Kroatien wird die Abfall- und Recyclingziele der EU bis 2025 nicht erreichen. Im Abfallsektor sind erhebliche Investitionen geplant. Dabei ist deutsches Know-how gefragt.
Im Jahr 2024 fielen in Kroatien rund 1,9 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle an. Das entspricht etwa 475 Kilogramm pro Kopf und liegt damit unter dem EU-Durchschnitt von 511 Kilogramm (2023). Nach Angaben von Eurostat verzeichnete Kroatien jedoch seit 1997 den stärksten Anstieg des Abfallaufkommens pro Einwohner innerhalb der Europäischen Union.
Experten schätzen, dass rund 10 Prozent der Siedlungsabfälle durch Touristen verursacht werden. Und die Zahl der Touristen steigt kontinuierlich an. Die Besucher kommen in den Sommermonaten vor allem an die Adriaküste. Eine ganzjährige Auslastung und die Ausweitung des touristischen Angebots auf das Landesinnere werden von der Politik gezielt vorangetrieben. Das bringt noch mehr Touristen und noch mehr Müll.
Abfallmanagement mit großen Defiziten
Offiziellen Prognosen zufolge wird das Aufkommen an gemischten Siedlungsabfällen bis 2035 auf 2,55 Millionen Tonnen anwachsen. Doch schon heute zeigt die Abfallbewirtschaftung deutliche Schwächen: Bei der Wiederverwertung von Siedlungsabfällen zählt Kroatien mit einer Recyclingquote von 36,7 Prozent (2024) zu den Schlußlichtern in Europa. Der EU-Durchschnitt lag 2022 bereits bei 48,7 Prozent, das für 2025 anvisierte Ziel sind 55 Prozent.
In anderen Kategorien verfehlt Kroatien ebenfalls die nationalen und europäischen Abfallziele. Strafzahlungen aus Brüssel sind nicht mehr auszuschließen. Der Druck, eine leistungsfähige und EU-konforme Abfallbewirtschaftung zu etablieren, wächst stetig. Denn die Zielvorgaben der EU sind klar und wurden schon 2021 in nationales Recht überführt. Der Abfallmanagementplan des kroatischen Umweltministeriums legt entsprechende Maßnahmen und Investitionen bis 2028 fest.
Kroatischer Müll landet weiter auf Deponien
Kroatien deponiert weiterhin einen Großteil seines Hausmülls. Laut Umweltministerium landeten 2024 über die Hälfte der gemischten Siedlungsabfälle – rund 957.000 Tonnen – auf Deponien. Der EU-Durchschnitt lag 2023 bei nur 22 Prozent. Zwar versucht die Regierung gegenzusteuern, doch die Fortschritte bleiben überschaubar. Das Ziel, die Deponierungsquote bis 2035 auf unter zehn Prozent zu senken, ist bei dem bisherigen Tempo kaum zu erreichen. Zudem entsprechen viele Anlagen noch nicht den EU-Standards.
Seit Januar 2025 gilt in Kroatien eine Deponierungsgebühr für Siedlungsabfälle, doch der gewünschte Lenkungseffekt bleibt noch aus. Der aktuelle Satz von 30 Euro pro Tonne ist nach Einschätzung von Branchenvertretern zu niedrig. Auch die geplante Anhebung auf 50 Euro bis 2029 wird kaum reichen. Für die Trennung und Verwertung von Siedlungsabfällen müssen die Kommunen deutlich tiefer in die Tasche greifen.
Sortier- und Wiederverwertungsanlagen fehlen
Für die Gemeinden bleibt die Deponierung die preiswerteste und einfachste Lösung. Das lässt sich auch an der schlechten Recyclingquote des kommunalen Abfalls ablesen. Schon bei der getrennten Sammlung von Hausmüll scheint es, vielerorts zu haken. Zwar wurden im Landesdurchschnitt 2024 rund 49 Prozent der Siedlungsabfälle – einschließlich Papier und Kunststoffen – getrennt gesammelt, die regionalen Unterschiede sind allerdings groß.
Einige Städte zeigen, dass höhere Recyclingquoten erreichbar sind: Prelog im Norden Kroatiens erzielte eine Trennungsquote von 67,8 Prozent. Viele Kommunen bleiben jedoch deutlich darunter. Um die Recyclingziele zu erreichen, sind auf lokaler Ebene Investitionen in moderne Sortieranlagen nötig. Oft erfolgt die Trennung noch manuell – und selbst dann landet viel Abfall auf Deponien, weil die Qualität unzureichend ist oder Verwertungskapazitäten fehlen.
Investitionen in Milliardenhöhe stehen an
2,2
Milliarden Euro
sollen bis Ende 2028 in den Abfallsektor investiert werden.
Vorrangig sollen Recyclingkapazitäten und Abfallwirtschaftszentren ausgebaut werden. Geplant sind elf regionale Anlagen zur mechanisch-biologischen Abfallbehandlung. Vier Zentren bei Rijeka, Pula, Šibenik und Zadar sind bereits in Betrieb, sieben weitere befinden sich in Planung oder Bau. Für den Bau der geplanten Abfallwirtschaftszentren sind Investitionen von knapp 700 Millionen Euro veranschlagt. Deutsche Unternehmen sind an einzelnen Projekten beteiligt und sehen Chancen vor allem bei maßgefertigten Maschinen sowie bei der Ausrüstung kleinerer Hausmüllzentren.
In Fachkreisen wird bereits Kritik an den fertiggestellten Abfallzentren laut. Bemängelt werden veraltete Anlagen und überholte Technologien. Auch verwerteter Müll wird meist deponiert, da die Brennqualität gering ist und Kroatien keine eigene Verbrennungsanlage besitzt. Mit der Inbetriebnahme weiterer Zentren könnten indes einige Deponien stillgelegt werden. Landesweit gab es Anfang 2025 immerhin 76 Deponien sowie nach Expertenschätzung mehrere Tausend illegale Müllhalden. Für die Sanierung und Schließung sind bis 2028 rund 262 Millionen Euro vorgesehen. Auch dafür könnte deutsches Know-how nachgefragt werden.
Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in KroatienIn Millionen Euro | Abfallwirtschaftszentrum (AWZ)/ geplante Kapazität in Tonnen pro Jahr *) | Investitionsvolumen | Stand | Projektträger |
|---|
| AWZ Zagreb für Hauptstadt und Umland; 180.000 | 167 | Öffentliche Anhörung über die Umweltverträglichkeitsstudie abgeschlossen; es folgt die Einholung einer Lokationsgenehmigung | Zagrebački centar za gospodarenje otpadom d.o.o. |
| AWZ Piškornica für Gespanschaften Krapina-Zagorje, Varaždin, Medjimurje, Koprivnica-Križevci und Bjelovar-Bilogora; 110.000 | 120 | Anfang 2023 Bauvertrag an das slowenische Bauunternehmen Kostak d.d. Krško vergeben; geplante Inbetriebnahme: Anfang 2027 | Piškornica d.o.o. |
| AWZ Lećevica in Split-Dalmatien; 110.000 | 120 | Ende 2022 Bauvertrag an das kroatisch- slowenische Baukonsortium von Saradjen, GH Holding und VGP Drava Ptuj vergeben; erneutes Verfahren für die Umweltverträglichkeitsstudie; Inbetriebnahme von 2026 auf 2028 verlegt | Regionalni centar čistog okoliša d.o.o. |
| AWZ Orlovnjak für Osijek-Baranja und Vukovar-Srijem; 60.000 | 81 | Ausarbeitung der ausstehenden Projektunterlagen; Antrag auf EU-Kohäsionsmittel 2021- 2027 geplant | Ekos d.o.o. |
| AWZ Šagulje für Požega-Slawonien, Slavonski Brod-Posavina, Teile von Sisak-Moslavina und Virovitica-Podravina; 55.000 | 75 | Ausarbeitung der ausstehenden Projektunterlagen; Antrag auf EU-Kohäsionsmittel 2021- 2027 geplant | Regionalni centar za gospodarenje otpadom Šagulje d.o.o. |
| AWZ Lučino Razdolje in Dubrovnik-Neretva; 40.000 | 74 | Bauarbeiten wegen Enteignungsunklarheiten vorübergehend eingestellt; es stehen Ausschreibungen für Anlagenbeschaffungen an; Bauauftrag erhielt das kroatische Konsortium von Magnum supra d.o.o. und Elektrocentar Petek d.o.o. | Agencija za gospodarenje otpadom d.o.o. |
| AWZ Babina gora für Karlovac, Teile von Lika-Senj sowie Sisak-Moslavina; 30.000 | 57 | Geplanter Bauabschluss: 2026; Bauarbeiten ans bosnisch-herzegowinische Baukonsortium von Hering, Elcom und Enova vergeben | Kodos d.o.o. |
* zur Behandlung von Siedlungsabfällen. Quelle: Nationaler Abfallwirtschaftsplan Kroatiens 2023-2028, Recherchen von Germany Trade & Invest
Bei Bioabfällen besteht Handlungsbedarf
Eine Priorität der kroatischen Abfallstrategie ist das Kunststoffrecycling. Bis zu 346 Millionen Euro sollen in neue Kapazitäten fließen. Auch der Bedarf an Sortieranlagen soll gedeckt werden: Für Anlagen zur Behandlung getrennt gesammelter Abfallströme wie Papier, Metall, Glas und Kunststoffe sind rund 273 Millionen Euro eingeplant. Weitere 183 Millionen Euro entfallen auf die Verwertung von Bioabfällen. Gerade in diesem Bereich ist die Bilanz nach wie vor schlecht: 2024 landeten noch 66 Prozent der biologisch abbaubaren Abfälle auf Deponien – fast doppelt so viel wie ursprünglich geplant.
Die mangelhafte Bewirtschaftung von Bioabfällen ist vor allem in touristischen Regionen ein Problem. In der Tourismussaison fällt besonders viel Biomüll an und das oft an abgelegenen Orten wie Campingplätzen, Inseln, Nationalparks oder Hotelressorts. Allein der Abtransport zu zentralen Sammelplätzen stellt für viele Gemeinden eine riesige Herausforderung dar. Branchenvertreter sehen daher großes Potenzial für den Einsatz von Mikroanlagen, die den Müll direkt vor Ort aufbereiten und als zusätzliche Energiequelle nutzbar machen.
Der kroatische Dienstleistungssektor produziert mehr Abfälle als die Industrie Abfallaufkommen nach Art und Entstehung sowie Behandlung; Abfallmengen in Tausend Tonnen, Abfallbehandlungsquoten in Prozent 1)| | 2018 | 2020 | 20222) |
|---|
| Baugewerbe und Bergbau | 1.928 | 2.125 | 2.465 |
| Haushalte | 1.294 | 1.212 | 1.225 |
| Entsorgungswirtschaft und Wasserversorgung | 699 | 977 | 1.425 |
| Dienstleistungsgewerbe | 508 | 606 | 684 |
| Agrarsektor | 550 | 565 | 647 |
| Industrie und Energieversorgung | 564 | 518 | 643 |
| Abfall insgesamt, davon 3) | 5.543 | 6.003 | 7.089 |
| stoffliche Verwertung | 37,9 | 41,7 | 46,1 |
| energetische Verwertung | 1,3 | 3,5 | 1,8 |
| Verbrennung ohne Energiegewinnung | 0 | 0 | 0 |
| Deponieablagerung und sonstige Beseitigung | 28,7 | 23,8 | 23,6 |
1 einschließlich gefährlicher Abfälle; 2 keine aktuelleren Daten verfügbar; 3 Summe der Anteile ergibt nicht 100 Prozent, weil ein Teil der jeweils angefallenen Abfallmenge nicht behandelt wurde oder die Datenerfassung mangelhaft ist.Quelle: Eurostat 2025
Von Kirsten Grieß
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Zagreb