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Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Investitionsrecht

Reform des Investitionsrechts steigert deutsches Interesse

Unternehmen nutzen die neuen Freiheiten, so die Kanzleien Rödl & Partner und Luther in Jakarta. Die erhoffte Sogwirkung auf die verarbeitende Industrie bleibt bisher aber aus.

Von Frank Malerius | Jakarta

Das Ende 2020 verabschiedete "Omnibus Law on Job Creation" ist eines der wichtigsten indonesischen Reformprojekte der vergangenen Jahrzehnte. Ein Bestandteil ist die im Frühjahr 2021 implementierte Liberalisierung des Investitionsrechts. Sie soll ausländische Unternehmen anziehen und damit Wertschöpfung, Arbeitsplätze und Wissen in den industriell unterentwickelten Archipel holen. Nach anderthalb Jahren ziehen die Anwälte Stefan Ewers von Rödl & Partner und Philipp Kersting von Luther eine durchwachsene Zwischenbilanz. 


Im Frühjahr 2021 hat die indonesische Regierung das Investitionsrecht liberalisiert. Lockt dieser Schritt endlich mehr ausländische und deutsche Unternehmen nach Indonesien?

Stefan Ewers, Partner Director Rödl und Partner Dies ist ein eingebettetes Bild | © Stefan Ewers, Partner Director Rödl und Partner

Stefan Ewers: Seit der Implementierung der Reformen sehen wir in der Tat ein stark gestiegenes Interesse bei deutschen Investoren. Hauptgrund dafür ist, dass sie nun vielfach eine hundertprozentige Eigentümerschaft halten können. Weiterer Anreiz ist die Vereinfachung administrativer Prozesse, auch wenn sie noch nicht abgeschlossen ist.

Philipp Kersting: Die für indonesische Maßstäbe radikale Öffnung der Wirtschaft hat definitiv zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit für den Standort geführt. Mit Neugründungen waren Unternehmen durch die eingeschränkten Reisemöglichkeiten während der Pandemie zunächst zögerlich. Aber seit dem Frühjahr 2022 ist die Zahl deutlich gestiegen. Wichtiger Faktor dabei ist die Öffnung vieler Branchen für ausländische Unternehmen. Hintergrund ist eine starke Kürzung der sogenannten „Negative Investment List“.

Wie wirkt sich die Möglichkeit von 100 Prozent ausländischer Eigentümerschaft auf die Investitionsbereitschaft aus?

Kersting: Die Option gab es in der Industrie und in vielen Dienstleistungsbereichen ja schon länger. Wir sehen aber, dass bereits in Indonesien aktive Unternehmen die neuen Möglichkeiten für eine Umstrukturierung nutzen. Darüber hinaus zeigen jetzt auch Firmen großes Interesse, die bisher den Schritt nach Indonesien aufgrund der Restriktionen gescheut haben. Sie können vor Ort nun in Geschäftsstrukturen tätig werden, die vorher nicht möglich waren.

Welche anderen Gründe gibt es für den Umschwung?

Ewers: Der über lange Jahre ausgeprägte Protektionismus hat tatsächlich insbesondere deutsche Investoren davor zurückschrecken lassen, Investitionen im Land zu tätigen. Das jetzt gestiegene Interesse liegt neben dem besseren Investitionsumfeld auch an der im regionalen Vergleich guten ökonomischen Gesamtsituation Indonesiens. Das Land ist eben ein großer Markt.

Indonesien will vor allem verarbeitende Industrie anlocken. Welche Branchen erwägen jetzt ein Engagement?

Kersting: Wir sehen gesteigertes Interesse insbesondere in Bereichen, die eine hohe politische Bedeutung haben, wie etwa das Abfallmanagement und die Erneuerbaren. Außerdem gibt es mehr Anfragen aus dem Bereich Rohstoffe und deren Verarbeitung.

Von der beabsichtigten Ansiedelung von ausländischen Unternehmen, die in China unzufrieden sind, kann aber noch keine Rede sein.

Ewers: Bisher wurde weniger verarbeitendes Gewerbe durch die Reformen angeworben als erhofft. Es ist eine Reihe von Studien zur Standortevaluierung in der Region gemacht worden. Leider fällt die Entscheidung oftmals zugunsten von Nachbarländern aus. Gründe gegen Indonesien sind vor allem der Mangel an qualifiziertem Personal und die schlechte Infrastruktur.

Die meisten deutschen Unternehmen vertreiben in Indonesien nur ihre Produkte. Gibt es für sie jetzt Vorteile?  

Ewers: Viele Investoren restrukturieren ihr Geschäft hin zu hundertprozentig gehaltenen Vertriebsgesellschaften. Der darin gesehene Vorteil ist insbesondere die vollständige Kontrolle über den Verkaufsprozess.

Kersting: Die deutlich signalisierte Öffnung des Vertriebs hat aber noch keine große

Philipp Kersting, Partner Luther, Copyright Luther Rechtsanwälte, Hamburg Dies ist ein eingebettetes Bild | © Jörg Modrow/laif - Philipp Kersting, Luther Rechtsanwälte GmbH

Auswirkung. Denn das Handelsministerium gibt sich weiter protektionistisch. Ausländisch kontrollierte Vertriebseinheiten können nur in Ausnahmefällen durch sämtliche Vertriebsstufen bis an den Retailer handeln. Das ist ein häufiges Ärgernis bei Überlegungen zur Strategie in Indonesien.

In welchen Bereichen herrscht weiter Reformbedarf?

Kersting: Die Öffnung von Geschäftsbereichen ging mit einer Vervierfachung des Mindeststammkapitals für Gesellschaften mit ausländisch gehaltenen Anteilen einher. Gerade den Dienstleistungssektor schreckt das ab, weil hier zunächst oft kleine Setups ohne hohen Kapitalbedarf geschaffen werden. Dabei sind es genau diese Betriebe, die indonesischen Mitarbeitern eine hohe Spezialisierung verschaffen und damit den politisch besonders erwünschten Wissenstransfer leisten. 

Ewers: Der administrativen Reform des Investitionsrechts hinkt die technische Anpassung leider noch hinterher. Das führt zu einem gewissen Investitionsstau. Darüber hinaus ist beispielsweise der Gesundheitssektor, der insbesondere für deutsche Investoren interessant ist, leider nicht Teil der Reformen. Hier besteht weiterhin großer Nachholbedarf.

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