Interview | Irak | Banken, Kreditinstitute
"Irak-Initiativen strategischer angehen"
Das deutsche Irak-Geschäft ist ausbaufähig. Zu den Gründen zählen Finanzierungsschwierigkeiten und die Schwäche der Banken. Hier schildert der Bundesverband deutscher Banken seine Sicht.
08.12.2025
Von Ulrich Binkert | Bonn
"Deutsche Banken sind im Irak-Geschäft durchaus aktiv", sagt Phillip Lang in Interview mit Germany Trade & Invest. Herr Lang ist beim Bundesverband deutscher Banken, der Interessenvertretung der privaten Banken in Deutschland, für die Außenhandelsfinanzierung zuständig.
Herr Lang, Irak hat gewählt - beeinflusst dies auch das Geschäft der Banken?
Viele deutsche und internationale Banken beobachten die Entwicklung jetzt aufmerksam. Es braucht zunächst noch ein paar Monate, um neue Projekte fortzuführen oder neu anzustoßen.
In Irak sind unter anderem die Deutsche Bank und die Commerzbank aktiv. Warum ist das Land aus Bankensicht interessant?
2024 hatten deutsche Banken und die deutsche Exportkreditversicherung (Euler Hermes) in Irak mit der Regierung ein Memorandum of Cooperation unterzeichnet, um unter anderem langfristige Investitionsprojekte und Exportfinanzierungen besser zu ermöglichen. Insbesondere im Energie- und Infrastruktursektor ist das Land ein potenziell wachstumsstarker Markt.
Gleichzeitig sind Projekte in diesen Bereichen in der Regel langfristig, komplex und stark vom staatlichen Umfeld abhängig. Mehr wirtschaftliche Stabilität und ein stärkerer Bankensektor würden den Markt für Investoren und damit auch für Banken attraktiver machen.
Täuscht der Eindruck, dass deutsche Banken mit Irak eher vorsichtig agieren?
Hier können Sicherheitsgründe eine Rolle spielen. Und natürlich müssen Banken dann auch regulatorische Vorgaben in Deutschland einhalten. So verlangt das Kreditwesengesetz bei bestimmten Kreditgrößen eine Offenlegungspflicht des Kreditnehmers. Dazu gehören insbesondere aktuelle, nach internationalen Standards geprüfte Jahresabschlüsse der letzten zwei Jahre. Selbst die größte irakische Bank, die Trade Bank of Iraq (TBI), legt diese Unterlagen erst nach und nach vor und stellt sich auf internationale Standards um.
Wo stehen die Banken anderer Länder im Irakgeschäft?
In Irak sind insbesondere US- und britische Banken mit langjähriger Präsenz und etablierten Netzwerken vertreten, mit der TBI als wichtigstem irakischen Partner. Darüber hinaus sind französische, italienische und koreanische Banken zunehmend aktiv, häufig unterstützt durch ihre jeweiligen Exportkreditagenturen, die nationale Unternehmen beim Markteintritt flankieren. Aber auch sie unterliegen natürlich den teils herausfordernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Land.
Sehen Sie "neue" internationale Banken im Irakgeschäft und dadurch mehr Finanzierungsmöglichkeiten?
Durchaus. So startete kürzlich die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) ihr ImpactConnect-Programm, um irakische Banken zu unterstützen. Auch multilaterale Entwicklungsbanken werden aktiver. Die European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) etwa unterstreicht ihre Aktivitäten seit diesem Jahr mit einem "Head of Iraq". Die European Investment Bank (EIB) schloss ein Rahmenabkommen mit der irakischen Regierung und wird auch technische Unterstützung liefern.
An wen richten sich deutsche Exporteure mit ihren Finanzierungsanfragen?
Gerade im Exportfinanzierungsgeschäft sind Konsortialstrukturen üblich: Großvolumige oder - wie in Irak typisch - risikoreichere Projekte werden oft in Konsortien mit anderen, häufig europäischen Banken umgesetzt, gerade auch zur Risikostreuung. Das gilt auch für deutsche Banken, die bei der Finanzierung großer Projekte schnell an Länder-Kreditlimite kommen. Weltweit werden rund 80 bis 90 Prozent des internationalen Geschäfts durch eine Form der Finanzierung begleitet.
Woraus bestehen diese Finanzierungen?
Aus einer Handelsfinanzierung, die maximal etwa zwei Jahre läuft, oder einer längerfristigen Exportfinanzierung. Bei der Handelsfinanzierung geht es weniger um die reine Absicherung, sondern vor allem um die Bereitstellung von Liquidität und um die Risikoteilung zwischen Exporteur und Importeur. Deutsche Banken stellen dafür vor allem Dokumentenakkreditive (Letter of Credit, LC) bereit sowie Garantien und Zahlungsversicherungen.
Funktionieren diese kurzfristigen Handelsfinanzierungen im Austausch mit Irak?
Ja, weitgehend reibungslos. Grundlage hierfür ist ein funktionierendes Korrespondenzbankensystem. Dafür haben deutsche Banken Partner auch in Irak. Gerade bei kurzfristigen Handelsfinanzierungen wie LC-Geschäften ermöglichen diese Beziehungen grundsätzlich eine sichere Zahlungsabwicklung.
Und bei den längerfristigen Exportfinanzierungen?
Exportfinanzierungen erfordern eine tiefere Risiko- und Bonitätsprüfung. Die Bank trägt dabei das Hauptrisiko, nicht mehr der Exporteur. Sie verlangt dann zusätzliche Sicherheiten und führt eine umfassende wirtschaftliche sowie KYC-Prüfung ("know your customer") des Kreditnehmers durch. Und Partnerbanken müssen deutlich strengeren Auflagen als bei der Handelsfinanzierung genügen, um als Korrespondenzbanken fungieren zu können.
Inwieweit spielen Außenwirtschaftsförderinstrumente der Bundesregierung dabei eine Rolle?
Außenwirtschaftsförderinstrumente wie die Exportkreditgarantien von Euler Hermes sind in Märkten wie Irak entscheidend. Das erwähnte Memorandum of Cooperation zwischen Euler Hermes und dem irakischen Finanzministerium im letzten Jahr war ein wichtiger Schritt, um die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu vertiefen. Das vereinbarte Rahmenvolumen von 1 Milliarde Euro soll gezielt eingesetzt werden, um die irakische Privatwirtschaft durch deutsche Exportgeschäfte zu stärken.
Diese Mittel sind auch im irakischen Staatshaushalt verankert, um die fiskalische Planungssicherheit für entsprechende Projekte zu gewährleisten. Unter diesem Rahmen konnte bereits ein zweistelliger Millionenbetrag in Form eines Hermes-gedeckten Bestellerkredits für den Bau einer neuen Floatglasanlage in Irak unterzeichnet werden. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über neue wirtschaftliche Partnerschaften und die engere Verzahnung von entwicklungs- und außenwirtschaftspolitischen Zielen sollten solche Initiativen strategischer angegangen werden.