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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Löhne

Indonesiens Mindestlöhne steigen moderat

Die Spannbreite der Mindestlohnsteigerung in den Provinzen des Archipels liegt zwischen 1,2 und 7,5 Prozent. Die Gewerkschaften fordern Nachbesserungen.

Von Frank Malerius | Jakarta

Ausländische – auch deutsche – Unternehmen produzieren in Indonesien oft wegen der niedrigen Löhne. Der Inselstaat bietet mit seinen knapp 190 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter ein großes Arbeitskräftepotenzial. Die Lohnkosten sind weitaus niedriger als in Singapur, Malaysia oder Thailand, in vielen Branchen allerdings höher als in den klassischen Niedriglohnländern Vietnam, Kambodscha oder Bangladesch.

Bei der Kalkulation der Standortkosten spielen daher die jährlichen Erhöhungen der von der Regierung festgelegten Mindestlöhne eine wichtige Rolle. Das indonesische Arbeitsministerium hat nun die Erhöhung der monatlichen Mindestlöhne in den 38 Provinzen für 2024 bekanntgegeben: Die höchste Veränderung im Vergleich zum Vorjahr und auf Rupiah-Basis gibt es in der Nickelboom-Provinz Nordmolukken mit 7,5 Prozent. Die niedrigste Steigerung weist Gorontalo im nördlichen Teil Sulawesis mit 1,2 Prozent auf. 

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Der Nachrichtendienst katadata hat für die Provinzen eine durchschnittliche Erhöhung des Mindestlohns von 3,6 Prozent errechnet. Das entspricht 103.000 Rupiah oder 6,6 US-Dollar (US$) und liegt deutlich unter der durchschnittlichen Erhöhung von 7,5 Prozent im vergangenen Jahr. Die Mindestlohnsteigerung für 2024 liegt im Rahmen der Inflationsrate von 2023 – sie hatte Anfang 2023 bei über 5 Prozent gelegen und pendelte sich Ende des Jahres bei unter 3 Prozent ein. Für 2024 peilt die Zentralbank einen Inflationszielkorridor von 2,5 bis 3,5 Prozent an.

Für ausländische Unternehmen in Indonesien ist neben den Mindestlöhnen auch die Währungsentwicklung wichtig. Im Jahr 2023 waren die Schwankungen der Rupiah zu US-Dollar und Euro moderat: Zum Jahresende 2023 lag der Wechselkurs zwischen Rupiah und US-Dollar auf etwa demselben Stand wie zum Jahresanfang. Zwischenzeitlich gab es Fluktuationen von weniger als 10 Prozent. Die Rupiah gerät zumeist dann unter Druck, wenn die amerikanische Zentralbank die Zinsen erhöht.

Mindestlohnsteigerung folgt einer Formel

Jedes Jahr definieren die lokalen Behörden die monatlichen Mindestlöhne des Folgejahres für die Provinzen (Upah Minimum Provinsi) sowie für die Landkreise und Städte (Upah Minimum Kabupaten/Kota). Die Erhöhung der Mindestlöhne folgt einer festgelegten Formel. Das regionale Wirtschaftswachstum und die regionale Inflationsrate spielen dabei eine wichtige Rolle. 

Für die Regierung ist die Berechnung der Mindestlöhne eine Gratwanderung zwischen einer sozialpolitisch gebotenen Erhöhung sowie der Notwendigkeit, Indonesien für arbeitsintensive Fertigung attraktiv zu halten – etwa für die Textilindustrie. Diese steht im Wettbewerb mit Unternehmen aus den Niedriglohnländern Indien, Bangladesch, Kambodscha und Vietnam.

Ausländische Unternehmen produzieren hauptsächlich auf Java

Die Mindestlöhne der Landkreise und Städte haben eine höhere Bedeutung als die auf der Provinzebene. Letztere bilden lediglich eine Untergrenze, die von der nachfolgenden Verwaltungsebene zwar übernommen, aber nicht unterschritten werden darf. Für ausländische Unternehmen sind vor allem die Mindestlöhne in den 119 Landkreisen und Städten auf Java von Bedeutung. Denn dort ist fast die gesamte verarbeitende Industrie jenseits der Rohstoffverarbeitung angesiedelt.  

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Der Großraum Jakarta ist auf Java einer der teuersten Produktionsstandorte. Übertroffen wird die Stadt Jakarta beim Mindestlohn (326 US$) von den östlichen Gemeinden Bekasi Stadt (344 US$), Karawang (339 US$) und Bekasi (336 US$). Dort ist die indonesische Automobilindustrie beheimatet. 

Verhältnismäßig hohe Mindestlöhne haben auch die an Jakarta angrenzenden Standorte Depok (314 US$), Tangerang City sowie Tangerang Selatan (jeweils 301 US$) allesamt Bestandteil des Großraums "Jabodetabek" (Jakarta, Bogor, Depok, Tangerang, Bekasi). Die Menschen in diesem Gebiet verfügen über vergleichsweise viele Industrie- und Dienstleistungsjobs. Dies gilt genauso für den Großraum der zweitgrößten Stadt des Landes, das ostjavanische Surabaya.

Die niedrigsten Mindestlöhne finden sich im ländlichen Zentral- und Ostjava, vor allem um Yogyakarta. Diese Regionen sind stark bevölkert, die Konkurrenz um Arbeitsplätze hat dort unter anderem die arbeitsintensive Textil- und Möbelindustrie angelockt.

Durchschnittslohn oft nur so hoch wie Mindestlohn

Gesamtwirtschaftlich haben die Mindestlöhne aber nur eine begrenzte Aussagekraft über den Wohlstand einer Region. Denn mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer sind im informellen Sektor tätig. Auch in formellen Beschäftigungsverhältnissen können Mindestlöhne leicht umgangen werden, etwa über Leiharbeit. 

In der Praxis müssen vor allem ausländische Firmen und Staatsbetriebe Mindestlöhne zahlen. Da ein erheblicher Teil der anderen Unternehmen das nicht unbedingt tut, liegen vielerorts die Durchschnittslöhne in etwa auf dem Niveau des jeweiligen Mindestlohns.

Die vom Arbeitsministerium festgelegten Mindestlöhne sind aber nicht unbedingt die finale Anpassung, denn die Gewerkschaften protestieren für stärkere Steigerungen. Deshalb könnte es in einigen Landkreisen noch nachträgliche Anhebungen der Mindestlöhne für 2024 geben.

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