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Branchen | Marokko | Wasserwirtschaft

Das Königreich setzt verstärkt auf Meerwasserentsalzung

Große Entsalzungsanlagen sollen Marokkos Wasserengpässe reduzieren. Neue Projekte sind auch für die Wasserstoffproduktion erforderlich.

Von Michael Sauermost | Casablanca

Marokko investiert kräftig in die Meerwasserentsalzung. Kapazitäten von mehr als 1 Milliarde Kubikmeter pro Jahr sollen nach den Plänen der Regierung Marokkos bis zum Jahr 2030 aufgebaut werden. Bisher haben Meerwasserentsalzungsanlagen lediglich einen Anteil von 3 Prozent an der Wasserproduktion des Landes.

Mit den neuen Entsalzungsanlagen will die Regierung Engpässe bei der Wasserversorgung beheben und neue Chancen eröffnen. Anhaltende Dürreperioden haben vor allem dem marokkanischen Agrarsektor gewaltig zugesetzt. Die Trinkwasserversorgung und die Ernährungssicherheit stehen im Vordergrund. Aber auch der erhöhte Bedarf der Industrie sowie die wachsende Bevölkerung lassen die Wassernachfrage ansteigen.

Nordafrikas Schrittmacher für Wasserentsalzung

Einem Bericht von BNC Network zufolge entfallen auf die Regionen Nahost und Nordafrika (MENA) derzeit zusammen etwa 48 Prozent des weltweiten Wasserentsalzungsvolumens. Marokko hatte daran bisher keinen wesentlichen Anteil. Das Königreich konnte bisher einen Großteil seines Wasserbedarfs durch Oberflächen- und Grundwasser abdecken. Der Wasserstress nimmt in Marokko jedoch inzwischen deutlich zu. Auf der Suche nach Trink- und Nutzwasser richtet sich der Blick daher zunehmend auf die Küsten am Atlantik und Mittelmeer des Landes.

Laut BNC Network wurden im Jahr 2021 etwa 39,3 Milliarden US-Dollar (US$) in laufende Entsalzungsprojekte in der MENA-Region investiert. Die größten Investitionen wurden dabei in Saudi-Arabien mit Projekten im Wert von rund 15 Milliarden US$ sowie in den Vereinigten Arabischen Emirate mit einem Volumen von rund 10 Milliarden US$ getätigt. Marokko gilt mittlerweile mit Gesamtinvestitionen von 2,37 Milliarden US$ in dem Sektor als Vorreiter in Nordafrika.

Neue Anlagen entstehen

Marokko verfügte im Sommer 2023 über elf Entsalzungsanlagen, die eine jährliche Produktionskapazität von etwa 175 Millionen Kubikmeter Wasser haben. Davon sind die drei Anlagen in Laayoune, Safi und Jorf Lasfar für die industrielle Nutzung vorgesehen. Dabei handelt es sich um Standorte des Phosphatherstellers OCP (Office Chérifien des Phosphates). Das Unternehmen OCP verfügt über die weltweit größten Phosphatvorkommen und ist das größte marokkanische Unternehmen.

Die anderen acht Anlagen unterstützen die Trinkwasserversorgung, wobei der Standort Agadir zusätzlich zur Bewässerung beiträgt. Die derzeitige Kapazität für die Trinkwasserproduktion aus Meerwasserentsalzungsanlagen liegt nach Angaben des Office National de l´Électricité et de l´Eau Potable (ONEE) bei 85 Millionen Kubikmetern Wasser pro Jahr.

Bis zum Jahr 2030 plant die Regierung den Bau von insgesamt etwa 20 Anlagen mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 1,3 Milliarden Kubikmeter Wasser. Die Schwelle von 1 Milliarde Kubikmeter könnte im Jahr 2027 genommen werden. Etwa die Hälfte davon soll für Trinkwasser genutzt werden. Auf Industrie und Bewässerung entfallen laut den Plänen jeweils etwa ein Viertel.

Derzeit befinden sich laut ONEE sieben Anlagen in der Entstehungsphase. Vier davon dienen lediglich zur Trinkwasserversorgung, ein Projekt in Dakhla erfüllt zusätzlich Bewässerungszwecke. Zwei neue Vorhaben in Jorf Lasfar sowie in Safi entsalzen Wasser für die Industrie. Bei den Vorhaben setzt die Regierung auf PPP-Modelle (Public Private Partnership).

Vorzeigeprojekt in Casablanca geplant

Die größte Entsalzungsanlage Marokkos und auch Afrikas soll mit einer Kapazität von 300 Millionen Kubikmetern im Jahr in Casablanca entstehen. Für dieses Vorzeigeprojekt im Rahmen des Plan National de l´Eau 2020-2050 sehen die vorläufigen Pläne eine Summe von rund 950 Millionen US$ vor. Die Anlage könnte den Planungen zufolge im Jahr 2027 betriebsbereit sein. Ein weiteres Großprojekt entsteht in der Region Oriental, im Nordosten des Königreichs. Dort sind zunächst Kapazitäten von 200 Millionen Kubikmetern vorgesehen, die schrittweise ausgebaut werden sollen.

Für die kommenden Jahre werden zusätzlich, private Investitionen in Entsalzungsanlagen erwartet. Verschiedene, angekündigte Wasserstoffprojekte dürften lediglich mit entsprechenden Investitionen in die Wasserversorgung realisiert werden können.

Geplante Meerwasserentsalzungsanlagen in Marokko

Standort

Kapazität in Mio. Kubikmeter / Verwendung

Fertigstellung/Inbetriebnahme

Region Oriental

250 (Trinkwasser: 140, Bewässerung: 110)

3 Stufen (2027, 2035, 2040)

Casablanca

300 (Trinkwasser: 270, Bewässerung: 30)

2026

Essaouira

42,6  (Trinkwasser: 12,6, Bewässerung: 30)

3 Stufen (ab 2027)

Agadir (Ausbau)

45,6 (Trinkwasser: 18,3, Bewässerung: 27,3)

2026

Tiznit Sidi Ifni

54,6 (Trinkwasser: 14,6, Bewässerung: 40,0)

4 Stufen (ab 2027)

Guelmim

34,6 (Trinkwasser: 14,6, Bewässerung: 20,0)

4 Stufen (ab 2027)

Tan Tan

47,2 (Trinkwasser: 3,2, Bewässerung: 35,0, Grüner Wasserstoff 9,0)

4 Stufen (ab 2027)

Tarfaya

0,47 (Trinkwasser)

ab 2027

Boujdour

60,0 (Bewässerung)

2 Stufen (2030, 2035)

Quelle: Ministère de l´Équipment et de l´Eau 2023

Entsalzung steht in der Kritik

Vor allem in den südlichen Küstenregionen sind Vorhaben vorgesehen. Insbesondere dort wird Wasserentsalzung teilweise als einzige Alternative gesehen, um die Wasserversorgung sicherzustellen. Allerdings stehen die geplanten Projekte auch in der Kritik. Die Anlagen benötigen bis zu 3-4 Kilowattstunden Energie pro Kubikmeter Wasser. Die Betreiber der Anlagen wollen dabei Erneuerbare Energien verwenden. Als Vorbild nennt ONEE die Anlage in Dakhla, die mit Wind betrieben wird. Allerdings fehlten bislang dafür noch regulatorische Rahmenbedingungen, kritisieren private Betreiber.

Regierung verteidigt Agrarexporte

Die Regierung wehrt sich indes gegen die regelmäßig geäußerte Kritik, dass der marokkanische Agrarsektor für den Export übermäßig Wasser verschwende. Eine Studie der Weltbank habe aufgezeigt, dass die exportierten marokkanischen Agrarprodukte 2 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr verbrauchen. Die von Marokko importierten Branchenerzeugnisse kämen mit 20 Milliarden Kubikmetern indes auf das Zehnfache.

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