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Wirtschaftsausblick | Kuba
Lebensmittel, Benzin und andere Güter bleiben auf Kuba knapp. Chancen bietet seit Kurzem die Möglichkeit zur Gründung privater Firmen mit bis zu 100 Mitarbeitern.
31.01.2023
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Das Wirtschaftsinstitut Economist Intelligence Unit (EIU) erwartet bis 2027 ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von rund 4 Prozent jährlich. Bedingung für diese Wachstumsrate sei eine Lockerung der US-Sanktionen und eine Erholung des Tourismus. Eine Streichung Kubas von der US-Liste "terrorfördernder Staaten" wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Experten rechnen aufgrund des starken konservativen Lagers unter den Exilkubanern in Florida jedoch erst nach den US-Präsidentschaftswahlen 2024 mit einer Annäherung beider Staaten.
Schon vor der Covid-19-Pandemie war Kubas Wirtschaft angespannt: Während Venezuela die Lieferungen von subventioniertem Erdöl herunterfuhr, verschärften die USA unter dem ehemaligen Präsidenten Donald Trump 2019 die Sanktionen gegen die Karibikinsel. Danach brachte die Pandemie den Tourismus zum Erliegen, den wichtigsten Wirtschaftszweig und Devisenbringer. Im Verlauf des Jahres 2022 kamen zwar wieder mehr Besucher ins Land, allerdings war die Anzahl der internationalen Touristen mit rund 1,6 Millionen Personen nur knapp halb so hoch wie 2019.
Auch interne Missstände verhindern eine bessere Entwicklung der Wirtschaft: Unter der sozialistischen Diktatur der Partei PCC (Partido Comunista de Cuba) ist weiterhin der Staat für den Großteil der wirtschaftlichen Aktivitäten zuständig. Die insgesamt 1.941 Staatsunternehmen (Stand: Juni 2022) sind jedoch häufig ineffizient und verlustbringend. Die Bevölkerung leidet unter einem Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Treibstoff, da weder die lokale Produktion ausreichend ist, noch genügend Devisen für Importe erwirtschaftet werden.
Indikator | 2021 | 2022 | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 22,7 | 25,3 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) | 2.023 | 2.260 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) | 11,2 | 11,2 | 83,1 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = CUC) | 24,00 | 24,00 | - |
Kuba erlebt aufgrund der schwierigen Lebensumstände eine Auswanderungswelle historischen Ausmaßes. Allein zwischen Oktober 2021 und September 2022 gelangten nach Angaben der US-Grenzschutzbehörde rund 225.000 Kubaner in die USA - etwa 2 Prozent der kubanischen Bevölkerung. Vor allem junge Menschen wandern aus, das Durchschnittsalter auf der Insel ist daher auf 42,2 Jahre gestiegen.
Um die wirtschaftliche Situation zu verbessern, will Kubas Regierung den Privatsektor ausweiten. Dazu wurde im August 2021 ein neues Gesetz (Dekret 46) erlassen, das die Gründung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) mit bis zu 100 Angestellten ermöglicht. Beispiele sind etwa Bauunternehmen, Agrarbetriebe, Restaurants oder kleine Lebensmittelproduzenten. Ausgenommen von den privatwirtschaftlichen Aktivitäten sind Bergbau, Gesundheitswesen, Medien, Zuckerindustrie, Großhandel sowie Wasser- und Energieversorgung.
Das neue Rechtsmodell - ähnlich der in Deutschland weit verbreiteten Gesellschaft mit beschränkter Haftung - wurde gut aufgenommen und bis Anfang 2023 wurden insgesamt 6.251 KMU gegründet. Eine Herausforderung für viele neue kleine und mittlere Unternehmen ist die Versorgung mit Rohstoffen und Investitionsgütern, wie etwa Baumaterialien oder Maschinen. Hier könnten sich mittelfristig Geschäftschancen für deutsche Unternehmen ergeben.
Bei der Handelsmesse FIHAV (Feria Internacional de La Habana) im November 2022 stellten auch 15 deutsche Unternehmen aus den Bereichen Wasseraufbereitung, Sicherheitstechnologien, erneuerbare Energien und Lebensmittel aus. Die deutsche PASI Mariel Service S.A. gab bekannt, dass ihr Produktionsstandort in der Sonderentwicklungszone Mariel (ZEDM) für Industrieventile sowie Hydraulik- und Pneumatiksysteme kurz vor der Inbetriebnahme steht.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
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Modernisierung und Ausbau Terminal 3 des Internationalen Flughafens Havanna | 200 | Vorstudien; ECASA sucht ausländischen Partner für ein Joint-Venture für das Projekt | ECASA (Empresa Cubana de Aeropuertos y Servicios Aeronáuticos S.A.) |
Biomassekraftwerk der Zuckermühle Ciro Redondo (Provinz Ciego de Ávila) | 185 | Kraftwerk 2020 in Betrieb genommen; geplante Kapazität von 60 MW wird allerdings noch nicht erreicht; betrieben mit Zuckerrohr-Bagasse und Marabú-Strauch | Biopower S.A.: Joint Venture aus Zerus S.A. (Kuba, 51 Prozent) und Havana Energy Ltd (China, 49 Prozent) |
Windpark La Herradura (Provinz Las Tunas) | 87 | Bau stockt seit 2021; im November 2022 sagte chinesische Regierung Unterstützung zu; geplante Kapazität: 33 MW mit 22 Windturbinen | Unión Eléctrica de Cuba (Eigentümer), Goldwind (Bau und Betrieb), The Export-Import Bank of China (Finanzierung) |
Neue Fabrik für Hygieneartikel (Sonderentwicklungszone Mariel) | 35 | Im November 2022 eingeweiht; Produktionskapazität: 28.000 Tonnen Körper- und Haushaltshygieneprodukte jährlich | Joint Venture Unilever Suchel S.A. bestehend aus Unilever (Niederlande, 60 Prozent) und Industrias Nexus (Kuba, 40 Prozent) |
Untersee-Glasfaserkabel ARIMAO (Insel Martinique - Cienfuegos) | k.A. | Laut kubanischen Medien seit Dezember 2022 im Bau, soll bis Ende 2023 fertiggestellt werden; Länge: 2.500 km | Orange Marine (Frankreich), ETECSA (Kuba) |
Hotelanlage (750 Zimmer) in Santa María del Mar (Havanna) | k.A. | In Planung; rund 20 km östlich von Havanna | Joint Venture Iberantilla SA bestehend aus Iberostar Group (Spanien, Hotelbetreiber) und Gran Caribe (Kuba, Eigentümer) |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“. Das kubanische Ministerium für Außenhandel und ausländische Investitionen betreibt die Plattform Invierta en Cuba, die aktuell rund 708 Projekte in verschiedenen Sektoren auflistet, für die der Staat ausländische Investoren sucht.
Die Inflation liegt auf einem kritisch hohen Niveau. Nachdem die Konsumentenpreise 2021 offiziellen Zahlen zufolge um 77,3 Prozent zunahmen, erhöhten sie sich zwischen Januar und November 2022 im Vergleich zur Vorjahresperiode um 34,1 Prozent. Die tatsächliche, inoffizielle Inflationsrate dürfte sogar noch deutlich darüber liegen, da viele Produkte nur teuer auf dem Schwarzmarkt erhältlich sind. Das Wirtschaftsinstitut EIU schätzt die tatsächliche Inflationsrate für 2022 auf rund 250 Prozent.
Neben der Inflation behindert auch das geringere Warenangebot mehr Dynamik im Konsum. Um dies zu ändern, gestattet die Regierung seit August 2022 ausländische Investitionen auch im Groß- und Einzelhandel. Als erstes Projekt entsteht derzeit in der Altstadt von Havanna das kubanisch-spanische Joint Venture Gran Ferretero S.A., das Haushaltsartikel und Baumaterialien verkaufen wird.
Angaben des Statistikamtes ONEI (Oficina Nacional de Estadística e Información) zufolge sind die Importe Kubas aus Deutschland seit einem Hoch im Jahr 2018 (352,2 Millionen US-Dollar) rückläufig. Im Jahr 2021 kaufte Kuba demzufolge Waren im Wert von 195,5 Millionen US$ aus Deutschland ein, wobei Deutschland hier von Ländern wie Spanien, Italien, Frankreich und sogar Algerien übertroffen wurde. Insgesamt stand Deutschland nur auf Platz 15 der wichtigsten Lieferländer, was das trotz aller Schwierigkeiten interessante Potenzial Kubas verdeutlicht. Wichtigste Lieferländer waren 2021 mit großem Abstand Venezuela, China und Spanien.
Wichtigste Importprodukte Kubas sind Lebensmittel, Benzin und Kraftstoffe sowie Maschinen und Fahrzeuge. Für 2023 plant die kubanische Regierung, Treibstoff im Wert von 4 Milliarden US$ sowie Medikamente für 500 Millionen US$ zu importieren. Damit soll die Versorgung mit diesen Gütern sichergestellt werden. Aufgrund ausstehender Schulden bei deutschen Firmen sind Hermes-Bürgschaften in Kuba nicht möglich.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
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Importe (cif)* | 7.230 | 8.431 | 16,6 |
Exporte (fob)* | 1.703 | 1.966 | 15,4 |