Bericht Wirtschaftsumfeld Kolumbien Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Kolumbien hat ein eher niedriges Gehaltsniveau. Es gibt deutliche regionale Unterschiede. Zahlreiche Zusatzleistungen sind üblich.
06.09.2024
Kolumbiens Lohnniveau ist im regionalen Vergleich niedrig. Mit knapp 400 US-Dollar (US$) lag der Durchschnittslohn 2023 deutlich unter dem von Chile oder Brasilien. Der Trend hin zu Nearshoring, dem Auslagern von Unternehmensdienstleistungen und die steigende Nachfrage nach Mitarbeitenden in einigen Branchen könnte das Gehaltsniveau in den kommenden Jahren allerdings steigen lassen.
Mindestlohn kommt wichtige Bedeutung zu
Der Mindestlohn wird in Kolumbien jährlich von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern unter Vermittlung der Regierung ausgehandelt. Falls keine Einigung zustande kommt, bestimmt der amtierende Präsident den Mindestlohn. Sowohl die Inflation als auch die politische Stimmung im Land sind hierbei ausschlaggebend. Die Höhe des Mindestlohns bestimmt unter anderem auch das sogenannte integrale Gehalt (salario integral – mehr dazu im Abschnitt Arbeitsrecht), verschiedene Sozialprogramme der Regierung, die Kfz-Pflichtversicherung SOAT (Seguro Obligatorio de Accidentes de Tránsito). Daher gilt die jährliche Anpassung als sehr wichtig. Allerdings erhalten über 40 Prozent der Erwerbstätigen weniger als den Mindestlohn.
Gehälter in Bogotá sind am höchsten
In Kolumbien gibt es große Unterschiede zwischen den Gehältern in der Stadt und auf dem Land. Nach Angaben der Unternehmensberatung Mercer sind die Gehälter in der Hauptstadt Bogotá am höchsten. Die Stadt ist das wichtigste Wirtschaftszentrum des Landes. Viele deutsche Firmen haben hier ihre Zentrale. In den nächstgrößeren Metropolen Kolumbiens sind die Gehälter im Durchschnitt etwas niedriger. Medellín liegt laut Mercer 16 Prozent, Cali 15 Prozent und Barranquilla 22 Prozent unter dem Durchschnitt von Bogotá.
Die Gehälter unterscheiden sich zusätzlich nach Wirtschaftszweigen. In Cartagena sorgt die Chemieindustrie für vergleichsweise hohe Gehälter in der Industrie. Cali und Yumbo sind Zentren der Pharmaindustrie, die ebenfalls überdurchschnittlich gute Löhne zahlt. Die Nahrungsmittelproduktion, Zementherstellung und Textilindustrie in Bogotá und Medellín zahlen hingegen unterdurchschnittliche Löhne.
Branche | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 399 |
Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei | 253 |
Verarbeitendes Gewerbe | 369 |
Strom-, gas-, Wärme- und Kälteversorgung | 567 |
Wasserversorgung, Abfallwirtschaft | 420 |
Baugewerbe | 349 |
Groß und Einzelhandel, Reparatur von Kfz | 335 |
Transport und Lagerhaltung | 373 |
Gastgewerbe, Beherbergung und Gastronomie | 257 |
Informations- und Kommunikationsleistungen | 632 |
Finanz- und Versicherungswesen | 633 |
Außerdem herrscht im Land ein starkes Gefälle zwischen hochqualifizierten Positionen und einfachen Tätigkeiten. So zahlt ein Unternehmen laut eigener Aussage in der Regel rund 40 Prozent mehr, wenn ein Bewerber gut Englisch spricht. Der Arbeitsmarkt laufe zudem in manchen Branchen auch in Kolumbien langsam heiß. Gerade im IT- oder Dienstleistungsbereich sei es mitunter schwierig, geeignetes Personal zu finden. Attraktive Gehalts- und Leistungspakete können helfen.
Grundsätzlich sind die Gehälter in großen multinationalen Konzernen am höchsten, gefolgt von großen kolumbianischen Unternehmen und kleineren multinationalen Firmen. Am meisten verdienen Führungskräfte in der Logistik, im Gesundheitswesen, im Rohstoffsektor, im Finanz- und Versicherungssektor und im verarbeitenden Gewerbe, so Zahlen der Personalvermittlung Hays.
Position | Monatslohn |
---|---|
Durchschnittslohn | 399 |
Führungskraft | 728 |
Personal mit akademischer Ausbildung | 766 |
Techniker:in | 505 |
Unterstützende Bürokraft | 364 |
Dienstleistungs- und Verkaufskraft | 288 |
Fachkraft in der Land-, Forst- und Fischwirtschaft | 255 |
Handwerker:in | 305 |
Anlagen- und Maschinenbediener:in, Montagekraft | 316 |
Hilfskraft | 237 |
Vielfältige Lohnzusatzleistungen
Die obligatorischen Sozialleistungen für Arbeitnehmer gelten in Kolumbien als hoch. In Kolumbien können dem Arbeitnehmer mitunter mehrere Lohnzusatzleistungen (prestaciones sociales) zustehen:
- Entlassungsabfindung (cesantía): ein Monatsgehalt pro Jahr, das jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres an einen Fonds überwiesen wird, dem der Arbeitnehmer angehört, und das ihm bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wird
- Zinsen auf die Entlassungsabfindung: 12 Prozent des Entlassungsgeldes, die im Januar eines jeden Jahres direkt an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden
- gesetzliche Bonuszahlungen (prima de servicios): ein Monatsgehalt pro Jahr, das zur Hälfte im Juni und zur Hälfte im Dezember ausgezahlt wird
- Beförderungszulage: Beschäftigte mit einem Gehalt von maximal zwei Mindestlöhnen, die weiter als einen Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt wohnen, erhalten eine monatliche Fahrtkostenzulage (2024: 162.000 kol$, rund 40 US$)
- Kleidung und Schuhe: Beschäftigte mit einem Gehalt von maximal zwei Mindestlöhnen erhalten dreimal im Jahr ein Paar Schuhe und eine Arbeitsbekleidung
Firmen gewähren vor allem hochqualifizierten Arbeitskräften zunehmend erfolgsabhängige Prämien und nicht-monetäre Vergütungen (beneficios extrasalariales). Dazu gehören zum Beispiel Mobiltelefone, Lebensversicherungen, Kreditzuschüsse, Firmenwagen, Ausbildungszuschüsse, Krankenversicherungen oder Clubmitgliedschaften. Flexible Vergütungen sind nicht steuerpflichtig, dürfen aber nicht mehr als 40 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 12 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 8,5 1) |
Berufsrisiko- und Unfallversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0,348 - 8,7 2) |
SENA, ICBF und Cajas de Compensación Familiar (CCF) (Arbeitgeberanteil) | insgesamt 9,0 3) |
Die geplante Arbeitsreform wird laut Beobachtern die Arbeitgeberkosten zusätzlich erhöhen. So hebt der Gesetzentwurf unter anderem die Zahlungen für die Arbeit an obligatorischen Ruhetagen von 75 auf 100 Prozent des Grundgehalts an und erhöht die Entschädigung für grundlose Kündigungen.