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Wirtschaftsumfeld | Israel | Wirtschaftslage

Wirtschaft zwischen Hoffnung und Angst vor Langzeitschäden

Der Waffenstillstand in Gaza eröffnet der israelischen Wirtschaft die Chance auf eine Rückkehr zur Normalität. Ob und wie schnell dies geschieht, hängt jedoch von mehreren Faktoren ab. 

Von Wladimir Struminski | Israel

Am 13. Oktober hat der fünf Tage zuvor vereinbarte Waffenstillstand im Gazastreifen die erste entscheidende Hürde genommen. Die Hamas-Bewegung ließ alle 20 noch am Leben verbliebenen israelischen Geiseln frei. Ihre Rückkehr besiegelte offiziell die Einstellung der Kämpfe - zwei Jahre und eine Woche nach Kriegsausbruch.

Druck durch die USA verspricht Stabilisierung

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Konflikt zwischen der Hamas und Israel bereits beigelegt wäre. Im nächsten Stadium sind noch einige schwerwiegende Fragen zu lösen. Dazu gehören die künftige Regierungsstruktur in Gaza und die ebenfalls in der Waffenstillstandsvereinbarung vorgesehene Entwaffnung der Hamas. Wie diese Ziele durchgesetzt werden können, ist unklar. Allerdings erklärte US-Präsident Trump, unter dessen massivem Druck der Waffenstillstand zustande gekommen war, den Krieg für beendet.

Diese nachdrückliche Aussage - und die den USA zur Verfügung stehenden Druckmittel - machen eine nachhaltige Entschärfung der Kriegslage wahrscheinlich. Darauf setzt auch die israelische Wirtschaft. Sie hat unter dem Krieg gelitten. Für den Fall einer Fortsetzung gelten weitere Schäden als unvermeidlich.

Wirtschaftsschäden sind nicht zu leugnen

Auf dem Papier blieb das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei Kriegsende stabil. Im 1. Halbjahr 2025 lag es real jedoch nur um 0,2 Prozent über dem Stand des 1. Halbjahres 2023, also des letzten Halbjahres vor dem Krieg. Diese Stabilität war allerdings weitgehend einem Anstieg des staatlichen Verbrauchs um 18,6 Prozent zu verdanken - also den Kriegsausgaben. Dieser Anstieg konnte nicht durch Mehreinnahmen des Staates aus Steuern ausgeglichen werden. Die Folge sind steigende Schulden.

Deshalb wird für das Jahr 2025 eine Staatsverschuldungsquote von 69 Prozent des BIP prognostiziert. Im Jahr 2022 hatte sie bei 60,5 Prozent gelegen. Zugleich ist der Zinssatz, den Israel für neue Schulden bieten musste, kriegsbedingt gestiegen. Die daraus resultierende zusätzliche Belastung durch Zinszahlungen beläuft sich schätzungsweise auf 1,2 Prozent des BIP. Hinzu kommt, dass der Verteidigungshaushalt auf absehbare Zeit rund das Doppelte des Vorkriegsstandes betragen dürfte. In der Folge sinkt die Fähigkeit der Regierung, das Wirtschaftswachstum mit staatlichen Mitteln anzukurbeln.

Das BIP je Einwohner ist in diesem Zeitraum real um 2,4 Prozent zurückgegangen. Für die jahrzehntelang wachstumsstarke israelische Wirtschaft ist das ein empfindlicher Rückschlag. Die Bruttoanlageinvestitionen schrumpften im 1. Halbjahr 2025 im Vergleich zum letzten Halbjahr vor dem Krieg um 12 Prozent. Probleme gab es auch in der Außenwirtschaft. In realen Binnenpreisen sanken die Exporte von Waren und Dienstleistungen im selben Zeitraum um 5 Prozent.

03.07.2025 Wirtschaftsausblick | Israel
Krieg und angespannter Haushalt: Israels Wirtschaft unter Druck

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Kriegsende verspricht Erholung

Die Wirtschaft ist umso mehr auf eine dauerhafte Beendigung der Kämpfe angewiesen. In diesem Fall wäre trotz der bereits erlittenen Kriegsschäden eine relativ schnelle Erholung der Wirtschaft in Sicht. Das zeigt auch die Ende September veröffentlichte Herbstprognose der israelischen Zentralbank. Für das Jahr 2026 prognostiziert die Zentralbank ein BIP-Wachstum von 4,7 Prozent und eine Investitionssteigerung von 14 Prozent.

Dabei unterstellte sie, dass die Kämpfe erst im 1. Quartal 2026 enden würden. Nun könnte die Prognose nach oben korrigiert werden.

Vom Kriegsende verspricht sich die Wirtschaft eine höhere Attraktivität für ausländische Investoren. Die Rückkehr Zehntausender Reservisten aus der Armee könnte einige Engpässe auf dem Arbeitsmarkt entschärfen, darunter in der Industrie und im Hightechsektor.

Isolation muss überwunden werden

Während des Krieges hat Israels internationales Ansehen erheblich gelitten. Für das Land, dessen Wirtschaftswachstum weitgehend von seinen außenwirtschaftlichen Beziehungen abhängt, ist das gefährlich. Im September 2025 erklärte der Gouverneur der Zentralbank, Amir Jaron: „Die internationale Stimmung gegenüber Israel hat sich in jüngster Zeit verschlechtert. Als kleine und offene Volkswirtschaft ist Israel in erheblichem Maße auf die Einbindung in die Weltwirtschaft angewiesen - in Form von Außenhandel, ausländischen Investitionen und vielfältiger Kooperation. Daher muss Israel alles daransetzen, seine internationale Stellung zu stärken.“

Allerdings wird die Behebung der Imageschäden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht einheitlich verlaufen, sondern für verschiedene Branchen und in verschiedenen Ländern unterschiedlich schnell. Sie bleibt dennoch ein wichtiges Ziel und dürfte auch der während des Krieges stark beschleunigten Abwanderung von Fachkräften aus Israel entgegenwirken.

Mehr zu Konjunktur, Außenhandel und weiteren Kennzahlen des Landes finden Sie in unseren Wirtschaftsdaten kompakt.

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