Special | Marokko | Start-ups
Attraktivität des Start-up-Ökosystem steigt
Die junge marokkanische Gründerszene stimmt optimistisch. Allerdings sind Herausforderungen zu überwinden, um große Deals einzufahren.
01.08.2025
Von Ullrich Umann | Casablanca
Staatliche Einrichtungen, ausländische Geberinstitutionen sowie Privatpersonen und die Wirtschaft unterstützen - häufig gemeinsam - Initiativen und Programme zur Start-up-Förderung in Marokko. Die öffentliche Verwaltung, Banken, Versicherungen, Telekom- und IT-Firmen sowie finanzkräftige Staatsunternehmen schaffen erste Strukturen für die Gründung und Unterstützung von Start-ups.
Top-Down-Ansatz bei der Herausbildung des Ökosystems
Der Staat fördert Start-ups mittels Steuerbefreiungen und Zuschüssen aus öffentlichen Fonds. Im Jahr 2022 rief die Regierung die Initiative "MoroccoTech" als nationale Marke ins Leben, um den digitalen Sektor zu stärken und Marokko zu einem regionalen digitalen Zentrum zu machen. Zudem bilden sich gemeinnützige Initiativen wie "StartUp Maroc".
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
212 Founders | Start-ups mit länderübergreifenden Ambitionen | Initiative der CDG Invest |
AFRIQUIA 50 Sprints | Start-ups mit länderübergreifenden Ambitionen | Kooperation mit HEC Paris |
CE3M | Elektronik, Mikroelektronik, Mechatronik | in Casablanca |
Emerging Business Factory | Coworking Space | in Marrakesch |
FabLab | Coworking Space | in Casablanca und Agadir |
Kluster CFCIM | Coworking, Beratung, Finanzierung | Kooperation mit Frankreich |
LaStartupStation | Coworking, Beratung, Finanzierung | in Casablanca |
Moroccan Center for Innovation and Social Entrepreneurship | Coworking, Beratung, Finanzierung | Non-Profit-Organisation zur Start-up-Förderung in Rabat |
Orange Corners | Coworking, Beratung, Finanzierung | Kooperation mit den Niederlanden |
Tamkeen Center | Coworking, Beratung, | in Casablanca |
Der TechnoPark in Casablanca zählt mit Ablegern in Agadir, Rabat und Tanger zu den größten Acceleratoren Marokkos. Der Maroc-Numeric-Fund stellt den mit Abstand größten Venture-Capital-Fonds dar. Zusätzlich existiert der Innov Invest Fund, den die Weltbank und die Europäische Union finanziell unterstützen.
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
Morocco Fintech Center | FinTech | Organisiert von der Zentralbank Al-Maghrib |
CEED | Agribusiness, Technology | arbeitet in mehreren Ländern |
Happy Ventures | Start-ups | arbeitet in mehreren Ländern |
ImpactLab.Africa | Start-Ups | arbeitet in mehreren Ländern |
Impulse | AgTech, BioTech, MiningTech, NanoTech | Kooperation zwischen der Universität UM6P und dem Phosphatkonzern OCP |
SkyTrend | Start-ups | finanzieren, beraten, hosten und vernetzen Start-ups im pre-seed- und seed-Stadium |
TechnoPark | Start-Ups | Hauptsitz in Casablanca mit Filialen in Tanger, Agadir und Essaouira |
Marokko ist Messeplattform für Afrika
Marokko positioniert sich als bedeutender und länderübergreifender Messestandort. Die jährlich in Marrakesch stattfindende Start-up-Messe GITEX Africa zieht zahlreiche Besucher und Aussteller aus anderen afrikanischen Ländern an. Während die meisten Ausstellerländer auf der GITEX Africa 2025 Start-ups und neue Technologien präsentierten, zeigte Marokko vor allem staatliche Programme zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, zur Einführung einer Kryptowährung durch die Zentralbank und zur Entwicklung von Programmen für Staatsunternehmen und große Banken. Außerdem stellten sich alle großen marokkanischen Inkubatoren und Start-up-Fonds vor.
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Herausforderungen für Gründerszene
Die marokkanische Start-up-Szene steht vor etlichen Herausforderungen, darunter der je nach Region ungleicher Zugang zu Bildung, eine insgesamt noch unzureichende Start-up-Finanzierung und gesetzgeberische Hürden, die nur schrittweise abgebaut werden. Soziokulturelle Besonderheiten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle: Gegenüber kreativem Denken und unternehmerischem Handeln lässt das Erziehungs- und Bildungssystem wenig Raum für Individualität.
Viele junge Leute kommen ohne konkrete Geschäftsidee zu den Fördereinrichtungen und bewerben sich für Ausbildungskurse, etwa als Programmierer, Spezialist für künstliche Intelligenz oder Spieleentwickler. In Inkubatoren, Acceleratoren, Coworking-Spaces und Ausbildungseinrichtungen erhalten sie eine Erstberatung und können sich anschließend in Förderkurse einschreiben, um die Voraussetzungen für eine Start-up-Gründung zu erwerben. Gemeinsam mit ihren Mentoren entwickeln sie mit fortschreitendem Ausbildungsstand eigene Geschäftsideen.
Name | Kapitalbeschaffung | Branche |
---|---|---|
Cash Plus | 62,5 | FinTech |
Chari | 5 | E-commerce |
Tookeez | 1,5 | FinTech |
DataPathology | 1,2 | HealthTech |
WafR | 1,2 | FinTech |
DabaDoc | k.A. - Axa Insurance und Orange Middle East & Africa sind 2021 als Investoren eingestiegen | HealthTech |
YouCan | k. A. | E-commerce |
Etwa 50 marokkanische Start-ups erreichten bereits einen erfolgreichen Exit oder wurden von größeren Unternehmen übernommen. Beispiele sind DabaDoc (MedTech), Moteur (E-Commerce) und WaystoCap (B2B). Das Start-up Terra (Reiseplattform) erhielt 2023 die bislang höchste Pre-Seed-Finanzierung in Marokko. Das Start-up Chari (E-Commerce) erreichte zwar noch keinen Unicorn-Status, erzielte aber eine Bewertung von 100 Millionen US-Dollar – ein bedeutender Erfolg für Nordafrika.
Für deutsche Start-ups kann Marokko interessant werden
Das marokkanische Ökosystem bietet deutschen Start-ups, Inkubatoren und Acceleratoren interessante Chancen unter anderem zur Fachkräfteanwerbung. Vor allem junge Marokkaner beherrschen Französisch, Englisch, Arabisch und teilweise Spanisch, was sie für den weltweiten Einsatz prädestiniert.
Für deutsche Start-ups bietet sich Marokko an, um Entwicklungsarbeiten auszulagern. Einige Acceleratoren, darunter LaStartupStation oder auch die Initiativen Geeks Institute sowie LIONSGEEK, bieten in- und ausländischen Unternehmen Entwicklerleistungen auf Probe an. Sie übernehmen Aufträge, die Auszubildende und Jungunternehmer für eine vereinbarte Zeit ausführen. Je nach Erfolg entscheidet der Auftraggeber, ob er die Zusammenarbeit fortsetzt oder beendet. Eine Gebühr fällt nur bei Zufriedenheit mit den Ergebnissen an. Die gesamte Kommunikation und Abwicklung kann auf Wunsch online über Kontakt- und Auftragsformulare auf den Webseiten der Acceleratoren erfolgen.
Auch für deutsche Inkubatoren und Acceleratoren können Kooperationen mit marokkanischen Einrichtungen einen Mehrwert schaffen. So kann neben einem Erfahrungsaustausch der Tausch von Praktikumsplätze für Mitarbeiter und Start-up-Gründer angeboten werden. Diese Praktika würden deutschen und marokkanischen Start-ups den Markteintritt im jeweils anderen Land sowie Fördereinrichtungen die Beratungsleistung erleichtern.
Beteiligungen und Übernahmen marokkanischer Start-ups sind ebenfalls möglich und haben bereits stattgefunden. So hält Uber Anteile am marokkanischen Vermittler von Taxi-Dienstleistungen Careem, und Delivery Hero ist an der spanischen Glovo beteiligt, die in Marokko Kurier- und Auslieferungsdienste anbietet.