Wirtschaftsausblick | Mexiko
Mexikos Wirtschaft könnte sich perspektivisch besser entwickeln
Die Dynamik lässt durch die aktuelle US-Zollpolitik deutlich nach. Eine erfolgreiche Revision des Freihandelsabkommens USMCA könnte Mexiko wieder attraktiv für Investoren machen.
13.06.2025
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Top-Thema: Revision des USMCA-Abkommens soll noch 2025 beginnen
Seit Anfang März 2025 gilt beim Import mexikanischer Waren in die USA ein Zoll in Höhe von 25 Prozent. Damit soll Druck auf Mexiko ausgeübt werden, um den Zufluss von Drogen und die illegale Migration einzudämmen. Kurz nach Inkrafttreten des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) befreite die US-Regierung jedoch Waren, die im Rahmen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens USMCA gehandelt werden, von diesem Zoll. Dadurch ist Mexiko im internationalen Vergleich im Vorteil: Auf Produkte aus nahezu allen anderen Ländern erheben die USA seit April 2025 einen Basiszoll von 10 Prozent.
Laut einer Studie der Zentralbank Banco de México (Banxico) liefen 2024 rund die Hälfte der Verkäufe an die USA über das USMCA-Abkommen. In einigen Sektoren war der Anteil höher. In der wichtigen Kategorie der Pkw etwa erfüllten 82,4 Prozent der Lieferungen das Abkommen. Auch Agrarexporte halten in der Regel den Handelsvertrag ein. Elektronikprodukte wie Fernseher oder Laptops hingegen haben einen hohen Anteil asiatischer Vorprodukte und entsprechen deshalb häufig nicht den Anforderungen des USMCA, so die Zentralbank.
Viele Unternehmen, die das Abkommen bisher nicht nutzten, versuchen nun, dessen Vorgaben nachzukommen. Im Automobilsektor etwa muss ein Fahrzeug einen Anteil von mindestens 75 Prozent lokaler Wertschöpfung einhalten, was nicht allen Autobauern gelingt.
Im Mai 2025 gab das mexikanische Wirtschaftsministerium bekannt, dass eine vertraglich vorgesehene Revision des USMCA-Abkommens im 2. Halbjahr 2025 starten soll. Auch wenn von harten Verhandlungen auszugehen ist, gilt allein die Tatsache, dass die USA am nordamerikanischen Freihandel festhalten wollen, als positiv für die mexikanische Wirtschaft. Ein revidiertes Abkommen dürfte Firmen wieder mehr Planungssicherheit geben, als es aktuell der Fall ist.
Wirtschaftsentwicklung: "Schlechter Moment" für Mexiko
Zahlreiche exportierende Firmen in Mexiko können die US-Zölle umgehen, indem sie den freien Handel des USMCA-Abkommens nutzen. Dennoch ist die Investitionslaune der Privatwirtschaft aufgrund der Ungewissheit über die zukünftigen Rahmenbedingungen getrübt: Der Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) prognostiziert für 2025 deshalb einen Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen um 2,2 Prozent. So sagte etwa der brasilianische Stahlkonzern Gerdau geplante Investitionen von 500 Millionen US-Dollar (US$) für ein neues Stahlwerk aufgrund der US-Zölle ab.
Auch der Konsum der Haushalte ist 2025 wegen der schwierigen Wirtschaftslage gedämpft. Mittelfristig dürfte er sich wegen des steigenden Mindestlohns und einer wachsenden Mittelschicht wieder dynamischer entwickeln.
In einer im April 2025 durchgeführten Umfrage von Banxico unter führenden Wirtschaftsanalysten gaben 71 Prozent der Befragten an, es sei ein "schlechter Moment", um in Mexiko zu investieren. Nur 2 Prozent bewerteten das Umfeld als gut. Ein Viertel war sich nicht sicher. Laut derselben Umfrage erwarten die Analysten 2025 im Schnitt ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,1 Prozent und 2026 von 1,4 Prozent.
Auch die Ende 2024 beschlossene Reform des mexikanischen Justizsystems gibt Anlass zur Sorge. Bei der erstmals am 1. Juni 2025 durchgeführten Direktwahl von Richtern im ganzen Land wurde die große Mehrheit der Posten mit Personen besetzt, die der Regierungspartei Morena nahestehen. Dazu gehören auch die Richter des Obersten Gerichtshofes. "Gewaltenteilung und relative Unabhängigkeit der Justiz werden [...] ausgehebelt und unterminiert", schreibt die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in einem Beitrag.
Nearshoring könnte mittelfristig wieder relevant werden
Mexiko galt bis zuletzt als Gewinner des Nearshoring. Der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie anfällige Lieferketten machten eine Produktionsverlagerung in das Land für viele Unternehmen attraktiv. Gerade der Automobilsektor baute eng abgestimmte, grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten auf. Auch die Herstellung von Elektronikprodukten, Medizintechnik und Flugzeugteilen florierten im Land.
Dadurch stieg Mexiko in den vergangenen Jahren zum wichtigsten Handelspartner der USA auf, vor Kanada und China. Der bilaterale Handelsaustausch in Höhe von 839,9 Milliarden US$ im Jahr 2024 ist weltweiter Spitzenwert. Rund 80 Prozent der mexikanischen Ausfuhren gehen in die USA. Sollte es zu einer erfolgreichen Revision des USMCA-Abkommens kommen und Mexiko mittelfristig Zollvorteile gegenüber asiatischen Exporteuren behalten, erwarten Analysten ein Comeback des Nearshorings.
Deutsche Perspektive: Flix nimmt Betrieb auf
Ungeachtet der schwierigen Wirtschaftslage nahm die deutsche Mobilitätsplattform Flix im Mai 2025 den Busbetrieb in Mexiko auf. Erste Verbindungen sind die zwischen Mexiko-Stadt und Monterrey sowie zwischen Monterrey und Torreón. Da seit 2021 der US-amerikanische Busbetreiber Greyhound Lines zu Flix gehört, können Passagiere nach einem Umstieg im nordmexikanischen Monterrey über 1.600 Ziele in den USA und Kanada erreichen, so das Unternehmen.
Mittelfristig solle Mexiko als Hub für Lateinamerika dienen, sagte Magaña im Gespräch mit GTAI. Allgemein finden deutsche Start-ups in Mexiko ein innovatives Geschäftsumfeld vor.
Für Deutschland ist Mexiko der wichtigste Handelspartner in Lateinamerika. Im Jahr 2024 lieferten deutsche Firmen laut Destatis Waren im Wert von 19,1 Milliarden US$ in das nordamerikanische Land, ein Minus von 7,2 Prozent gegenüber 2023. Die Einfuhren Deutschlands aus Mexiko gingen um 4,1 Prozent auf 10,5 Milliarden US$ zurück. Den Rückgängen 2024 waren jedoch deutliche Zuwächse des Außenhandels nach der Coronapandemie vorausgegangen.
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