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Wirtschaftsausblick | Madagaskar

Nach den Wahlen winkt ein leichter Aufschwung

Madagaskars Wirtschaft befindet sich in schwierigem Fahrwasser. Einige Sektoren sind gleichwohl optimistischer als zuletzt. Das ist auch für deutsche Firmen von Interesse.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top Thema: Hoffnung auf politische Stabilität nach den Wahlen

Präsident Andry Rajoelina wurde im November 2023 mit fast 59 Prozent der Stimmen wiedergewählt und bildete am 14. Januar 2024 eine neue Regierung. Die politische Stabilität bleibt eingeschränkt angesichts der hohen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Regierung. Beobachter glauben an eine Besserung und stellen auch eine höhere Bereitschaft des Präsidenten fest, die Probleme des Landes nun anzugehen. Schwerpunkte der Regierung sind die Bereiche Gesundheit, Bildung und die lokale Produktion vor allem von Nahrungsmitteln.

Die neue Regierung unter dem alten Präsidenten muss strukturelle Reformen umsetzen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für seinen Kredit in Höhe von 320 Millionen US-Dollar seit dem Jahr 2021 fordert. Dazu gehören eine effizientere Steuereintreibung und reduzierte Subventionen. Das Programm des IWF läuft Mitte 2024 aus, dürfte aber durch ein Nachfolgeprogramm ersetzt werden. Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt, weshalb die Bedeutung der Geber auch für die Wirtschaft sehr groß ist.

Wirtschaftsentwicklung: Devisenknappheit belastet Geschäftsklima

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte im Jahr 2024 etwas stärker wachsen als zuletzt: Economist Intelligence Unit (EIU) prognostiziert ein Wachstum von 4,5 Prozent, die Weltbank erwartet 4,8 Prozent. Für den Inselstaat ist diese Wachstumsrate dennoch niedrig angesichts eines hohen Bevölkerungswachstums und der großen Armut im Land.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich zuletzt etwas gebessert. So hat sich der Wertverlust der lokalen Währung Ariary (MGA) verlangsamt und damit auch die Inflation. Experten gehen im Jahr 2024 von etwa 8 Prozent aus. Dennoch wird sich der Konsum auch in diesem Jahr auf das Nötigste beschränken. Weitgehend unbedeutend ist der madagassische Markt für deutsche Konsumgüter. Devisen sind knapp, Importware ist teuer und französische Produkte dominieren.

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Die eigene Landwirtschaft ist von essentieller Bedeutung. Viele Menschen in Madagaskar leiden an Hunger. Angesichts einer jährlich um fast 800.000 Menschen zunehmenden Bevölkerung steigt der Bedarf nach Nahrungsmitteln immer weiter. Die Importabhängigkeit steigt, weil die lokale Agrarproduktion dem Bedarf nicht nachkommt. Missernten durch Trockenheit und Bodenerosion in den Bergen nehmen zu. Die Anfälligkeit der Nahrungsmittelversorgung verdeutlicht aktuell Indiens Exportstopp für Reis, dem Hauptnahrungsmittel Madagaskars. Die Agrarproduktion muss steigen. Dafür sucht Madagaskar Investoren. Detailliertere Informationen enthält der Branchenbericht zur Landwirtschaft.

Wichtig ist die Agrarproduktion auch für den Export, vor allem von Vanille, bei der Madagaskar etwa 80 Prozent der weltweiten Produktion beisteuert. Nachdem der Staat vorübergehend einen Mindestpreis von 250 US-Dollar pro Kilogramm für Vanille festlegt hatte, konnten große Mengen im Jahr 2023 nicht verkauft werden. Inzwischen wurde die Preisfestsetzung aufgehoben und die Weltmarktpreise steigen wieder, sodass die Erwartungen positiv sind. Optimistisch sind auch die Erwartungen des Tourismus, der nach der Pandemie wieder an Fahrt gewinnt. Nach etwa 100.000 Besuchern im Jahr 2023 wird für 2024 mit einer Verdoppelung gerechnet.

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Der Bausektor wird von Infrastrukturprojekten profitieren. Dazu zählen die 260 Kilometer lange Autobahn von Antananarivo zur Hafenstadt Toamasina, der Ausbau des dortigen Hafens sowie die Erweiterung der Stromnetze und der Wasserversorgung. Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Madagaskar, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte" sowie die Branchenberichte zu den Themen Bau, Energie und Wasser.

Auch in den lange stagnierenden Bergbau kommt Bewegung, nachdem die Bergbaugesetzgebung im Jahr 2023 geändert wurde und die Investoren nun wieder mehr rechtliche Sicherheit genießen. Eine größere Investition von fast 100 Millionen US-Dollar ist die Maniry-Grafitmine von der australischen Evion (früher: BlackEarth Minerals) im Südwesten des Landes. Mehrere bestehende Minen planen Erweiterungen. Interessant ist Madagaskar auch im Hinblick auf Rohstoffsicherung für die deutsche Industrie. Der Inselstaat verfügt über zahlreiche industrielle Rohstoffe wie Nickel, Grafit, Seltene Erden und Strandsande.

Deutsche Perspektive: Chancen auf steigenden Absatz stehen gut

Die Lieferungen deutscher Unternehmen nach Madagaskar befinden sich seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. Im Jahr 2023 wurde von Januar bis November Waren im Wert von 54,7 Millionen Euro geliefert. Das deutet auf das Jahr hochgerechnet auf einen Anstieg hin, bedingt sicher auch durch die Preissteigerung in Deutschland. Aufgrund des niedrigen Exportvolumens kann schon eine einzige Bestellung das Ergebnis verändern. Voraussagen sind daher schwierig. Gleichwohl besteht im Jahr 2024 ein gutes Umfeld für steigende deutsche Lieferungen.

Interessant sind Infrastrukturprojekte, die von westlichen Gebern mitfinanziert werden sowie die Sektoren Bau, Bergbau, Tourismus, Landwirtschaft und die Nahrungsmittelindustrie. Alle Bereiche erwarten besseres Geschäft, sodass Lieferchancen steigen werden. Allerdings hat deutsche Qualität oft das Nachsehen gegenüber günstigen asiatischen Produkten oder den besser etablierten französischen Marken.

Nur sehr wenige deutsche Firmen sind vor Ort aktiv. Madagaskar liegt "weit ab vom Schuss" und der Markt ist klein und schwierig. Meistens bedienen Firmen den Inselstaat über französische Partner aus Frankreich oder von den nahe gelegenen Inseln Réunion und Mauritius. Eine Alternative stellt die Marktbearbeitung von Südafrika aus dar.

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Aus deutscher Sicht bedeutend sind die madagassischen Lieferungen von Vanille und Nickel. Sie erreichten von Januar bis November 2023 etwa 138,1 Millionen Euro. Damit gehört Madagaskar zu den wenigen Ländern in Afrika, mit denen Deutschland über Jahre ein Handelsdefizit erwirtschaftet.

 

 

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