Branchen | Kolumbien | Öl, Gas
Bau von Flüssiggasterminals bietet Chancen für deutsche Firmen
Kolumbiens Gasvorkommen schwinden. Zu wenig fließt in die Exploration. Der Bau von Terminals zum Import von Flüssiggas soll Abhilfe schaffen.
07.07.2025
Von Janosch Siepen | Bogotá
Kolumbien deckt einen Großteil seines Erdgasbedarfs aus eigenen Quellen – doch die Reserven schwinden. Laut einem Ende Mai 2025 veröffentlichten Bericht der Kohlenwasserstoffagentur (Agencia Nacional de Hidrocarburos, ANH) reichen die Vorkommen nur noch für 5,9 Jahre. Das ist der niedrigste Stand seit 2007.
Gleichzeitig sinkt die Gasproduktion, im Jahr 2024 um 9,5 Prozent auf 958,5 Millionen Kubikfuß pro Tag. Im Jahr 2025 könnte sie weiter um 6 Prozent zurückgehen, so Zahlen der Industriekammer Campetrol und des Branchenverbands ACP. Zugleich prognostiziert das Centro Regional de Estudios Energéticos (CREE), dass sich der Gasbedarf des Landes in den nächsten 15 Jahren verdoppeln könnte.
Angesichts dieser Entwicklung wird der Ausbau der Gasinfrastruktur immer dringlicher – sei es durch die Erschließung neuer Vorkommen, den Bau zusätzlicher Pipelines oder den Aufbau moderner Importterminals. Zahlreiche geplante Projekte und Investitionsvorhaben eröffnen dabei vielversprechende Absatzchancen für deutsche Zulieferer.
Zahlreiche Pläne für neue Flüssiggasterminals
Oben auf der Agenda der kolumbianischen Gasbranche steht der Import von Flüssiggas (LNG). Mit dem im Dezember 2024 verabschiedeten Dekret 1.467 hat das Bergbau- und Energieministerium wichtige Weichen gestellt: Es sieht unter anderem eine Liberalisierung der Gasimporte vor. Zu den Maßnahmen gehören flexible Preis- und Vertragsmodelle bei internationalen Gaskäufen, sodass langfristige Lieferverträge ermöglicht werden. Diese regulatorischen Änderungen steigern das Interesse an LNG-Projekten im Land.
Zahlreiche nationale und internationale Unternehmen widmen sich bereits entsprechenden Projekten. Ciénaga LNG (Kolumbien) arbeitet an einem Flüssiggasterminal für Im- und Export (Betrieb ab Ende 2027). Das belgische Unternehmen Exmar ist bei dem Projekt in Verhandlungen, ein LNG-Schiff mit Regasifizierungsmodulen auszustatten. Frontera Energy aus Kanada plant einen LNG-Terminal in Puerto Bahía bei Cartagena. Daneben erwägt TGI aus Kolumbien, in ein Regasifizierungsprojekt einzusteigen. Zusätzlich sieht der nationale Gasversorgungsplan weitere Projekte vor, etwa eine neue Anlage in La Guajira oder ein Projekt in Buenaventura (Kapazität: 400.000 Kubikfuß pro Tag).
Projektname (Kapazität) | Investitionsvolumen (in Millionen US-Dollar) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Valle Inferior del Magdalena Pipeline (400.000 Kubikfuß pro Tag) | 957 | Betriebsbeginn ab Anfang 2030 geplant | Ministerio de Minas y Energía |
Andes Energy Terminal (Bau von LNG-Import- und Regasifizierungsterminal, Kraftstofflager sowie Gaskraftwerk (400 Megawatt)) | 700 | Verhandlungen mit Abnehmern laufen, Prüfung der Umweltlizenz im Gange | Andes Energy Terminal |
LNG Terminal Puerto Brisa (6,8 Millionen Kubikmeter pro Tag) | 600 | Erste Vereinbarungen mit Zulieferern und Finanzieren getroffen | Energy Developments, TransEnergy LNG |
Pacific LNG Regasification (60.000 Kubikfuß pro Tag) | 480 | Betriebsbeginn ab 2026 | Ministerio de Minas y Energía, Ecopetrol, PIO |
Bogotá-Magdalena Medio Pipeline (6,1 Millionen Kubikmeter pro Tag) | 209 | Teil des Nationalen Gasplans, Betrieb ab 2030 vorgesehen | Ministerio de Minas y Energía |
Cúcuta-Magdalena Medio Pipeline (227.000 Kubikmeter pro Tag) | 112 | Teil des Nationalen Gasplans, Betrieb ab 2030 vorgesehen | Ministerio de Minas y Energía |
Barranquilla-Ballena Pipeline (4,8 Millionen Kubikmeter pro Tag) | 90 | k.A. | Ministerio de Minas y Energía, Promigas |
Ausbau des LNG-Regasifizierungsterminals SPEC (2,4 Millionen Kubikmeter pro Tag) | 80 | Betrieb ab 2027 vorgesehen | Sociedad Portuaria El Cayao |
Hintergrund für den Ausbau der LNG-Infrastruktur ist die zunehmende Abhängigkeit von Gasimporten. Diese sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, vor allem aufgrund schwerer Dürren und damit Knappheit an Wasserkraft – der wichtigsten Stromquelle im Land. Mit dem Klimawandel könnten entsprechende Ausfälle künftig zunehmen.
Lag der Anteil der Gasimporte 2023 noch bei 7,5 Prozent, so waren es 2024 bereits 18,3 Prozent. Seit Dezember 2024 führt das Land auch Gas für den Bedarf von Haushalten, Unternehmen, Fahrzeugen und Industrie ein. Der Branchenverband Naturgas geht davon aus, dass 2026 nur noch 70 Prozent des Gasverbrauchs durch nationale Produktion gedeckt wird. Bis 2030 erwartet der Verband ACP sogar einen weiteren Anstieg auf 50 Prozent.
Ölleitungen werden zu Gaspipelines
Neben dem Bau von LNG-Terminals investiert Kolumbien auch in den Bau von Gaspipelines. Laut Experten bedarf es hierfür Investitionen in Höhe von mehr als 1 Milliarde US-Dollar (US$). Teilweise werden auch Ölleitungen in Gaspipelines umgerüstet. Bedingungen hierfür schafft der Regulierungsentwurf 702.012 vom Februar 2025.
Bereits Ende 2024 starteten Ecopetrol und das kolumbianische Unternehmen Promigas ein Projekt zur Umwandlung des Oleoducto de Colombia zwischen der Karibikküste und dem Zentrum des Landes für den Gastransport. Daneben arbeitet Promigas an einem Projekt, um die Verdichterstation Jobo mit dem Bundesstaat Córdoba zu verbinden. Kostenpunkt: 120 Millionen US$.
Offshore-Gas als Lösung?
Möglichkeiten bietet auch die Erschließung neuer Vorkommen. Hierzu zählt das Ende 2024 entdeckte Gasfeld Sirius-2 vor der Karibikküste. Das Gasfeld hat ein Volumen von 6 Billionen Kubikfuß und könnte ab 2029 Gas liefern. Damit würden Kolumbiens Gasreserven um etwa 20 Jahre verlängert werden. Allerdings gestaltet sich die Umsetzung solcher Projekte in Kolumbien als schwierig, allen voran wegen langwieriger Genehmigungsverfahren.
Auch die hohen Kosten für die Erschließung neuer Offshore-Vorkommen sind ein Hindernis. So kündigte der britische Öl- und Gasriese Shell im April 2025 seinen Ausstieg aus drei Gasprojekten vor Kolumbiens Karibikküste an.
Kurzfristige Abhilfe durch eine höhere Gasförderung ist somit nicht in Sicht. In den vergangenen Jahren verharrten die Investitionen in die Öl- und Gasexploration auf einem niedrigen Niveau. Im Jahr 2025 könnten sie mit 740 Millionen US$ sogar auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren sinken, so der Branchenverband ACP.