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Israel baut Erdgaswirtschaft weiter aus

Israel intensiviert die Ablösung von Erdöl und Kohle durch Erdgas. Das Programm, das noch lange nicht abgeschlossen ist, schafft Geschäftschancen auch für ausländische Firmen.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Fossile Brennstoffe bilden die Grundlage der israelischen Energiewirtschaft. Im Jahr 2021 stellten sie 92 Prozent der Stromerzeugung und damit rund 97 Prozent des gesamten landesweiten Energieverbrauchs.

Erdgas ersetzt Erdölprodukte und Kohle

Trotz der Bemühungen um eine schnellere Entwicklung erneuerbarer Energien wird sich an der Dominanz fossiler Brennstoffe auf absehbare Zeit nichts Grundlegendes ändern. Allerdings ersetzt die Energiewirtschaft Erdöl und Kohle zunehmend durch Erdgas.

Das hat drei Gründe. Erstens verfügt Israel über eigene Erdgasvorkommen. Zweitens soll mithilfe von Erdgas der durch Erdöl und Kohle verursachte Klimaschaden wenigstens reduziert werden. Drittens schafft der Übergang eine Grundlage für sparsamere Energienutzung.

Verbrauch steigt schnell

Der Ausbau der Erdgaswirtschaft führt zu einer deutlichen Zunahme des binnenwirtschaftlichen Verbrauchs. Während der fünfjährigen Periode von 2017 bis 2021 ist dieser Verbrauch um 26,8 Prozent auf 12,3 Milliarden Kubikmeter gestiegen.

Die Nutzung von Erdgas für Stromerzeugung nahm um 21,2 Prozent zu. Demgegenüber schnellte die Verwendung für industrielle und andere Zwecke um 62,5 Prozent in die Höhe. Ihr Anteil am Gesamtverbrauch von Erdgas stieg während des Jahrfünfts von 16,4 auf 21,1 Prozent.

Die Bedarfsentwicklung in den kommenden Jahren wird von einer Reihe von Faktoren abhängen, darunter dem Anschluss kleinerer Verbraucher und dem Tempo der Markteinführung vollelektrischer Kraftfahrzeuge. Daher gibt es unterschiedliche Wachstumsprognosen. In der Regel wird aber damit gerechnet, dass der binnenwirtschaftliche Erdgasverbrauch zur Mitte des nächsten Jahrzehnts mindestens 20 Milliarden Kubikmeter erreicht.

Investitionen schaffen Geschäftschancen

Die Umstellung bringt hohe Investitionen mit sich. Zum einen erfordert sie den Ausbau des Erdgasnetzes und die Verlegung von Anschlüssen zu neuen Kunden. Zum anderen führe sie, so israelische Energieexperten, bei zahlreichen Energieverbrauchern zu einer umfassenden Prüfung und Neuplanung ihres Energieverbrauchs. Dabei würden viele Anlagen und Ausrüstungen gegen modernere und effizientere ausgewechselt.

Das schafft Geschäftschancen für ausländische, darunter auch deutsche, Unternehmen, die solche Anlagen liefern. Auch Energieberatern oder ESCO-Firmen erschließen sich neue Möglichkeiten. Nicht zuletzt helfen ausländische Fachleute israelischen Betrieben bei der Erstellung und Realisierung von Energieeffizienzplänen.

Umstellung noch lange nicht abgeschlossen

Der Übergang zu Erdgas, so Rafael Ben Hemo, Direktor der Wirtschaftsabteilung der im Energieministerium angesiedelten Erdgasbehörde (Natural Gas Authority), ist bei Weitem nicht abgeschlossen. Hierbei sei allerdings zwischen dem Anschluss an das Erdgastransportnetz beziehungsweise das Verteilungsnetz zu unterscheiden.

Wie Zahlen des Energieministeriums zeigen, waren im Oktober 2022 insgesamt 41 Verbraucher direkt mit dem Transportnetz verbunden. Von diesen sind 38 in der Binnenwirtschaft tätig. Dabei handelt es sich um Kraftwerke und Großbetriebe. Die drei anderen benötigten den Anschluss zu Exportzwecken.

Zum Teil nutzen Industrieunternehmen Erdgas nicht nur für thermische Prozesse, sondern auch für eigene Elektrizitätserzeugung. Wie Ben Hemo gegenüber Germany Trade & Invest erklärte, ist die Umstellung der Großverbraucher, die Erdgas direkt vom Transportnetz beziehen können, nahezu abgeschlossen.

Ausbaubedarf im Verteilungsnetz

Anders sieht die Situation bei der Versorgung über das Verteilungsnetz aus, in dem niedrigerer Druck herrscht. Aus Angaben des Energieministeriums geht hervor, dass im Oktober 2022 die Zahl der ans Verteilungsnetz angeschlossenen Kunden bei 142 lag.

Das Potenzial der Verteilungsnetzanschlüsse wird auf 450 Kunden geschätzt. Realistischerweise, so Ben Hemo, sei damit zu rechnen, dass bis Ende 2025 die Hälfte dieser Zahl auf Erdgas umgestellt werde. Dabei handele sich um Industrieunternehmen, Landwirtschaftsbetriebe, Krankenhäuser, Handelsunternehmen, Hochschul- und Forschungseinrichtungen und staatliche Institutionen.

Regierung hilft mit

Die Regierung unterstützt den Umstellungsprozess. Unter anderem hat sie ein Förderprogramm für Industriebetriebe aufgelegt. Zuschussberechtigt sind Unternehmen, deren jährlicher Energieverbrauch bei dem Äquivalent von 100.000 bis 750.000 Kubikmetern Erdgas liegt.

Ein weiterer Förderrahmen gilt für Krankenhäuser. In Israel gibt es 36 Universalkrankenhäuser. In das Förderprogramm sind 18 von ihnen einbezogen, und zwar diejenigen, die das Äquivalent von mindestens 100.000 Kubikmetern Erdgas verbrauchen. Bisher wurden vier von ihnen an Erdgas angeschlossen, und zwar solche, die in der Nähe des Verteilungsnetzes lagen. Um auch die anderen anschließen zu können, so Ben Hemo, werde das Verteilungsnetz ausgebaut.

Im Jahr 2022 unterbreitete die Erdgasbehörde ein zusätzliches Ausbauprogramm, und zwar für Jerusalem. Es sieht die Integration der Erdgasinfrastruktur mit anderen Infrastrukturprojekten vor, die in der Stadt durchgeführt werden.

Erschließung neuer Kundenkreise

Im Oktober 2022 erreichte das Verteilungsnetz eine Gesamtlänge von 623 Kilometern, und der Ausbau geht weiter. Nach Plänen des Energieministeriums soll damit nicht zuletzt der Bau kleiner Stromerzeugungsanlagen mit einer Leistungskapazität von bis zu 16 Megawatt ermöglicht werden. Zudem sind 2021 Projekte für den Anschluss von Privathaushalten ans Verteilungsnetz angelaufen.

Erdgas wird in den kommenden Jahren aber auch für den Bau von Großkraftwerken benötigt. Laut einem Bericht der regierungseigenen Stromnetzverwaltungsgesellschaft (Israel Independent System Operator) vom September 2022 müssen bis 2030 erdgasbetriebene Kapazitäten mit einer Gesamtleistung von 4.000 Megawatt gebaut werden. Zu zwei Dritteln werden damit veraltete Kraftwerke ersetzt. Zu einem Drittel jedoch, so der Bericht, werden die neuen Kraftwerke der Aufstockung der Gesamtkapazität dienen.

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