Rechtsbericht Kasachstan Recht der künstlichen Intelligenz
Kasachstan geht voran und erlässt ein ehrgeiziges KI-Gesetz
Als erstes Land in Zentralasien regelt Kasachstan den Umgang mit KI. Unternehmen müssen sich vorbereiten: Wer KI-Ergebnisse nicht kennzeichnet, riskiert hohe Strafen.
04.12.2025
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Die Novelle tritt am 18. Januar 2026 in Kraft und ergänzt geltende Bestimmungen zu digitalen Technologien, Datenschutz und Haftung. Das neue Gesetz Nr. 230-VII über die Künstliche Intelligenz (Жасанды интеллект туралы) klärt die Rolle und den Umgang mit der KI.
Umfassender Regulierungsansatz
Das Gesetz basiert auf den Grundprinzipien wie Fairness, Rechtmäßigkeit, Rechenschaftspflicht und dem Engagement für das Wohlergehen der Menschen. Dabei werden folgende Ziele ausformuliert:
- Rechtssicherheit für die Entwicklung und den Einsatz von KI;
- Schutz personenbezogener Daten und die Vermeidung algorithmischer Diskriminierung;
- Anlehnung an internationale Standards, vor allem bei Transparenz und Haftung.
Ein weiteres Ziel ist die Förderung von Innovation und Investitionen, um Kasachstan als einen zukunftssicheren Standort für Investoren attraktiv zu machen.
Zentrale Begriffe im kasachischen KI-Gesetz
- Künstliche Intelligenz (KI): Systeme, die auf Basis von Algorithmen und Daten selbstständig Entscheidungen treffen oder Handlungen ausführen, die traditionell menschliche Intelligenz erfordern.
- KI-System: Technische Lösung, die KI-Methoden nutzt, um Aufgaben ohne direkte menschliche Steuerung auszuführen.
- Entwickler / Betreiber: Personen oder Unternehmen, die KI-Systeme erstellen oder betreiben – mit Pflichten wie Registrierung und Offenlegung der Entscheidungslogik.
- Transparenzpflicht: Verpflichtung, die Funktionsweise von KI-Systemen nachvollziehbar zu machen.
- Verschuldensunabhängige Haftung: Betreiber und Hersteller haften für Schäden durch KI-Systeme, auch ohne eigenes Verschulden.
- Sicherheitsstandards: Maßnahmen zur Sicherung von Daten und Algorithmen gegen Manipulation.
- Lizenzpflicht: Registrierungspflicht für Anbieter von KI-Diensten bei einer staatlichen Behörde.
Klassifizierung von KI-System und Risikomanagement
Der Gesetzgeber hat sich bei der Ausarbeitung an dem europäischen AI-Act orientiert. KI-Systeme sollen nach einem risikobasierten Ansatz klassifiziert werden. Sie werden nach Risikostufen und dem Autonomiegrad (Art. 17) eingeteilt: Minimal, Mittel und Hoch. Der KI-Entwickler/Betreiber muss die Einstufung selber vornehmen.
Klassifizierung der KI nach Risikostufen
KI-Systeme werden je nach Auswirkung auf die Sicherheit der Nutzer:innen, der Gesellschaft und des Staates in folgende Systeme unterteilt:
- Systeme mit minimalem Risiko, deren Störung oder Ausfall nur minimale Auswirkungen auf ihre Nutzer:innen hat;
- Systeme mit mittlerem Risiko, deren Störung oder Ausfall zu einer Verringerung der Effizienz und Effektivität der Aktivitäten der Nutzer:innen führen und moralischen Schaden oder materiellen Schaden verursachen kann;
- Systeme mit hohem Risiko, deren Störung oder Ausfall zu einer sozialen und/oder technogenen Notlage und/oder erheblichen negativen Folgen für die Verteidigung, die Sicherheit, die internationalen Beziehungen, die Wirtschaft, einzelne Wirtschaftsbereiche, die Nutzer:innen, die Infrastruktur der Republik Kasachstan und das Leben von natürlichen Personen führen kann.
Für Systeme mit hohem Risiko ist seitens Ministerium für Künstliche Intelligenz und Digitale Entwicklung die Führung von Listen vertrauenswürdiger Systeme (Art. 19) vorgesehen. Für die Aufnahme in diese Liste ist die Durchführung eines Audits (Art. 20) durch die Eigentümer/Besitzer des KI-Systems erforderlich. Unabhängig von Klassifizierung sind Eigentümer/Besitzer verpflichtet, einen kontinuierlichen Risikomanagementprozess über den gesamten Lebenszyklus des KI-Systems hinweg einzuführen, einschließlich jährlichen Aktualisierung der Risikobewertung (Art. 18).
Ganz verboten ist so genannte hoch manipulative KI. In Artikel 17.3 ist die Entwicklung und den Betrieb von KI-Systemen verboten, die folgenden Zwecken dienen, unter anderem:
- Manipulation des menschlichen Verhaltens und Einschränkung der Willensfreiheit;
- Ausnutzung der Schwäche natürlicher Personen;
- Soziales Scoring zum Zwecke der Diskriminierung;
- die Bestimmung von Emotionen ohne Zustimmung der Person;
- die Erstellung und Verbreitung verbotener Inhalte.
Auch ist die Entwicklung und Markteinführung vollständig autonomer künstlicher Intelligenzsysteme verboten.
Verantwortung, Rechte und Pflichten
Die Vorschriften gelten sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen, die KI-System entwickeln, implantieren, betreiben oder nutzen.
Wen betrifft es?
Insbesondere digitale Plattformen, die KI-Dienste betreiben sowie importierte KI-Produkte, sofern diese auf dem kasachischen Territorium genutzt werden. Sie sind verpflichtet, die Sicherheit von KI-Systemen zu gewährleisten, technische Aufzeichnungen zu führen, Nutzer:innen Unterstützung zu bieten und entsprechende Nutzungsvereinbarungen bereit zu stellen.
Kennzeichnungspflichten
Ein zentraler Aspekt der Regulierung ist die verpflichtende und transparente Kennzeichnung von KI-erzeugten Ergebnissen:
- wie Gütern, Dienstleistungen und Ergebnissen (Art. 21.2);
- von synthetischen Inhalten wie Bildern, Videos, Texten (Art. 21.2).
Außerdem kann die fehlende Kennzeichnung zu Strafen bei Betreibern und Eigentümern der KI führen. Diese sind nicht unmittelbar im KI-Gesetz geregelt, sondern im Kodex für Verwaltungsstraftaten (Art. 641.1). Als Berechnungsgrundlage dient der sogenannte monatliche Berechnungsindex (MRP). Für 2026 beträgt der MRP 4325 Tenge (rund 7,35 Euro). Die Höhe der Geldbuße richtet sich nach der Unternehmengsgröße:
- kleine Unternehmen oder gemeinnützige Organisationen – 20 MRP;
- mittlere Unternehmen – 30 MRP;
- für große Unternehmen – 100 MRP.
Auch können Unternehmen bestraft werden, wenn ihre Beschäftigte KI-Inhalte nutzen und diese nicht kennzeichnen. Wer Texte, Grafiken oder Audios aus KI im Internet veröffentlicht – etwa in sozialen Media oder der Firmenwebsite – und sie nicht als KI-Inhalte kennzeichnet, riskiert Geldstrafen nach Art. 456.2 des Verwaltungsstrafkodexes:
- kleine Unternehmen/Einzelunternehmer, gemeinnütze Organisationen – 30 MRP;
- mittelständische Unternehmen – 50 MRP;
- Großunternehmen – 100 MRP
Das wissentliche Verbreiten von falschen Informationen, durch die ein erheblicher Schaden entstehen kann – zum Beispiel durch Deepfakes – kann strafrechtlich verfolgt werden: Mit einer Geldstrafe von bis zu 3000 MRP oder mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren.
Urheberrechte sind zu beachten
Die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Objekten zum Trainieren von KI-Modellen ist nur zulässig, wenn der Rechteinhaber dies nicht in maschinenlesbarer Form untersagt hat (Art. 23). Zum Beispiel in dem ein Hinweis im Code oder in den Metadaten hinterlegt wird, dass die Nutzung von KI verboten ist.
Urheberrecht und KI
Artikel 23 des kasachischen KI-Gesetzes legt den urheberrechtlichen Rahmen für KI-generierte Werke fest:
- Werke, die mit KI erstellt wurden, sind nur geschützt, wenn ein Mensch einen kreativen Beitrag zu ihrer Entstehung geleistet hat;
- Kreative Texteingaben (Promts) gelten als urheberrechtlich geschützt, wenn sie Ergebnis einer menschlichen geistiger Schaffenskraft sind;
- KI-Training ist nicht automatisch erlaubt. Geschütze Inhalte können beim Training nicht mit Begründung verwendet werden es diene dem "wissenschaftlichem Zweck". Die Verarbeitung unterscheidet sich von den klassischen Handlungen wie Kopieren, Verbreiten, Bearbeiten.
Auswirkungen auf bestehenden Rechtsrahmen
Mit 31 Artikeln ist das KI-Gesetz knapp gehalten. Es verwundert daher nicht, dass es in mehrere Rechtsbereiche eingreift, die um neue Bestimmungen ergänzt werden.
| Gesetze | Änderung durch KI-Gesetz |
|---|---|
| Datenschutzgesetz | Pflicht zur Offenlegung von Trainingsdaten und Entscheidungslogik |
| Zivilgesetzbuch | Einführung verschuldensunabhängiger Haftung |
| Gesetz über digitale Vermögenswerte | Erweiterung um KI-basierte Plattformen |
| Verbraucherschutzgesetz | Transparenzpflicht bei KI-gestützten Entscheidungen, Gütern und Dienstleistungen |
| Gesetz über elektronische Kommunikation | Sicherheitsstandards für KI-Datenübertragung |
| Kodex über Verwaltungsstraften | Einführung von Verwaltungsstraftaten wegen der Verletzung der Regelungen im Bereich der KI |
Relevanz für deutsche Unternehmen
Die neuen Regeln sind mehr als ein formaler Akt. Sie haben für Unternehmen praktische Folgen. Exportierende Unternehmen müssen bei ihren KI-Produkten kasachische Transparenz- und Sicherheitsstandards erfüllen und Registrierung- und Kennzeichnungspflichten beachten. Die richtige Einschätzung von Haftungsrisiken und Schulung von Beschäftigten ist unabdingbar. Denn sowohl die Eigentümer/Betreiber als auch die KI-nutzenden Unternehmen können für Schäden durch KI-System haftbar gemacht werden.
Die Neuerungen bringen jedoch nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für Unternehmen. Für die KI werden Datenzentren in Kasachstan benötigt, die auch Investitionen nach sich ziehen um Potential für IT-Outsourcing freisetzen.
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