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In Italien entstehen neue große Rechenzentren
Italien braucht neue Datenzentren. Bis 2028 fließen Investitionen in Höhe von 15 Milliarden Euro.
10.07.2025
Von Torsten Pauly | Mailand
Italien hat im internationalen Vergleich Nachholbedarf an Rechenzentren. Ende 2024 gab es dort 191 Anlagen. Dies war laut der Beratungsagentur S&P weniger als in Deutschland mit 465 Zentren und im Frankreich mit 243 Standorten. Selbst kleinere Märkte wie die Niederlande sind mit 199 Zentren besser aufgestellt. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie- und Dienstleistungsunternehmen zu sichern, muss Italien in Rechenzentren investieren.
Die meisten Datenzentren entstehen in der Lombardei
Der Großraum der Finanz- und Wirtschaftsmetropole Mailand ist auch das italienische Zentrum für Datenzentren. Anfang 2025 befanden sich 70 Prozent aller italienischen Anlagen hier. Im Jahr 2024 haben sich deren Kapazitäten um 34 Prozent erhöht. Auch in den kommenden Jahren wird der Großteil der neuen Projekte in der Region Mailand ans Netz gehen.
Den größten Aufbau von neuen Rechenzentren in Norditalien realisiert Microsoft. Die Projekte verteilen sich auf mehrere Standorte in der Region. In den Jahren 2025 und 2026 investiert der Konzern 4,3 Milliarden Euro in Hyperscale Cloud Datenzentren sowie in Kapazitäten für Anwendungen mit künstlicher Intelligenz. Damit wird die Region einer der größten europäischen Standorte für Microsoft-Rechenzentren.
Auch Amazon Web Services plant bis 2029 den Aufbau mehrerer Rechenzentren in Mailand und der umliegenden Region. Das Unternehmen investiert dafür rund 1,2 Milliarden Euro. Die neue Infrastruktur soll vor allem Anwendungen im Bereich Industrie 4.0 und maschinelles Lernen unterstützen.
Die Liste der Investoren ist noch länger: Etwa 3 Milliarden Euro wendet das britische Unternehmen Apto in Lachiarella bei Mailand auf. Dort entsteht bis 2028 ein Campus, der fünf Rechenzentren auf 228.000 Quadratmetern beherbergen soll. Auch Apto schafft vor allem Kapazitäten für Clouds und künstliche Intelligenz.
In Redecesio bei Mailand investiert das US-amerikanische Unternehmen CyrusOne 800 Millionen Euro. Ab 2027 gehen schrittweise Rechenkapazitäten mit einer Gesamtkapazität von 27 Megawatt in Betrieb.
Last but noch least errichtet der französische Investor Data4 bis 2027 einen Campus mit vier Datenzentren in Vittuone bei Mailand. Das Projekt mit dem Namen Mil02 ermöglicht auf 77.000 Quadratmetern eine Leistung von 100 Megawatt. Die Kosten sind mit 500 Millionen Euro veranschlagt. Mit dem Ausbau steigert Data4 seine Präsenz in Italien auf 18 Rechenzentren mit einer Gesamtkapazität von 300 Megawatt.
Branchenevents
Die Datacenter Experience ist eine etablierte Veranstaltungsreihe für Kontaktanbahnungen. Die nächsten Fachkongresse finden im Oktober 2025 in Turin, im Februar 2026 in Mailand und im April 2026 in Rom statt.
Eine gute Gelegenheit zum Networking ist auch das Fachtreffen Data Center Nation, das im Mai 2026 in Mailand stattfinden wird.
Neue Rechenzentren für Rom
Neben der lombardischen Metropole Mailand hat sich die Hauptstadt Rom in den vergangenen Jahren zu einem regionalen Hotspot für Rechenzentren entwickelt. Der Telekomanbieter TIM baut bis Ende 2026 eine Hyperscaler-Rechenkapazität von 25 Megawatt in der Hauptstadt auf. Das Projekt will Maßstäbe bei der Strom- und Wassereffizienz setzen und 88 Prozent der Baumaterialien recyceln. Die Investition beläuft sich auf 130 Millionen Euro.
Ebenfalls in Rom hat der Investor Mediterra Datacenters im Stadtteil Tiburtino ein Rechenzentrum von Cloud Europe übernommen. In dessen Ausbau fließen bis Ende 2026 etwa 150 Millionen Euro. Am selben Standort erweitert auch Aruba seinen Hyper Cloud Campus. Der bereits bestehende Campus wird um fünf Rechenzentren mit einer Gesamtkapazität von 30 Megawatt erweitert.
Im süditalienischen Kampanien wandelt der Investor Data for Med in Caserta bis Ende 2026 ein früheres Industriegelände in ein Rechenzentrum mit einer Kapazität von 22,5 Megawatt um. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 300 Millionen Euro.
Hohe Strompreise erschweren den Ausbau
Ein wesentlicher Standortnachteil für den Ausbau von Datenzentren in Italien sind die hohen Stromkosten. Zwischen Januar 2021 und Februar 2025 haben sich die für Rechenzentren benötigten Kapazitäten zur Stromerzeugung von 1,3 auf 39,6 Gigawatt erhöht.
Nur 30 Prozent der italienischen Datenzentren erhalten derzeit Strom aus erneuerbaren Quellen. Auch deshalb forciert Italien den Aufbau erneuerbarer Energieanlagen. Im vergangenen Jahr 2024 wurden Solar- und Offshorewindparks im Umfang von 20 Gigawatt zur Genehmigung eingereicht. Diese gehen jedoch erst in einigen Jahren ans Netz. Insgesamt ist Italiens Energiesektor noch stark auf importierte fossile Brennstoffe angewiesen.
Wegen der hohen Weltmarkpreise haben italienische Unternehmen vom 2. Halbjahr 2022 bis zum 2. Halbjahr 2024 zwischen 16 und 54 Prozent mehr für Strom bezahlt als im EU-Durchschnitt. Aus diesem Grund unterhält der Verband Italian Data Center eine Arbeitsgruppe zu den Energiekosten.