eisenbahnministerium wurden in den letzten Jahren kontinuierlich angehoben und damit der finanzielle Spielraum für Schienenverkehrsprojekte erweitert. 

Im laufenden Finanzjahr 2024/2025 (1. April bis 31. März) erhält das MoR 5 Prozent mehr Mittel als in der Vorperiode. Das sind umgerechnet fast 31 Milliarden US$. Gut ein Drittel davon ist für Investitionen in den Ausbau und die Modernisierung des 120.000 Kilometer langen Schienennetzes vorgesehen.

Neue Schienenkorridore machen Verbindungen effizienter

Im Oktober 2023 hat das MoR ein neues Schlüsselprojekt vorgestellt: Bis 2034 sollen sieben besonders stark ausgelastete Trassen zwischen den Ballungszentren Delhi, Mumbai, Kolkata und Chennai durchgängig auf zwei Spuren und streckenweise bis auf vier Spuren erweitert werden. Damit können künftig nicht nur mehr, sondern auch schnellere Verbindungen zwischen diesen Metropolen angeboten werden. Die Kosten beziffert das MoR auf insgesamt 50 Milliarden US$.

Indiens erste Hochgeschwindigkeitszugstrecke von Mumbai nach Ahmedabad soll im August 2027 den Betrieb aufnehmen nach zehn Jahren Bauzeit und drei Jahre später als geplant. Das MoR hat Machbarkeitsstudien zu sieben weiteren Trassen in Auftrag gegeben. Die Studien sollen noch im Finanzjahr 2024/2025 abgeschlossen werden, allerdings kommt es bei Bahnprojekten häufig zu Verzögerungen. Anfang 2024 hinkte knapp die Hälfte aller Vorhaben (mit einem Investitionsvolumen von 18 Millionen US$ oder mehr) ihrem Fertigstellungstermin um durchschnittlich 36 Monate hinterher. Die Projekte lagen zudem um fast 20 Prozent über den geplanten Kosten. 

Die Regierung hat den Bau von drei Schienenfrachtkorridoren angekündigt: Einer wird ausschließlich dem Transport von Rohstoffen und Zement dienen, ein Korridor soll die wichtigsten Seehäfen vernetzen und einer wird bestehende Trassen mit hohem Frachtaufkommen entlasten. Zusammen umfassen die Korridore laut Plan 40.000 Kilometer und werden bis 2030 fertiggestellt. 

Damit kommt Indien seinem Ziel, den Anteil der Schiene am Frachtverkehr bis 2030 auf 45 bis 50 Prozent zu verdoppeln, ein gutes Stück näher. Um die Expansionspläne für das Schienennetz zu realisieren, will der Subkontinent bis 2028 den jährlichen Zubau auf 10.000 Kilometer verdoppeln. Dafür werden vor allem moderne Gleisbaumaschinen eingesetzt.

Siemens Mobility erhält Milliardenauftrag

Für das rollende Material stehen im laufenden Finanzjahr umgerechnet 5 Milliarden US$ an Haushaltsmitteln bereit. Der staatliche Bahnbetreiber Indian Railways (IR) will damit veraltete Zugtechnik durch moderne Semi-High-Speed-Lokomotiven mit Geschwindigkeiten bis maximal 160 Kilometer pro Stunde ersetzen. In den nächsten Jahren werden bis zu 8.000 neue Triebfahrzeuge benötigt. Die Kosten hierfür beziffert IR auf rund 12 Milliarden US$. Dabei dürften vor allem die beiden in Indien entwickelten und hergestellten Typen "Vande Bharat" und "Amrit Bharat" zum Zuge kommen. Zeitgleich sollen 40.000 alte Personenwaggons zu Vande-Bharat-Waggons umgebaut werden.

Um das wachsende Schienenfrachtaufkommen zu bewältigen, schaffte IR auch neue Züge an. Anfang 2023 gewann Siemens Mobility eine Ausschreibung zur Lieferung von 1.200 Elektrolokomotiven mit einem Auftragsvolumen von 3 Milliarden Euro. Die Loks werden in Indien gebaut und können Ladungen von bis zu 4.500 Tonnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde befördern. 

Daneben will IR 35 Züge mit Wasserstoffantrieb auf die Schiene setzen. Der indische Bahntechnikkonzern Medha Servo Drives wurde beauftragt, alte Dieselloks mit Brennstoffzellen umzurüsten. Die Ausrüstung liefert der Technologiekonzern GreenH Electrolysis zu.

Mehr Sicherheit auf der Schiene

IR will bis 2030 insgesamt 12 Milliarden US$ in Signal- und Sicherheitstechnik investieren. Dabei kommt auch lokal entwickelte Ausrüstung, wie das automatische Zugsicherungssystem Kavach oder das Überwachungssystem RTIS (real-time information system) zum Einsatz. Ende 2023 waren 1.500 Streckenkilometer mit Kavach ausgerüstet. Bis April 2026 sollen es 5.000 Kilometer sein, darunter auch die rund 1.400 Kilometer lange Trasse zwischen Delhi und Mumbai. Um den Roll-out zu beschleunigen, hat IR Aufträge zur Fertigung und Installation des Systems vergeben, unter anderem an Siemens.

Bahn will künftig mit grünem Strom fahren

Die indische Eisenbahn plant, bis 2030 klimaneutral sein. Um die Netto-Null zu erreichen, wird das Schienennetz vollständig elektrifiziert. Ende 2023 standen 95 Prozent des 64.000 Kilometer langen Breitspurbahnnetzes unter Strom, der Rest soll 2024 dazu kommen. 

Wahrscheinlich wird sich der Strombedarf bis 2030 auf 72 Milliarden Kilowattstunden verdreifachen. Der Großteil davon soll aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Ende 2023 waren Aufdachfotovoltaikanlagen mit 200 Megawatt an indischen Bahnhöfen installiert. Weitere 2.000 Megawatt an Freiflächen- und Aufdachanlagen befinden sich im Bau oder in der Planung.

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