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Wirtschafsumfeld | Irak | Außenhandel

Iraks Importboom geht an Deutschland vorbei

Irak hat in den letzten fünf Jahren seine Einfuhren nahezu verdoppelt. Deutschland konnte den Boom kaum nutzen, bleibt aber wichtigstes Lieferland der EU-Staaten. 

Von Ulrich Binkert | Bonn

Die irakische Wirtschaft wächst. Der Internationale Währungsfonds rechnet damit, dass das Bruttoinlandsprodukt des Landes 2026 bis 2028 real um 3,7 Prozent pro Jahr wachsen wird. Doch deutsche Unternehmen tun sich mit Geschäften in Irak oft schwer. Ein wesentlicher Grund dafür ist die große Intransparenz der irakischen Wirtschaft.

Zu den Importen etwa fehlen seit 2015 detaillierte und verlässliche Zahlen. Als Anhaltspunkt für das Importvolumen dienen deshalb die Exportangaben von Iraks Handelspartnern. Laut International Trade Centre (ITC) führte Irak 2024 demnach so viel ein wie noch nie: Nach vorläufigen Zahlen betrugen die Warenimporte über 100 Milliarden US-Dollar (US$). Die deutschen Lieferungen sind seit 2015 nur unterdurchschnittlich gestiegen. Sie erreichten zuletzt umgerechnet lediglich 1,4 Milliarden US$.

Damit ist Irak bei den deutschen Exporten im Vergleich zu den benachbarten, kleineren Ölstaaten am Golf weit unterrepräsentiert. In den letzten zehn Jahren exportierte Deutschland sowohl nach Katar als auch nach Kuwait jeweils deutlich mehr als nach Irak. Erst 2024 zog Irak laut Eurostat mit Katar gleich. Dabei leben in Katar nur 3 Millionen und in Kuwait knapp 5 Millionen Menschen. In Irak sind es dagegen 46 Millionen. Besonders Katar ist sehr wohlhabend, doch auch in Irak als zweitgrößtem Ölexporteur des Förderkartells OPEC fließen viele Petrodollar.

Potenzial für deutsche Exporte

Die Importstruktur des Irak bietet der deutschen Wirtschaft eigentlich gute Chancen. Das Land produziert selbst nur wenig und investiert erhebliche Summen in den Import von Elektrotechnik, Maschinen und Kraftfahrzeugen, aber paradoxerweise auch von Öl und insbesondere Erdgas. Im Jahr 2023 entfielen über 13 Prozent der gesamten Importausgaben des OPEC-Schwergewichts auf mineralische Brennstoffe.

Fast die Hälfte der direkten deutschen Lieferungen nach Irak bestand 2023 wertmäßig aus Maschinen und Elektrotechnik, weitere 8 Prozent aus Kfz und -Teilen. Auf Arzneimittel und Messtechnik (Zollkapitel 90 des Harmonisierten Systems HS) entfielen jeweils knapp ein Zehntel. Die deutsche Lieferstruktur ähnelte damit derjenigen anderer EU-Länder und Chinas. Die USA verkauften 2023 vor allem Luftfahrzeuge nach Irak.

Der mit Abstand größte Teil der Waren kommt über die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) nach Irak. Im Jahr 2024 betrug der Anteil mit 33 Milliarden US$ fast ein Drittel. China, die Türkei und Iran folgen mit Werten auf ähnlichem Niveau (13 Milliarden bis 16 Milliarden US$). Der Abstand zur nächstplatzierten EU ist dann schon wieder größer. Innerhalb der EU war Deutschland in den letzten Jahren der größte Lieferant und lag dabei in etwa auf dem Niveau der USA. 

Die tatsächlichen deutschen Exporte nach Irak dürften allerdings höher sein, weil deutsche Waren auch über die Türkei und vor allem die VAE ins Land kommen. So entfielen 2024 von den Gesamtlieferungen der VAE nach Irak in Höhe von 33 Milliarden US$ rund 18 Milliarden US$ auf Reexporte, die aus Drittländern stammten. Dies zeigen Zahlen des Wirtschaftsministeriums der VAE. 

VAE als Transitland für deutsche Waren in den Irak

Von diesen Reexporten wiederum entfiel mit 14 Milliarden US$ der größte Teil auf Waren der typischen deutschen Exportpalette: Elektrotechnik, Maschinen, Kfz und Chemikalien. Wie viel davon aus Deutschland kam, ist schwer abzuschätzen. Der Umfang der VAE-Reexporte nach Irak lag in den letzten drei Jahren recht konstant bei 17 Milliarden bis 18 Milliarden US$. 

Der starke Anstieg der Exporte aus den VAE nach Irak 2024 ist vor allem auf deutlich höhere Lieferungen von Gold und Edelsteinen zurückzuführen. Dieses Geschäft schwankt stark. Mit knapp 13 Milliarden US$ allein an Lieferungen aus den VAE (einschließlich Reexporten) dürfte diese Produktgruppe 2024 den Wert der Öl- und Gasimporte Iraks erreicht oder sogar übertroffen haben. 

Sein Importöl bezieht Irak zum größten Teil über die VAE. Die Öllieferungen der VAE nach Irak erreichten 2024 allerdings nur noch rund 1 Milliarde US$ nach rund 3 Milliarden bis 5 Milliarden US$ in den Jahren zuvor. Davon stammt den VAE-Daten zufolge jährlich grob eine halbe Milliarde US$ aus den VAE selbst, der Rest aus Drittländern. 

Die VAE sind eine wichtige Handelsdrehscheibe für die irakischen ImporteExporte der VAE nach Irak nach Ursprung und Produktgruppen 2024 (in Millionen US-Dollar)
Produktgruppe

HS-Pos. *)

Wert

Gesamt

 

32.987

 Reexporte (Waren aus Drittländern)

 

18.494

  Elektrotechnik

85

6.126

  Kfz

87

5.135

  Maschinen

84

2.259

  Gold, Edelsteine

71

1.210

  Chemische Produkte (inkl. Arzneimittel)

28-38

588

  Nahrungsmittel

16-24

586

  Öl, Gas

27

377

 Exporte der VAE selbst

 

14.493

  Gold, Edelsteine

71

11.548

  Nahrungsmittel

16-24

947

  Öl, Gas

27

410

* Zolltarifposition im Harmonisierten System (HS).Quelle: UAE Ministry of Economy 2025

Iran ist wichtiger Handelspartner

Die Erdgasimporte bezieht Irak praktisch komplett aus Iran. Erdgas ist wichtig für die Stromversorgung. Immer wieder stehen irakische Gaskraftwerke still, weil die Lieferungen aus dem Nachbarland schwanken. Selbst fördert Irak bisher eher wenig Erdgas, etwa ein Drittel davon wird zudem bei der Ölförderung als "Flare Gas" abfackelt. 

Irak bezieht eine breite Palette von Gütern aus Iran. Auf Gas entfiel 2023 mit gut 5 Milliarden US$ knapp die Hälfte. Die beiden Länder sind nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch eng miteinander verbunden

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