Kasachstan strebt eine höhere Eigenversorgung und mehr Exporte landwirtschaftlicher Erzeugnisse an. Dafür importiert das Land moderne Technik, um die Produktivität zu erhöhen.
Die Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahren mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Regierung genossen. Der Primärsektor soll nicht nur die Selbstversorgung mit Lebensmitteln sicherstellen, sondern auch zur Diversifizierung der Wirtschaft und der Exporte beitragen. Dafür fließt viel Geld in Form von Subventionen und zinsgünstigen Krediten. Mittel- bis langfristig strebt die Regierung den Aufbau von Clustern an, welche die gesamte Wertschöpfungskette vom Anbau bis hin zur intensiven Verarbeitung miteinschließen sollen.
1,43
Mrd. US$
betrugen 2023 die Importe von Landtechnik nach Kasachstan.
Die Dynamik in der Landwirtschaft hat in den letzten Jahren für klingelnde Kassen bei ausländischen Anbietern von Maschinen, Ausrüstungen und anderen Zulieferungen gesorgt. Die Investitionsvorhaben dürften die Auftragslage auch in Zukunft stabil halten. Mit einem umfangreichen Engagement ausländischer Landwirte wird der kasachische Agrarsektor jedoch nicht rechnen können. Das für Ausländer weiterhin geltende Verbot, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben oder zu pachten, verhindert als wesentliches Hemmnis einen regen Zustrom ausländischen Kapitals.
Verdoppelung der Agrarproduktion bis 2028 angepeilt
Im Jahr 2024 produzierte Kasachstan landwirtschaftliche Erzeugnisse im Wert von etwa 16,3 Milliarden US-Dollar (US$), so das kasachische Statistikamt. Der vom Landwirtschaftsministerium veröffentlichte Plan für die Entwicklung der Agrarindustrie im Zeitraum 2024 bis 2028 ist sehr ambitioniert. Er sieht vor, die Bruttoagrarproduktion in den nächsten Jahren auf über 33 Milliarden US$ zu verdoppeln. Dasselbe gilt für die Ausfuhren von Agrargütern und Lebensmitteln, die von 5 Milliarden auf 10 Milliarden US$ steigen sollen.
Um die Ziele zu erreichen, will das Ministerium viel Geld in die Hand nehmen: Fast 20 Milliarden US$ werden Landwirten in den nächsten Jahren in Form von zinsgünstigen Krediten bereitstehen, um die Frühjahrsfeld- und Erntearbeit vorzubereiten, Landmaschinen zu leasen und Investitionen zu tätigen. Neben Krediten sollen auch reichlich Subventionen fließen, bis 2028 könnten sich die jährlichen Zahlungen auf 1,7 Milliarden US$ ebenfalls verdoppeln. Ob Kasachstans Landwirtschaft den großen Sprung schafft, hängt nicht zuletzt auch von extremen Wetterereignissen, Währungsschwankungen und immer wiederkehrenden Handelsstreitigkeiten mit Russland ab.
Mit der Produktionssteigerung will die Regierung auch erwirken, dass das Land sich in mehreren Lebensmittelkategorien selbst versorgen kann. Eine hundertprozentige Selbstversorgungsquote strebt Kasachstan bis 2028 beispielsweise bei Äpfeln (2023: 85 Prozent), Wursterzeugnissen (63 Prozent), Käse und Quark (59 Prozent) sowie Geflügelfleisch (75 Prozent) an. Der Richtwert für Zucker (55 Prozent) ist 83 Prozent.
Cluster sollen zukünftig wichtige Rolle spielen
Für den Ausbau ist vor allem ein höheres Maß an Effizienz nötig, wofür unter anderem auf spezialisierte Agrarcluster gesetzt wird. So beginnt der chinesische Investor Dailan Hesheng Holding Group 2025 in der nördlichen Region Akmola mit dem Bau einer Anlage für die Verarbeitung von Weizen. Weitere Projekte zur Verarbeitung von Weizen sind im Gebiet Kostanay und der Hauptstadt Astana geplant.
Kasachstan hat 2024 eine Rekordgetreideernte eingefahren
Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums hat Kasachstan 2024 über 26 Millionen Tonnen Getreide geerntet, darunter 18 Millionen Tonnen Weizen. Das Rekordergebnis spiegelt die steigende finanzielle Unterstützung bei der Aussaat, der Ernte, dem Leasing von Maschinen und dem Kauf von hochwertigem Saatgut wider.
Jährlich exportiert das Land etwa 8 Millionen Tonnen Weizen, vor allem in die Länder Zentralasiens. In Zukunft will Kasachstan mehr verarbeitete Erzeugnisse exportieren. Der Anteil soll von derzeit 40 Prozent bis 2028 auf 70 Prozent steigen.
Im warmen Süden gehen 2025 mehrere Gewächshauskomplexe an den Start, wo unter anderem Tomaten angebaut werden sollen. Für die auf 650 Hektar ausgelegte Anlage in Schymkent, die größte ihrer Art in Zentralasien, zeichnet sich das türkische Unternehmen Alarko Holding verantwortlich. Die russische Holding Eco-Kultura baut in der Region Turkestan an einem Gewächshauskomplex, der in Zukunft auf bis zu 500 Hektar erweitert werden könnte.
Ausgewählte Projekte in der Landwirtschaft in KasachstanInvestitionen in Millionen US-DollarGewächshauskomplex (Region Turkestan) | 1100 | Abschluss der ersten Phase - im 2. Quartal 2025. Die zweite Phase könnte im 3. Quartal des nächsten Jahres gestartet werden | ECO-culture (Russland) |
Anlage zur Verarbeitung von Weizen (Region Akmola) | 650 | Vereinbarung im November 2024 unterzeichnet | Dalian Hesheng Holding Group (China) |
Gewächshauskomplex (Schymkent) | 650 | Inbetriebnahme im 1. Quartal 2025 | Alarko Holding (Türkei) |
Anlage zur Verarbeitung von Mais (Region Qostanai) | 350 | Vorbereitung des Investitionsabkommens | Fufeng Group (China) |
Anlage zur Tiefenverarbeitung von Getreide und Weizen (Region Qostanai) | 150 | Inbetriebnahme im Jahr 2027 | KazFoodProducts Group (Kasachstan), Myande Group (China) und Regionalverwaltung Qostanai |
Gewächshauskomplex (Schymkent) | 120 | Memorandum über den Bau im November 2024 unterzeichnet | Fabe Polska (Polen) |
Anlage zur Verarbeitung von Weizen und Erbsen (Astana) | k.A. | Realisierung 2023 bis 2026 | Tiryaki Agro (Türkei), Hassad Food (Katar), Adotex LLP (Kasachstan) |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
Importe von Landmaschinen haben sich zuletzt vervielfacht
Dass die Regierung so viel Geld aufwendet, um die Landwirtschaft zu unterstützen, ist nicht unumstritten. Experten kritisieren, dass die Subventionen nicht im Verhältnis zur Produktivitätssteigerung stehen. Tatsächlich ist die Arbeitsproduktivität in der kasachischen Landwirtschaft um ein Vielfaches niedriger als in Ländern mit vergleichbarem Klima, so das Ergebnis einer Analyse der Halyk Bank. Anbieter von Landmaschinen dürfte der Geldregen aber freuen.
So importierte Kasachstan 2023 Landtechnik im Wert von etwa 1,43 Milliarden US$, dreimal so viel wie im Vorjahr. Das größte Wachstum verzeichneten laut UN Comtrade Traktoren, Mähdrescher, Maschinen zur Reinigung und Sortierung von Saatgut, Getreide und Hülsenfrüchten und Maschinen für die Nahrungsmittelproduktion. Deutschland gehört in den meisten Kategorien zu den wichtigsten Lieferländern. Die Konkurrenz kommt aus China, Russland und anderen EU-Ländern. Änderungen bei Subventionsrichtlinien dürften die Importe in Zukunft aber dämpfen und der Lokalisierung einen Schub verpassen.
Einfuhren von Landmaschinen und sonstiger Ausrüstung hat sich verdreifachtIn Millionen US$8432 (Landwirtschaftliche Maschinen) | 100,9 | 62,7 | 98,1 | 114,9 | 199,0 |
8433 (Erntemaschinen) | 208,9 | 76,1 | 102,7 | 82,3 | 463,5 |
8434 (Melkmaschinen und Molkereimaschinen) | 7,4 | 8,8 | 6,0 | 4,0 | 13,3 |
8436 (Forstwirtschaftliche Maschinen) | 25,5 | 8,5 | 17,4 | 9,1 | 35,7 |
8437 (Reinigungs- und Sortiermaschinen) | 23,7 | 5,9 | 10,3 | 9,4 | 44,1 |
8438 (Lebensmittelverarbeitungsmaschinen) | 41,0 | 9,8 | 11,2 | 10,7 | 66,0 |
8701 (Traktoren) | 231,3 | 102,1 | 104,7 | 125,5 | 608,9 |
Summe | 639,0 | 274,2 | 350,6 | 356,0 | 1.430,6 |
Quelle: UN Comtrade 2024
Umfangreiche staatliche Förderung für Landwirte
Den Erwerb von Landtechnik unterstützt die kasachische Regierung mit Subventionen von 15 bis 50 Prozent. Die Liste mit den aktuellen Fördersätzen ist auf der Seite des Justizministeriums einsehbar. Darüber hinaus winken Subventionen für Dünge- und Pflanzenschutzmittel oder den Einkauf von hochqualitativem Saatgut und Setzlingen. Landwirte können außerdem Dieselkraftstoff zu ermäßigten Preisen erwerben. Perspektivreiche Agrarprojekte sind mit Investitionszuschüssen von bis zu 25 Prozent der Kosten förderfähig.
Die Subventionen für den Kauf moderner Bewässerungstechnik wurden 2024 von 50 auf 80 Prozent angehoben. Damit reagiert Kasachstan auf Wasserknappheit in der Region, die durch den Ausbau der Landwirtschaft noch verschärft werden könnte. Der Primärsektor steht für etwa 60 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs im Land. Ziel der Regierung ist es, dass bis 2030 auf der Hälfte der bewässerten Flächen wassersparende Technologie zum Einsatz kommt, gegenüber etwa 26 Prozent im Jahr 2024.
Zentrale Förderaktivitäten sind gebündelt bei Agrocredit (Schwerpunktе: zinsgünstige Kredite; Mikrokredite, Kreditgarantien, Versicherung) und KazAgroFinance (Leasing).
Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft gefragt
Der stellvertretende kasachische Landwirtschaftsminister kündigte für 2025 und 2026 den verstärkten Einsatz von KI an, um Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten. So sollen Chat-Bots Subventionsanträge bearbeiten, KI-betriebene Drohnen zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden und die Bodenanalyse mittels satellitengestützter Geoanalyse vom Feld auf den Computer verlagert werden.
Mittelfristig will die Regierung durch den Einsatz von moderner Technik und KI die Ernteerträge um 10 bis 15 Prozent steigern und den Wasserverbrauch um bis zu 25 Prozent senken.
Von Viktor Ebel
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Almaty