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Japan fördert klimafreundlichere Stahlherstellung
JFE Steel setzt mit Hilfe der Regierung auf eine klimafreundlichere Stahlproduktion. Gleichzeitig expandieren Japans Stahlhersteller im Ausland.
13.05.2025
Von Frank Robaschik | Tokyo
Japans zweitgrößter Stahlhersteller JFE Steel will in Kurashiki in der Präfektur Okayama einen großen Elektrolichtbogenofen installieren. Dieser soll im 2. Quartal 2028 in Betrieb gehen. In Elektrolichtbogenöfen kann recycelter Stahlschrott eingeschmolzen werden. Sie werden zudem nicht mit Kohle, sondern mit Strom befeuert und gelten daher als umweltfreundlicher als konventionelle Anlagen. Die neue JFE-Anlage soll eine Kapazität von etwa zwei Millionen Tonnen Stahl pro Jahr haben. Das gab das Unternehmen am 10. April 2025 bekannt. Zu dem Vorhaben zählen auch Nebenanlagen wie etwa ein modernisierter Kai. JFE Steel plant, insgesamt 2,2 Milliarden US-Dollar (US$) in das Projekt zu investieren. Japans Regierung fördert den klimafreundlichen Umbau der heimischen Stahlindustrie und subventioniert das Projekt von JFE Steel mit einem knappen Drittel der veranschlagten Kosten.
Großvorhaben auch bei Nippon Steel
Neben JFE Steel hatte sich auch Japans größter Stahlhersteller Nippon Steel für die staatliche Förderung zur klimafreundlichen Umstellung der Produktionsprozesse in der Stahlindustrie beworben. Der Konzern war aber bei der Ausschreibung nicht zum Zug gekommen. Bis zum 30. April 2025 lief eine weitere Ausschreibung der Regierung. Nippon Steel hat sich auch hierauf beworben.
In Nagoya treibt Nippon Steel ein weiteres Großprojekt voran. Hier baut der Stahlkocher eine Warmwalzanlage der nächsten Generation. Die Anlage mit einer geplanten Kapazität von 6 Millionen Tonnen pro Jahr ist seit Mai 2022 in Bau und soll im 2. Quartal 2026 fertiggestellt werden. Die neue Anlage soll 1,8 Milliarden US$ kosten und ein bestehendes Walzwerk ersetzen.
Stahlproduktion im Inland rückläufig
Die Stahlproduktion fällt in Japan schon seit Jahren, zuletzt im Kalenderjahr 2024 um circa 3 Prozent. Dabei erzeugte Nippon Steel im Fiskaljahr 2023 (von April 2023 bis März 2024) 40,5 Millionen Tonnen Rohstahl. JFE Steel produzierte 24,8 Millionen Tonnen. Kobe Steel belegte mit 5,97 Millionen Tonnen in Japan Rang 3. Im Jahr 2024 wurden in Japan laut der Japan Iron and Steel Federation insgesamt 22,1 Millionen Tonnen Roheisen in Elektrolichtbogenöfen hergestellt. Bisher betreiben in Japan folgende Firmen Elektrolichtbogenöfen: Tokyo Steel, Kyoei Steel, Japan Steel Works, Godo Steel, Nakayama Steel Works, Yamato Kogyo, Osaka Steel und Tokyo Tekko.
Japans Stahlkocher expandieren in Indien
Japan ist nach China und Indien der drittgrößte Stahlerzeuger weltweit. Während die Stahlerzeugung in der EU und in anderen Industrieländern sowie auch in Japan sinkt, steigt sie in Indien deutlich. Vor diesem Hintergrund übernahm JFE Steel Anfang 2025 zusammen mit dem indischen Stahlhersteller JSW Steel für circa 440 Millionen Euro die thyssenkrupp Electrical Steel India. Zuvor hatten JFE Steel und JSW Steel im Februar 2024 das Joint Venture JSW JFE Electrical Steel gegründet. Dieses will mit einer Investition von 670 Millionen US$ in Bellary im Bundesstaat Karnataka in Indien ein Werk für Elektrostahlblech errichten. Die Massenproduktion soll dort im Fiskaljahr 2027 beginnen. JFE Steel hält seit 2012 eine 15-prozentige Beteiligung an JSW Steel.
Nippon Steel investiert ebenfalls in Indien. ArcelorMittal Nippon Steel India, an dem Nippon Steel mit 40 Prozent beteiligt ist, kündigte im März 2025 den Kauf eines Grundstücks in Anakapalli im Bundesstaat Andhra Pradesh an. Dort will das Unternehmen ein Stahlwerk mit einer Kapazität von zunächst 7 Millionen Tonnen Rohstahl errichten. In den USA hatte Nippon Steel im Dezember 2023 für die Übernahme von US Steel 14,1 Milliarden US$ geboten, stößt aber bisher auf Widerstand aus der US-Regierung.
Nippon Steel und JFE Steel investieren in australische Kohlemine
Die Stahlherstellung wird auch weiterhin auf traditionelle Rohstoffe wie Kohle zurückgreifen. Um sich diese zu sichern, haben sich Nippon Steel und JFE Steel Anfang 2025 mit zusammen 30 Prozent an der Blackwater-Kohlemine im Bundesstaat Queensland in Australien beteiligt. Hierfür investierte Nippon Steel 720 Millionen US$ und JFE Steel 360 Millionen US$. Für den Erwerb des Anteils von JFE Steel an der Kohlemine stellte die staatliche Japan Bank for International Cooperation zusammen mit drei japanischen Großbanken einen Kredit zur Verfügung.
Auswirkungen der US-Zölle bisher überschaubar
belegte Japan 2024 bei den weltweiten Stahlexporten.
Die am 11. Februar 2025 angekündigten und seit dem 12. März geltenden Importzölle der USA für Stahleinfuhren in Höhe von 25 Prozent machen die Lage für Japans Stahlkocher nicht einfacher. Die Menge an Stahl, die Japan in die USA exportiert, fiel daraufhin im Februar 2025 um 13,7 Prozent und im März 2025 um 15,7 Prozent gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres.
Allerdings nahmen die USA 2024 lediglich 3,6 Prozent der japanischen Stahlexporte in Höhe von weltweit 31,4 Millionen Tonnen ab.
Daher fallen mögliche Auswirkungen von US-Zöllen auf die Produktion wichtiger Abnehmerbranchen von Stahl in Japan deutlich schwerer ins Gewicht als die auf die direkten Stahlexporte in die USA. Die Hauptabnehmerbranchen von Stahl im Inland sind die Baubranche, die Kfz-Industrie und der Schiffbau.
Höhere US-Zölle auf Stahl führen tendenziell zu sinkenden Stahlpreisen auf den Weltmärkten. Dies schiebt den Wettbewerb auf Drittmärkten wie etwa in Südostasien an. Zum einen dürften Japans Konkurrenten wie China oder Südkorea mehr Stahl in die Region liefern. Zum anderen könnten Südkorea und China weniger Stahl aus Japan kaufen. Dadurch dürften japanische Stahlanbieter unter stärkerem Wettbewerb auf Drittmärkten stehen, zum Beispiel in Südostasien.