Branche kompakt | Italien | Maschinenbau
Markttrends
Öffentliche Förderungen unterstützen die Bestellungen von vernetzten und nachhaltigen Maschinen. Rasch an Bedeutung gewinnt maschinelles Lernen.
14.05.2025
Von Torsten Pauly | Mailand
Chip- und Kfz-Fabriken, Flugzeugwerke, Chemieanlagen, der Umbau des Energiesektors und die Dekarbonisierung der Industrie: Italien hat in den kommenden Jahren einen hohen Bedarf an Maschinen und Anlagen. Im Jahr 2025 soll der italienische Markt wachsen. Der Verband der Maschinenbauer Federmacchine erwartet, dass der Inlandsumsatz seiner Mitglieder nominal um 5 Prozent zulegt. Der Verband der Werkzeugmaschinen-, Robotik- und Automatisierungshersteller Ucimu rechnet mit einem entsprechenden Plus von 8 Prozent. Insgesamt sollen die Ausrüstungsinvestitionen in Italien 2025 preisbereinigt um 1,1 Prozent und 2026 um 1,8 Prozent steigen, so die Zentralbank im April 2025.
betrug der Umsatz der italienischen Maschinenbaubranche 2024.
Im Jahr 2024 waren die Ausrüstungsinvestitionen in Italien laut Zentralbank real um 1,2 Prozent gesunken. Auch Italiens Import von Maschinen der SITC-Positionen 71 bis 74 ist 2024 um nominal 5,9 Prozent zurückgegangen. Ein Grund war die um mehrere Monate verzögerte Auflage neuer Förderprogramme für Beschaffungen. Hier ist 2025 mit einem positiven Nachholeffekt zu rechnen. Außerdem verteuert das hohe Zinsniveau weiterhin Investitionskredite. Im Laufe von 2025 erwarten Landeskenner jedoch niedrigere Zinsen aufgrund der gesunkenen Inflation in der Eurozone.
Eine Unwägbarkeit für die Auftragseingänge des Maschinenbaus bleibt die Konjunktur des exportabhängigen verarbeitenden Gewerbes. Dessen Auslastung hat sich im Laufe des Jahres 2024 kontinuierlich von 76 Prozent auf 74,8 Prozent verringert. Eine nachhaltige Erholung wird auch stark von der Nachfrage in wichtigen Auslandsmärkten wie Deutschland, Frankreich und den USA abhängen.
Sehr hohe Energiepreise erfordern effizientere Maschinen
Ein starker Investitionsanreiz bleiben die in Italien sehr teuren Energiekosten in der Produktion. So lagen etwa die Strompreise für Nicht-Haushalte vom 2. Halbjahr 2022 bis zum 1. Halbjahr 2024 laut Eurostat um 16 Prozent bis 54 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
Dieser Standortnachteil liegt an der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen: Diese haben 2023 noch 75 Prozent des Energiemixes ausgemacht und müssen fast ausschließlich zu Weltmarktpreisen importiert werden. Trotz hoher Investitionen in die Nutzung erneuerbarer Quellen bleiben fossile Energieträger auf absehbare Zeit unverzichtbar.
Trend geht zu Industrie 5.0
Der italienische Markt für Smart-Factory-Maschinen ist von 2021 bis 2024 laut der Universität Politecnico di Milano um 63 Prozent auf 1 Milliarde Euro gestiegen. Laut der gleichen Hochschule bringen 17 Prozent der italienischen Maschinenbauer 2025 ausschließlich digital vernetzbare Produktionsanlagen auf den Markt. Weitere 50 Prozent der Hersteller offerieren sowohl diese als auch autonome Maschinen.
Stark an Bedeutung gewinnen Industrie-5.0-Maschinen und Anlagen. Diese erweitern die Vernetzung aller Produktionsschritte nach dem 4.0-Prinzip um digitale Effizienz- und Nachhaltigkeitssteigerungen. Für derartige 5.0-Beschaffungen hat der italienische Staat das Förderprogramm "Transizione 5.0" mit einem Volumen von 6,3 Milliarden Euro aufgelegt. Für einzelne Marktsegmente bestehen weitere Fördertöpfe, etwa "Agricoltura 5.0" für nachhaltige digital vernetzte Landmaschinen. Weitere Förderprogramme für Produktionsausrüstungen sind "Beni strumentali - Nuova Sabatini" und "Credito d’imposta per investimenti in beni strumentali".
Maschinelles Lernen entwickelt sich dynamisch
Der Einsatz künstlicher Intelligenz in Maschinen wächst stark. Der italienische Markt für Data Exploration, Prediction and Optimization Systems in der gesamten Produktionskette hat 2024 laut Politecnico di Milano 470 Millionen Euro erreicht. Dies entspricht 34 Prozent des italienischen Marktes für angewandte künstliche Intelligenz, der 2024 um 58 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro gewachsen ist.
Es gibt in Italien im maschinellen Lernen - auf Italienisch apprendimento automatico - auch eine rege Technologieentwicklung mit allein 141 Startups und innovativen kleinen und mittleren Unternehmen, so das Portal f6s. Führende Entwickler sind unter anderem Altilia, Artea.com, Kalpa, Reply Group und Revelis. Hierfür existiert auch das landesweite Cluster Fabbrica Intelligente. Die öffentliche Förderbank CDP unterhält für derartige Innovationen in der Produktion den Venture-Capital-Fonds "Digital Transition Fund".
Der italienische Forschungsverbund CNR (Consiglio Nazionale di Ricerche) unterhält hierzu das Institut STIIMA (Istituto di Sistemi e Tecnologie Industriali Intelligenti per il Manifatturiero Avanzato). Maschinelles Lernen erforscht zudem das Centro Nazionale di Ricerca in HPC, Big Data and Quantum Computing.
Hohe Investitionen in klimaneutrale Produktionsanlagen
Hervorragende Lieferchancen für Maschinen und Anlagen eröffnet auf Jahre hinaus die Dekarbonisierung der italienischen Industrie. Das Institut Cerved schätzt, dass Stahlwerke und andere Metallbearbeiter bis 2050 hierfür 7,3 Milliarden Euro aufwenden.
Darüber hinaus fließen bis 2050 laut Cerved 4 Milliarden Euro in die Dekarbonisierung der Zementindustrie, 1,8 Milliarden Euro in die der sonstigen Baustoffhersteller und 1,3 Milliarden Euro in die der Chemieindustrie. Auch weniger energieintensive Branchen investieren bis 2050 in ihre Klimaneutralität: die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie 920 Millionen Euro, die Kfz-Industrie 591 Millionen Euro und die Modeindustrie 351 Millionen Euro.
Noch höher ist der Bedarf an klimaneutralen Energieanlagen. Raffinerien, Öl- und Gaskonzerne investieren bis 2050 laut Cerved 122 Milliarden Euro und sonstige Energieversorger 75 Milliarden Euro. Sehr stark wachsen soll der Bedarf an Wasserstoffanlagen. Diese Technologie findet derzeit kaum Anwendung, doch die Ende 2024 veröffentlichte Nationale Wasserstoffstrategie geht davon aus, dass die Hard-to-abate-Industrien des Landes, also die Industriesektoren, wo eine Senkung der Treibhausgasemissionen besonders schwierig ist, im Jahr 2050 8 Prozent bis 18 Prozent ihres Energiebedarfs damit decken. Die Aufbau- und Resilienzfazilität der EU fördert Wasserstoffinvestitionen von Hard-to-abate-Industrien von 2021 bis 2027 mit 2 Milliarden Euro.
Akteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Ausbau der landesweiten Stromübertragung inklusive Energiespeicher (Terna) | 23,0 | Planung | Realisierung von 2025 bis 2034 |
Ausbau der landesweiten Wasserstoff- und Gasinfrastruktur (Snam) | 13,4 | Planung | Realisierung von 2025 bis 2029 |
Neue Chipfabrik in Catania (STMicroelectronics) | 5,0 | Planung, tw. Bau | Realisierung bis 2032 |
Neue Chipfabrik in Novara (Silicon Box) | 3,2 | Planung, tw. Bau | Realisierung bis 2028 |
Modernisierung und Ausbau von Kfz-Fabriken (Stellantis) | 2,0 | Planung, tw. Bau | Standorte Pomigliano, Turin, Cassino, Atessa, Melfi; Realisierung bis 2030 |
Neues Flugzeugwerk in Brindisi (Radia) | 1,5 | Planung | Ziel ist Fertigung des weltweit größten Transportflugzeugs (Modell Windrunner), u.a. zum Transport von Windkraftpylonen |
Neue Industrieanlagen und Logistikterminals in Triest (Hafengesellschaft) | 0,4 | Planung, tw. Bau | Realisierung bis 2026 |