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Special | Zentralasien | Energieinfrastruktur

Zentralasien setzt weiter auf Erdgas und baut neue Pipelines

Erdgas verdrängt Kohle schrittweise als Energieträger. Der damit einhergehende Ausbau der Erdgasnetze bietet Geschäftschancen. China und Russland dominieren das Gasgeschäft. 

Von Edda Schlager | Berlin

Dekarbonisierung ist in Zentralasien kein Fremdwort. Insbesondere Kasachstan und Usbekistan wollen den Anteil fossiler Brennstoffe an der Energiegewinnung in den kommenden Jahren deutlich senken. Dennoch wird Erdgas in der Region immer wichtiger - sei es als Übergangsenergieträger, als Ausgangsstoff im produzierenden Gewerbes oder als Exportgut. 

Erdgasverbrauch in Zentralasien steigt 

Erdgas wird verstärkt als Energieträger in Kraftwerken genutzt, um sich von der stark emissionsbelasteten Strom- und Wärmeproduktion aus Kohle zu verabschieden. Der Verbrauch wird deshalb vorerst zunehmen. Auch die wachsende Bevölkerung und der steigende Lebensstandard tragen zum erwarteten Anstieg des Erdgasverbrauchs bei. Viele ländliche Regionen sollen in den kommenden Jahren an die Erdgasversorgung angeschlossen werden.

Um auf den wachsenden Bedarf zu reagieren, müssen die Regierungen das vorhandene Erdgasnetz in Zentralasien ausbauen und modernisieren. Die wichtigsten Pipelines wurden bereits ab den 1960er Jahren gebaut und seitdem kaum erneuert.

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Kasachstan: Pipelineanschluss an Russland bleibt ungewiss

Kasachstan plant mehrere Projekte, um Erdgas in unterversorgte Regionen zu liefern. Dazu gehören der Bau eines zweiten Strangs der Pipeline Beineu - Bozoi - Shymkent und die Verlängerung der 2019 fertiggestellten Pipeline Saryarka von Astana nach Kokschetau und danach nach Petropawl. 

Geplante Pipelineprojekte in Kasachstan
Pipeline

Investitionssumme (in Mio. US$)

Fertigstellung
Beineu – Bozoi – Shymkent 2 (1.500 km)

5.500

2023 - 2029
Saryarka 2, Astana – Kokshetau (276 km)

100

keine Angabe
Saryarka 3, Kokshetau - Petropawlowsk (177 km)

40

keine Angabe
Kompressorstation 14 - Rudny

wird 2024 nach Machbarkeitsstudie bekanntgegeben

2030
Quelle: Qazaqgaz 2023

In Kasachstan betreibt der staatliche Erdgaskonzern Qazaqgaz (früher KazTransGas) ein Netz aus 20.600 Kilometern überregionaler Gaspipelines mit 45 Kompressorstationen und 63.300 Kilometern Versorgungsleitungen für Endverbraucher (Stand 2022).

Vor allem der Norden und Osten Kasachstans sind an die Hauptpipelines bisher kaum angeschlossen. Seit Jahren diskutiert Kasachstan deshalb den Bau von Pipelines, die mehr Gas aus Russland liefern könnten. Eine Option ist eine Gaspipeline vom russischen Omsk nach Nordkasachstan. Kasachstan hat zudem Interesse am Anschluss an die geplante Pipeline Power of Siberia 2, die Gas von Russland nach China liefern soll. Beide Varianten sind aufgrund der geopolitischen Lage derzeit eher unwahrscheinlich.

Usbekistan: Gasinfrastruktur soll umfassend modernisiert werden

Seit Oktober 2023 bezieht Usbekistan Erdgas aus Russland mit Transit durch Kasachstan. Erstmals wird die dafür technisch umgestellte Pipeline im Reverse-flow-Verfahren genutzt, denn sie war ursprünglich für Lieferungen aus Zentralasien nach Russland vorgesehen. Nun aber ist Usbekistan wegen seines steigenden Energiebedarfs und der expandierenden Chemieindustrie auf Erdgasimporte angewiesen. Laut usbekischem Energieministerium wurde die Vereinbarung mit Russland und Kasachstan zunächst für zwei Jahre geschlossen und umfasst eine jährliche Liefermenge von knapp 2,8 Milliarden Kubikmetern.

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Uztransgaz, der staatliche Betreiber des usbekischen Erdgasnetzes, kontrolliert etwa 14.000 Kilometer überregionaler Gaspipelines und 23 Kompressorstationen. 

Im Rahmen des usbekischen Investitionsprogramms will Uztransgaz bis 2024 Schadstoffemissionen reduzieren, die Kapazität des Gasnetzes erhöhen, Pipelines und Kompressorstationen modernisieren und das SCADA-System zum Monitoring des gesamten Netzes einführen. 

Turkmenistan: Abhängig von Hauptabnehmer China

Turkmenistan ist der größte Erdgaslieferant Chinas - die jährliche Liefermenge beträgt zwischen 35 und 40 Milliarden Kubikmetern. Laut dem turkmenischen Außenministerium haben China und Turkmenistan 2023 eine Liefermenge in Höhe von 55 Milliarden Kubikmetern pro Jahr vereinbart, von denen 40 Milliarden Kubikmeter aus Turkmenistan stammen. Die restlichen Mengen werden von Usbekistan und Kasachstan eingespeist.

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Die 1.833 Kilometer lange Pipeline Turkmenistan – China hat drei parallele Stränge A, B und C, die aus turkmenischen Feldern im Osten und Südosten des Landes über Usbekistan und Kasachstan nach China verlaufen. Leitung A und B wurden 2008 in Betrieb genommen und haben zusammen eine jährliche Transportkapazität von 30 Milliarden Kubikmetern Gas. Leitung C ging 2014 mit einer Kapazität von 25 Milliarden Kubikmetern ans Netz. Alle drei Stränge und die dazugehörigen Anlagen wurden von turkmenischer und chinesischer Seite – dem Staatskonzern Turkmengaz und dem chinesischen Öl- und Gasunternehmen CNPC – gemeinsam gebaut. 

Seit Jahren geplant und teilweise seit 2014 in Bau ist ein vierter Strang, Linie D. Sie soll an Turkmenistans Galkynysh-Feld beginnen und danach Usbekistan, Tadschikistan und Kirgisistan bis nach China durchqueren. Sie hätte eine Länge von 966 Kilometern und eine jährliche Kapazität von 30 Milliarden Kubikmetern. Technische Probleme und schwierige Verhandlungen Chinas und Turkmenistan über den Gaspreis verzögern die Fertigstellung der Linie D auf unbestimmte Zeit. 

Diversifizierung der Erdgasexporte stockt

Turkmenistan will seine Erdgasexporte diversifizieren. Im Jahr 2023 hat die turkmenische Regierung signalisiert, ihre bisher ablehnende Haltung zu einer Pipeline durch das Kaspische Meer zu überdenken, um Lieferungen nach Europa zu ermöglichen. Das turkmenische Gas könnte über Aserbaidschan in die Transanatolische Gaspipeline (TANAP) eingespeist werden, die über die Türkei nach Europa führt. Realistisch ist diese Option aber nur, wenn sich die EU an der Finanzierung beteiligen würde. 

An der 1.600 Kilometer langen TAPI-Pipeline von Turkmenistan über Afghanistan und Pakistan nach Indien wird seit 2016 gebaut. Ins Stocken geriet das Projekt durch fehlende Finanzierung. Nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan im Jahr 2020 kam es zunächst zum Erliegen. 

Im Oktober 2023 verkündete Turkmenistan, mit Iran und Irak eine Vereinbarung über einen "gas swap" getroffen zu haben. Turkmenisches Gas würde in den Iran gelangen, der wiederum am anderen Landesende den Irak beliefert. Damit will Turkmenistan über einen Zeitraum von fünf Jahren 10 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr exportieren. Geliefert würde über die 2010 in Betrieb genommene Pipeline Dauletabad–Sarakhs–Khangiran. 

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