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Branchen | Kasachstan | Baustoffindustrie

Marktanteile einheimischer Baumaterialen in Kasachstan steigen

In Kasachstan wird viel gebaut. Neue Fabriken erweitern die Produktpalette der einheimischen Baustoffindustrie. Auch deutsche Firmen produzieren erfolgreich vor Ort.

Von Viktor Ebel | Almaty

Das zentralasiatische Kasachstan erlebt derzeit einen Bauboom, angetrieben vom Wohnungsbau und Infrastrukturprojekten. Obwohl der Flächenstaat reich an Ressourcen ist, darunter große Vorkommen an nichtmetallischen Mineralien für die Baustoffindustrie, wird ein wesentlicher Teil der Baumaterialien importiert. In den letzten Jahren machten die lokalen Produzenten aber Boden gut: Ihr Anteil stieg zwischen 2021 und 2024 von 58 auf 66 Prozent.

3,9 Mrd. US$

betrug das Marktvolumen für Baumaterialien in Kasachstan im Jahr 2024.

Heimisch sind in Kasachstan seit langen Jahren auch deutsche Unternehmen wie Knauf und Heidelberg Materials. Letzteres gilt als größter deutscher Investor im Land und produziert Zement in drei kasachischen Werken. Die deutschen Akteure vor Ort dürften sich über die mittelfristigen Aussichten freuen: Laut Bauministerium sollen bis 2029 über 100 Millionen Quadratmeter Wohnraum neu entstehen. Das wird weitere Investitionen in die Baustoffproduktion nach sich ziehen und ausländische Anbieter hochwertiger Baumaterialien dazu bewegen, ihre Vertriebsstrukturen in Kasachstan auszuweiten.

Baustoffindustrie ist wichtiges Ziel für Investitionen

Im Jahr 2024 erreichte der Ausstoß der Branche etwa 2,6 Milliarden US-Dollar (US$), so Zahlen des nationalen Zentrums für Industrie und Exportförderung Qazindustry. Mengenmäßig bedeutete dies zwar einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr, vor allem bei Fertigbeton und Betonerzeugnissen. Doch in mehreren Bereichen gab es zum Teil deutliche Produktionssteigerungen, darunter bei bearbeiteten Steinen, Schlacken- und Mineralwolle sowie keramischen Bauziegeln.

Die wichtigsten Produktionsstandorte befinden sich in der Hauptstadt Astana, in der Region Karagandy sowie in und um die Wirtschaftsmetropole Almaty. Die Bruttoanlageinvestitionen in der Baustoffindustrie summierten sich 2024 laut Angaben des kasachischen Büros für nationale Statistik auf rund 343 Millionen US$. Damit rangiert die Branche innerhalb des verarbeitenden Gewerbes auf dem fünften Platz, knapp hinter der Nahrungsmittelindustrie und dem Fahrzeugbau.

Neue Fabriken erweitern Produktpalette

In den Jahren 2026 bis 2028 werden laut Qazindustry 58 Projekte in der Baustoffindustrie umgesetzt. Das gesamte Investitionsvolumen schätzt das Analysezentrum auf umgerechnet fast 800 Millionen US$. Nicht wenige dieser Projekte sollen auf Produktkategorien entfallen, bei denen die Importabhängigkeit noch hoch ist.

Während vor Ort produzierende Unternehmen die Inlandsnachfrage nach Zement, Beton, Gips, Mörtel und Gipskartonplatten weitestgehend decken, besteht bei Wärmedämmplatten, flexiblen Dachbahnen, Verbundwerkstoffen und Verkleidungsmaterialien Nachholbedarf. Auch bei Bodenbelägen und Sanitärkeramik stellte ein Vertreter des Bauministeriums bei einem Regierungsbriefing einen Mangel fest, wie das Nachrichtenportal zakon.kz schreibt. Das Ministerium ist daher angewiesen, in- und ausländische Investoren besonders für diese Produktkategorien zu gewinnen.

Ausgewählte Projekte in der Baustoffindustrie Kasachstans Investitionen in Millionen US-Dollar
Projekt (Standort)

Investitionssumme

ProjektstandAnmerkungen
Metallurgiekomplex für Walzdraht, Bewehrungs-, Winkel-, Profil- und Bandstahl (Gebiet Schambyl)

1.200

Umsetzung; voraussichtlicher Produktionsstart 2027Fujian Hengwang Investment (China)
Zementwerk (Gebiet Aktöbe)

200

VorbereitungQazCement Industries/Sinoma Cement (China)
Werk für Sanitärkeramik (Gebiet Kysylorda)

80

VorbereitungRoca Group (Spanien)
Werk für Keramikfliesen, Klebstoffe und Farben (Hauptstadt Astana)

55

VorbereitungLasselsberger Group (Österreich)
Werk für Keramikerzeugnisse (Stadt Karagandy)

52

UmsetzungQazclinker
Werk für Stahlrohre (Gebiet Karagandy)

48

UmsetzungTempo Kazakhstan
Werk für Aluminiumheizkörper (Gebiet Karagandy)

35

UmsetzungSilumin of Qazaqstan
Anlage für Trockenbaustoffe (Gebiet Schambyl)

31

VorbereitungKnauf (Deutschland)
Zementwerk (Stadt Aktöbe)

20

UmsetzungAkkermann Cement (Russland)
Ziegelwerk (Gebiet Ulytau)

8

VorbereitungBKN Techbuild (China)
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

Exporte in die Nachbarländer nehmen zu

Bei der Ausweitung der Produktion haben die Planer im Ministerium und Unternehmer, darunter der spanische Hersteller von Sanitärkeramik Roca Group wie auch Knauf, auch Auslandsmärkte im Blick. In den Nachbarländern Usbekistan und Kirgisistan wird ebenfalls kräftig gebaut. Kasachische Produktionszentren sind gut angebunden, ihre Erzeugnisse wettbewerbsfähig. Die Exporte stiegen laut Qazindustry 2024 nominal um 12 Prozent auf 276 Millionen US$. Wichtigste Ausfuhrgüter sind Zement, Keramikziegel und Schlackenwolle. Hauptzielländer für kasachische Baumaterialien sind Russland, Usbekistan und Kirgisistan.

Importe übersteigen Exporte mehrfach

Die Einfuhren von Baumaterialien kletterten 2024 nominal um rund 9 Prozent auf 1,3 Milliarden US$. Russland, China und Usbekistan sind die wichtigsten Bezugsquellen, was auf die geografische Nähe und zum Teil auf den hohen Anteil von Produkten mit niedriger Wertschöpfung in dieser Kategorie zurückzuführen ist. Bei anspruchsvolleren Materialien tritt auch Deutschland als wichtiges Lieferland in Erscheinung, beispielsweise bei Stahlkonstruktionen für Gerüst- und Brückenbauteile sowie elektrischen Apparaten zum Schalten, Steuern oder Schützen von Stromkreisen.

Deutsche Firmen auf Baumesse gut vertreten

Auch bei Kunststofferzeugnissen wie Rohren, Schläuchen und Platten konnten deutsche Unternehmen ihren Marktanteil in den letzten Jahren behaupten. Das hat sich auch beim Besuch der Leitmesse KazBuild im September 2025 in Almaty gezeigt. Neben Anbietern von Baumaschinen, Werkzeugen und hochwertigen keramischen und metallischen Verkleidungen konnte Germany Trade & Invest auch mit der deutschen Firma Maincor sprechen.

Diese fertigt Kunststoffrohre für unterschiedliche Anwendungen wie Sanitär und Industrie. Ihr Alleinstellungsmerkmal ist neben der hohen Qualität eine Garantie, die auch durch potenzielle Defekte verursachte Schäden absichert. Durch solche über das reine Produkt hinausgehende Serviceleistungen heben sich deutsche Unternehmen von ihrer Konkurrenz ab. Doch das sei in Kasachstan nicht allen bekannt, weshalb viel Überzeugungsarbeit vor Ort zu leisten sei, so ein Maincor-Vertreter gegenüber Germany Trade & Invest.

Marktbearbeitung erfolgt ganz unterschiedlich

Das Unternehmen aus Schweinfurt vertreibt seine Produkte über einen kasachischen Partner. Andere Firmen wie OBO Bettermann, die unter anderem Elektroinstallationsprodukte für Gebäude produzieren, unterhalten Repräsentanzen in Kasachstan. Neben der Nähe zu Kunden profitieren sie hier unter anderem von der Mitgliedschaft im Verband der deutschen Wirtschaft, die ihnen hilft, Markttrends besser zu verstehen und Geschäftsbeziehungen auszubauen.

Bauunternehmerverband ist Ansprechpartner

Der Bauunternehmerverband der Republik Kasachstan und Zentralasiens dient als Ansprechpartner für ausländische Baustoffproduzenten, die ihre Präsenz in den Ländern Zentralasiens ausbauen wollen. Unter anderem bietet der Verband an, den Aufbau von Vertriebsstrukturen zu unterstützen.

Der nächste Schritt wäre eine Produktion vor Ort, für welche die kasachische Regierung zwar mit Präferenzbedingungen lockt. Doch wechselnde Rahmenbedingungen, beispielsweise bei Ausschreibungen oder Zertifizierungen, und Ungleichgewichte im Wettbewerb stellen auch bestens mit dem Markt vertraute Unternehmen regelmäßig vor Herausforderungen.

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