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Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Italien hat die Förderung energetischer Baumaßnahmen 2025 reduziert. Es gelten jedoch verschärfte Nachhaltigkeitsvorgaben. Italien ist der drittgrößte EU-Markt für Holzwohngebäude.

Von Torsten Pauly | Mailand

In Italien war das Bewusstsein für Energieeffizienz und Umweltschutz in Bauprojekten über viele Jahre geringer als in Deutschland ausgeprägt. Jedoch ist eine starke Zunahme zu beobachten.

Hierzu trägt in hohem Maße die Teuerung für Energie bei. Zwischen Anfang 2022 und Ende 2024 mussten Haushalte in Italien laut Eurostat 29,3 Prozent mehr für Strom und 10,5 Prozent mehr für Gas als im EU-Durchschnitt bezahlen. Dies liegt an der in Italien nach wie vor sehr hohen Abhängigkeit von zu Weltmarktpreisen importierten fossilen Brennstoffen.

Zudem häufen sich in Italien extreme Wetterlagen mit Hitze- und Dürreperioden, aber auch extremen Unwettern und starken Überflutungen. Der Agrarverband Coldiretti beziffert allein die landwirtschaftlichen Schäden des Klimawandels für 2024 auf 9 Milliarden Euro.

All dies findet in der Öffentlichkeit breite Resonanz. Laut einer 2024 erhobenen Umfrage der Europäischen Investitionsbank sind 67 Prozent der italienischen Bevölkerung der Meinung, dass der Klimawandel zu einer nationalen Priorität werden muss. Dies ist der zweithöchste Wert unter allen EU-Mitgliedstaaten.

Stark reduzierte Abschreibungsmöglichkeiten

Seit Anfang 2025 fördert der italienische Staat energieeffiziente Renovierungsarbeiten in der selbst genutzten Hauptwohnung, indem 50 Prozent der Investition steuerlich absetzbar sind, höchstens jedoch 96.000 Euro. Bei anderen Immobilien reduziert sich die Abschreibungsquote auf 36 Prozent beziehungsweise maximal 96.000 Euro.

Der jetzige Förderumfang ist deutlich geringer als das Ende 2024 ausgelaufene Programm Superbonus, wonach bis zu 110 Prozent der Energieeffizienzinvestitionen in Alt- und Neubauten abgeschrieben werden konnten. Allein Superbonus hat so von 2021 bis 2024 etwa 501.000 Baumaßnahmen im Wert von 123,6 Milliarden Euro ermöglicht. Dessen Beendigung ist mitverantwortlich für die jüngste Verschlechterung der Hochbaukonjunktur.

Höhere Anforderungen an Nachhaltigkeit von Baustoffen

Seit 2022 gibt es Mindestumweltstandards - auf Italienisch Criteri Ambientali Minimi - für Isolierungen und Recyclingvorschriften beim Einsatz sowie Abriss von Baumaterialien. Diese wurden 2024 teilweise verschärft, etwa für Dämmstoffe aus Zellglas.

Ein Energieausweis ist für alle auf dem italienischen Markt gehandelten Immobilien verpflichtend. Doch 2022 hatten nur 14 Prozent aller zertifizierten Gebäude die höchste Effizienzklasse A oder B, 80 Prozent dagegen D oder schlechter. Dies berichtet die Nationale Agentur für neue Technologien, Energie und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ENEA (Agenzia nazionale per le nuove tecnologie, l'energia e lo sviluppo economico sostenibile) hervor. Im Jahr 2023 hat sich der Anteil der A- und B-Objekte allerdings laut ersten ENEA-Angaben um 5,2 Prozent erhöht.

Zwischen 2015 und 2022 sind in Italien laut neuesten verfügbaren ENEA-Angaben 17.400 Gebäude nach Niedrigstenergiestandard entstanden. Diese heißen auf Italienisch Edifici a energia quasi zero (NZEB). Seit 2021 müssen jedoch alle neuen privaten und öffentlichen Gebäude in Italien den NZEB-Standard aufweisen. Dies gilt auch für größere Sanierungen, etwa in Objekten mit mindestens 1.000 Quadratmetern Fläche.

EU-Vorgaben erfordern hohe Investitionen

Die EU hat 2024 in ihrer Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden für alle Mitgliedstaaten das Ziel vorgegeben, den Energieverbrauch im Wohnbereich von 2020 bis 2030 um 16 Prozent zu senken. Dies erfordert in Italien jährliche Investitionen von 14,1 Milliarden Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Forschungszentrums Centro studi di Fondazione geometri italiani. Das EU-Ziel ist für Italien jedoch erreichbar. Von 2020 bis 2024 hat sich der Energieverbrauch von Gebäuden bereits um 9,1 Prozent reduziert.

Beim Wärme- und sonstigen Energieverbrauch der Haushalte - ohne Verkehr - belegte Italien 2023 innerhalb der EU laut Eurostat den achten Platz. Ein Jahresdurchschnitt von 468 Kilogramm Rohöleinheit war weniger als in Deutschland mit einem Wert von 635.

Holzbauumsatz wächst

Holzbau bietet sich in Italien nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit, sondern auch wegen der Erdbebensicherheit an - dank des geringen Gewichts und relativ hoher Tragreserven in der Statik. Der Baustoff hat in Italien viel Tradition. Im Jahr 2023 hat sich das Marktvolumen laut dem Verband Federazione Filiera Legno auf 2,3 Milliarden Euro summiert. Das Analyseinstitut Grand View Horizon erwartet im Holzhochbau von 2025 bis 2033 ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum von nominal 9,4 Prozent.

Verstärkt findet Holz in Schulen Verwendung. Im Jahr 2023 kam der Baustoff bereits in 40 Prozent aller dortigen Baumaßnahmen zum Einsatz. Diese Rate soll 2025 auf 60 Prozent steigen.

Im Wohnungssegment wurden 2022 in Italien laut neuesten verfügbaren Zahlen des Verbandes Assolegno 3.602 Gebäude in Holzbauweise errichtet. Der Umsatz hiermit ist gegenüber 2021 um 12,7 Prozent auf 866 Millionen Euro gestiegen. Damit war Italien der drittgrößte EU-Markt nach Deutschland und Schweden.

Nach wie vor kommt Holzbau jedoch vor allem in Norditalien zum Einsatz. Im Jahr 2022 entfielen laut Assolegno insgesamt 19 Prozent des Marktes auf die beiden Autonomen Gebiete Bozen/Südtirol und Trentino. Es folgten die Lombardei mit 16 Prozent, Piemont mit 6 Prozent und Venetien mit 5 Prozent. Trient im Trentino ist auch ein Vorzeigebeispiel der europäischen Initiative Build in Wood.

Gebietskörperschaften unterhalten eigene Agenturen

Einige Regionen und Provinzen haben spezielle Institutionen, die nachhaltiges und energieeffizientes Bauen und die Anschaffung erneuerbarer Energieanlagen fördern. In der Autonomen Region Bozen/Südtirol existiert die KlimaHaus-Agentur. Ähnliche Einrichtungen unterhalten unter anderem die Lombardei und Ligurien. Einige regionale Energieagenturen haben sich zur Vereinigung Renael (Rete Nazionale delle Agenzie Energetiche Locali) zusammengeschlossen.

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