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Special | Indien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

Gesetzliche Grundlagen

Indien hat das Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Rechtsgrundlage für gesetzliche Mindestlöhne in Indien ist der Code on Wages (2019). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Aktuell gibt es keinen landesweit einheitlich gültigen, gesetzlichen Mindestlohn, sondern nach Qualifikation, Industrie, Tätigkeit und Region gestaffelte Tarife. Auf der Homepage des Chief Labour Commissioner sind diverse Übersichten dazu zu finden. Im Zuge von Arbeitsmarktreformen soll künftig landesweit eine Lohnuntergrenze gelten, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert und durch die öffentliche Hand festgelegt wird. Der 2019 vorgeschlagene Wert dieser auch als floor wage bezeichneten Lohnuntergrenze liegt bei 178 indische Rupien pro Tag (iR., entspricht rund 1,97 Euro nach dem Wechselkurs der Bundesbank Ende Juli: 1 Euro = 90,22 iR.). Die Bundesstaaten können anschließend frei entscheiden, ob sie einen separaten Mindestlohn festlegen, der dem zentralstaatlichen entspricht oder darüber liegt. Viele Experten erachten das vorgeschlagene Niveau als deutlich zu niedrig, um den entsprechenden Lohnempfängern ein Leben oberhalb der Armutsgrenze zu ermöglichen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die entsprechenden Reformen vor 2024 in Kraft treten. Derzeit mangelt es insbesondere an Unterstützung aus einzelnen Bundesstaaten (Stand: Juli 2023). 

Unterschiede zwischen dem formellen und dem informellen Sektor sind beim Thema Lohn ebenfalls zu beachten. Zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Die Löhne sind im informellen Sektor im Vergleich zu einer formellen Anstellung meist deutlich geringer. Oft werden sie auf Tagesbasis ausgezahlt. Die Arbeitnehmer haben nur geringe Möglichkeiten, einen angemessenen Lohn durchzusetzen. Im informellen Sektor besteht außerdem kaum Rechtsanspruch auf die Zahlung des Lohnes, weil es an einem Arbeitsvertrag mangelt.

Die Löhne richten sich zum Großteil nach dem vorhandenen Arbeitskräfteangebot. Gut ausgebildete Fachkräfte und Spezialisten haben dadurch auch in Indien die Möglichkeit, angemessene Gehaltskonditionen durchzusetzen. Ab dem mittleren Management entscheiden ohnehin mehrheitlich individuelle Gehaltsverhandlungen über die Entlohnung. Bei einfacheren Tätigkeiten gibt es jedoch tendenziell ein Überangebot an Arbeitskräften, beziehungsweise nicht ausreichend Stellen. Dadurch besteht auch hier das Risiko, dass Arbeitnehmern ein angemessener Lohn vorenthalten wird. Nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer in Indien ist durch Gewerkschaften repräsentiert. Laut ILO waren es 19,8 Prozent, allerdings bezieht sich dieser Wert auf das Jahr 2017. Dadurch besteht auch der Weg über Gewerkschaften einem angemessenen Lohn oder höhere Löhne durchzusetzen nur eingeschränkt.

Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter "Existenzsichernde Löhne" eingesehen werden.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Zudem kann es sinnvoll sein, sich zum Thema eines angemessenen Lohns mit dem Büro der ILO in Indien in Verbindung zu setzen. Auch Arbeitgeberorganisationen wie die Handelsvertretung Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI) oder der Industriedachverband Confederation of Indian Industry sind mögliche Ansprechpartner. Gleiches gilt für unterschiedliche Gewerkschaftsverbände und Arbeitnehmerrechtsvertretungen.

Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite "Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren" eingesehen werden.

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