Branchen | Japan | Chemische Industrie
Branchenstruktur
Japans Chemiefirmen wollen ihre Position in Zukunftsfeldern stärken. Strukturelle Veränderungen erfordern hohe Investitionen.
27.10.2022
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Arzneimittelsparte ist stark
Die Chemiebranche ist der zweitgrößte Produktionssektor der japanischen Wirtschaft. Dieser weist in Teilbereichen, wie in der Pharmazeutik und Spezialchemie, hohe Margen und eine hohe Forschungs- und Entwicklungsintensität auf. Die Wertschöpfung ist insgesamt hoch. Nach Zahlen des Wirtschaftsministeriums setzte die chemische Industrie im Jahr 2020 umgerechnet rund 362 Milliarden US$ um. Darunter sind Arzneimittel und organische Chemikalien die beiden größten Absatzsegmente.
Sparte | 2020 2) | Veränderung 2020/2019 3) | Marktanteil |
---|---|---|---|
Chemischer Dünger | 3 | -1,9 | 0,8 |
Anorganische Chemie | 31 | -3,2 | 8,6 |
Organische Chemikalien | 101 | -8,1 | 27,8 |
Reinigungsmittel | 37 | -1,2 | 10,2 |
Arzneimittel | 133 | 4,6 | 36,6 |
Kosmetika | 22 | 0,3 | 6,1 |
andere | 36 | -2,3 | 9,9 |
chemische Industrie insgesamt | 362 | -1,5 | 100 |
Produktionsdaten werden vom chemischen Verband und vom Wirtschaftsministerium nicht mehr in aggregierter Form erfasst. Lediglich die Fachverbände veröffentlichen Zahlen über die Herstellungsmengen. Demnach erreichte im Jahr 2021 die Erzeugung von Kunststoffmaterialien 10,4 Millionen Tonnen gegenüber 9,6 Millionen Tonnen im Jahr 2020, so Angaben der Japan Plastic Industry Federation. Für Seifen und Reinigungsmittel sank die Produktion hingegen laut Japan Soap and Detergent Association zwischen 2020 und 2021 leicht von 2,5 Millionen Tonnen auf 2,4 Millionen Tonnen. Im Segment Farben und Lacken verzeichnete der Fachverband im Jahr 2021 einen mengenmäßigen Zuwachs um 2,8 Prozent.
"Grüne" Chemie ist das Ziel
Die Chemieunternehmen bauen ihre Geschäftsstrategien auf grüne Transformation um. Dadurch wollen sie sowohl die Kohlendioxidemissionen im eigenen Unternehmen verringern, als auch andere Firmen bei ihren Dekarbonisierungsaktivitäten mit neuartigen Chemikalien unterstützen. Unter anderem hat Sumitomo Chemical angekündigt, zwischen den Fiskaljahren 2022 und 2024 circa 1,3 Billionen Yen (umgerechnet mehr als 9 Milliarden US$) in die grüne Transformation zu investieren. Andere große Chemiekonzerne, wie Mitsubishi Chemical oder Mitsui Chemicals, gehen in die gleiche Richtung. Alle zielen auf eine Steigerung der Energieeffizienz, einen höheren Einsatz von erneuerbaren Energien und einen geringeren Materialeinsatz beziehungsweise mehr Recycling.
Abgesehen von Dekarbonisierung investiert auch die Chemieindustrie in die Digitalisierung als ein wichtiger Modernisierungsbereich. Die Branchenunternehmen wollen dadurch ihre Produktionsprozesse optimieren und neue Materialien entwickeln. Big Data und künstliche Intelligenz sind in den Chemielaboren angekommen. Beispielsweise greift Sekisui Chemical auf Quasi-Quantencomputer von Hitachi zurück, um seine Entwicklungszeit für neue chemische Materialien zu verkürzen.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2021 3) |
---|---|---|
Diversifizierter Chemiekonzern | 36,2 | |
Petrochemie, Agrarchemikalien | 25,1 | |
Fuji Film 1) | Fortschrittliche Materialien, Arzneimittel | 23,0 |
Asahi Kasei 1) | Diversifizierter Chemiekonzern | 22,4 |
Toray 1) | Chemische Fasern | 20,3 |
Düngemittel, PVC | 18,9 | |
Funktionelle Harze, Petrochemie | 14,7 | |
Showa Denko 2) | Petrochemie, Organische Chemie | 12,9 |
Shiseido 2) | Kosmetik | 9,4 |
Transformation im Gange
Die Restrukturierung in der Chemieindustrie sollte an Fahrt zunehmen, da Unternehmen ihre kohlenstoffintensiven Bereiche umbauen oder sich davon trennen. So hat 2021 das Feinchemieunternehmen JSR Corp. sein Elastomergeschäft an das Energieunternehmen ENEOS Corp. verkauft. Der Kosmetikkonzern Shiseido hat einen Mehrheitsanteil an seinem Haar- und Hautpflegegeschäft an die Beteiligungsgesellschaft CVC Capital Partners abgegeben, um sich auf das Kerngeschäft hochwertiger Hautpflegemittel zu kontrieren.
Mitsubishi hat bereits angekündigt, im petrochemischen Bereich Veränderungen vorzunehmen. Da das Ziel der Dekarbonisierung für die Industrie hohe Kosten nach sich zieht, schlägt der Chef von Mitsubishi Chemical Holding vor, eine Konsolidierung im margenschwachen petrochemischen Sektor Japans anzustreben, um international wettbewerbsfähige Strukturen zu erreichen.
Produktionserhalt in Japan angestrebt
Spezielle Förderprogramme für die chemische Industrie existieren in Japan nicht. Für Forschung und Entwicklung wie auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze gibt es unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche und finanzielle Anreize. So gewährt die Regierung finanzielle und steuerliche Anreize für den Aufbau einer Produktion von Halbleitern und Batterien in Japan. Darunter fallen auch die Anbieter von den erforderlichen Materialien.
Japan importiert hauptsächlich pharmazeutische Erzeugnisse. Deren Einfuhrwert erreichte laut Statistik der UN-Comtrade im Jahr 2021 knapp 37, 3 Milliarden US$, gefolgt von organischen Chemikalien im Wert von 16,8 Milliarden US$. Beim Export aus dem Archipel stehen organische Chemikalien mit einem Ausfuhrwert im Jahr 2021 von 18,3 Milliarden US$ an erster Stelle. Bei anorganischen Branchenerzeugnissen als zweitgrößten Ausfuhrposten lag der Wert bei 9,4 Milliarden US$.