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Special | Marokko | Start-ups

Gründerszene in Marokko: Aufbruch mit Hindernissen

Marokkos Start-up-Szene wächst – doch Finanzierungslücken, Bildungsunterschiede und strukturelle Hürden bremsen das Potenzial. Chancen für Kooperationen sind dennoch vorhanden.

Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Steckbrief Start-ups in Marokko

    Marokkos Gründerszene hat erste Fortschritte erzielt. Bis zur Weltspitze ist es noch ein langer Weg.

    Start-ups können sich in Marokko besonders kostengünstig gründen und weiterentwickeln: Staatliche, halbstaatliche und private Fördereinrichtungen stellen Büro- und Laborflächen sowie Anschub- und Begleitfinanzierungen bereit. Es gibt kostenlose Angebote für technische, juristische und betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen.

    Staat bestimmt das Entwicklungstempo

    Die marokkanische Regierung fördert das Start-up-Ökosystem gezielt, um den Export von Offshore-Leistungen anzukurbeln und um die Jugendarbeitslosigkeit zu lindern. Diese liegt nach Angaben des marokkanischen Statistikamts HCP (Haut Commissariat au Plan) bei über 35 Prozent in der Gruppe der 15 bis 24-Jährigen. 

    Besonders in den Bereichen Informationstechnologie, Computerspiele, Mobilanwendungen, Forschung und Entwicklung, Engineering und Planung sowie Callcenter positioniert sich Marokko mit einem Fachkräftepool bei moderaten Lohnkosten.

    Mit einem breiten Angebot an Aus-, Weiterbildungs- und Beratungskursen will der marokkanische Staat junge Arbeitssuchende - viele von ihnen mit Berufs- oder Hochschulabschluss - dazu befähigen, sich erfolgreich auf dem nationalen und internationalen Arbeitsmarkt zu positionieren oder den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen.

    Die Privatwirtschaft engagiert sich ebenfalls in der Ausbildungs- und Gründerszene, um Talente für den eigenen Personalbedarf zu gewinnen und um innovative Konzepte und Technologien in ihre Unternehmen zu integrieren. 

    Für deutsche Start-ups gibt es Möglichkeiten zur Geschäftsanbahnung etwa in der marokkanischen Banken- und Versicherungswirtschaft, im Groß- und Einzelhandel (einschließlich E-Commerce), in der Logistik- und Hafenwirtschaft, in der Energiewirtschaft sowie im Tourismus und Gesundheitswesen. Auch die breit aufgestellte Industrie bietet Kooperationschancen. Zu dieser zählen: Fahrzeugbau, Luft- und Raumfahrtindustrie, chemische Industrie, Bergbau, Schienen- und Bahntechnik sowie Werftindustrie.   

    Die marokkanische Gründerszene kann mit rund 50 marktreifen Start-ups erste Erfolge vorweisen, der Weg zur Weltspitze ist jedoch lang. Im Startup Ecosystem Report von StartupBlink liegt das Königreich 2025 im weltweiten Ranking auf Platz 88; im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten rangiert Marokko lediglich auf Platz 8. Laut StartupBlink liegt das unter anderem an den rechtlichen Rahmenbedingen sowie den eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten. Immerhin konnte sich das Königreich gegenüber dem Vorjahr um vier Plätze verbessern.

    Von Ullrich Umann | Marokko, Casablanca

  • Attraktivität des Start-up-Ökosystem steigt

    Die junge marokkanische Gründerszene stimmt optimistisch. Allerdings sind Herausforderungen zu überwinden, um große Deals einzufahren.

    Staatliche Einrichtungen, ausländische Geberinstitutionen sowie Privatpersonen und die Wirtschaft unterstützen - häufig gemeinsam - Initiativen und Programme zur Start-up-Förderung in Marokko. Die öffentliche Verwaltung, Banken, Versicherungen, Telekom- und IT-Firmen sowie finanzkräftige Staatsunternehmen schaffen erste Strukturen für die Gründung und Unterstützung von Start-ups.

    Top-Down-Ansatz bei der Herausbildung des Ökosystems

    Der Staat fördert Start-ups mittels Steuerbefreiungen und Zuschüssen aus öffentlichen Fonds. Im Jahr 2022 rief die Regierung die Initiative "MoroccoTech" als nationale Marke ins Leben, um den digitalen Sektor zu stärken und Marokko zu einem regionalen digitalen Zentrum zu machen. Zudem bilden sich gemeinnützige Initiativen wie "StartUp Maroc".

    Auswahl an Inkubatoren in Marokko
    NameFokusAnmerkungen
    212 FoundersStart-ups mit länderübergreifenden AmbitionenInitiative der CDG Invest
    AFRIQUIA 50 SprintsStart-ups mit länderübergreifenden AmbitionenKooperation mit HEC Paris
    CE3MElektronik, Mikroelektronik, Mechatronikin Casablanca
    Emerging Business FactoryCoworking Spacein Marrakesch
    FabLab Coworking Spacein Casablanca und Agadir
    Kluster CFCIMCoworking, Beratung, FinanzierungKooperation mit Frankreich
    LaStartupStationCoworking, Beratung, Finanzierungin Casablanca
    Moroccan Center for Innovation and Social EntrepreneurshipCoworking, Beratung, FinanzierungNon-Profit-Organisation zur Start-up-Förderung in Rabat
    Orange CornersCoworking, Beratung, FinanzierungKooperation mit den Niederlanden
    Tamkeen CenterCoworking, Beratung, in Casablanca
    Quelle: Startup Country Guide 2024 - The Kingdom of Morocco

    Der TechnoPark in Casablanca zählt mit Ablegern in Agadir, Rabat und Tanger zu den größten Acceleratoren Marokkos. Der Maroc-Numeric-Fund stellt den mit Abstand größten Venture-Capital-Fonds dar. Zusätzlich existiert der Innov Invest Fund, den die Weltbank und die Europäische Union finanziell unterstützen.

    Auswahl an Acceleratoren in Marokko
    NameFokusAnmerkungen
    Morocco Fintech CenterFinTechOrganisiert von der Zentralbank Al-Maghrib
    CEEDAgribusiness, Technologyarbeitet in mehreren Ländern
    Happy VenturesStart-upsarbeitet in mehreren Ländern
    ImpactLab.AfricaStart-Upsarbeitet in mehreren Ländern
    ImpulseAgTech, BioTech, MiningTech, NanoTechKooperation zwischen der Universität UM6P und dem Phosphatkonzern OCP
    SkyTrendStart-upsfinanzieren, beraten, hosten und vernetzen Start-ups im pre-seed- und seed-Stadium
    TechnoParkStart-UpsHauptsitz in Casablanca mit Filialen in Tanger, Agadir und Essaouira
    Quelle: Startup Country Guide 2024 - The Kingdom of Morocco

    Marokko ist Messeplattform für Afrika

    Marokko positioniert sich als bedeutender und länderübergreifender Messestandort. Die jährlich in Marrakesch stattfindende Start-up-Messe GITEX Africa zieht zahlreiche Besucher und Aussteller aus anderen afrikanischen Ländern an. Während die meisten Ausstellerländer auf der GITEX Africa 2025 Start-ups und neue Technologien präsentierten, zeigte Marokko vor allem staatliche Programme zur Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, zur Einführung einer Kryptowährung durch die Zentralbank und zur Entwicklung von Programmen für Staatsunternehmen und große Banken. Außerdem stellten sich alle großen marokkanischen Inkubatoren und Start-up-Fonds vor.

    TextboxSU_2d_Textbox Start-up-Events Events

    Herausforderungen für Gründerszene

    Die marokkanische Start-up-Szene steht vor etlichen Herausforderungen, darunter der je nach Region ungleicher Zugang zu Bildung, eine insgesamt noch unzureichende Start-up-Finanzierung und gesetzgeberische Hürden, die nur schrittweise abgebaut werden. Soziokulturelle Besonderheiten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle:  Gegenüber kreativem Denken und unternehmerischem Handeln lässt das Erziehungs- und Bildungssystem wenig Raum für Individualität.

    Viele junge Leute kommen ohne konkrete Geschäftsidee zu den Fördereinrichtungen und bewerben sich für Ausbildungskurse, etwa als Programmierer, Spezialist für künstliche Intelligenz oder Spieleentwickler. In Inkubatoren, Acceleratoren, Coworking-Spaces und Ausbildungseinrichtungen erhalten sie eine Erstberatung und können sich anschließend in Förderkurse einschreiben, um die Voraussetzungen für eine Start-up-Gründung zu erwerben. Gemeinsam mit ihren Mentoren entwickeln sie mit fortschreitendem Ausbildungsstand eigene Geschäftsideen.

    Top Start-ups in MarokkoKapitalbeschaffung in Mio. US$
    Name

    Kapitalbeschaffung

    Branche

    Cash Plus

    62,5

    FinTech
    Chari

    5

    E-commerce
    Tookeez

    1,5

    FinTech
    DataPathology

    1,2

    HealthTech
    WafR

    1,2

    FinTech
    DabaDoc

    k.A. - Axa Insurance und Orange Middle East & Africa sind 2021 als Investoren eingestiegen

    HealthTech
    YouCan

    k. A.

    E-commerce
    Quelle: GTAI-Recherche

    Etwa 50 marokkanische Start-ups erreichten bereits einen erfolgreichen Exit oder wurden von größeren Unternehmen übernommen. Beispiele sind DabaDoc (MedTech), Moteur (E-Commerce) und WaystoCap (B2B). Das Start-up Terra (Reiseplattform) erhielt 2023 die bislang höchste Pre-Seed-Finanzierung in Marokko. Das Start-up Chari (E-Commerce) erreichte zwar noch keinen Unicorn-Status, erzielte aber eine Bewertung von 100 Millionen US-Dollar – ein bedeutender Erfolg für Nordafrika.

    Für deutsche Start-ups kann Marokko interessant werden

    Das marokkanische Ökosystem bietet deutschen Start-ups, Inkubatoren und Acceleratoren interessante Chancen unter anderem zur Fachkräfteanwerbung. Vor allem junge Marokkaner beherrschen Französisch, Englisch, Arabisch und teilweise Spanisch, was sie für den weltweiten Einsatz prädestiniert. 

    Für deutsche Start-ups bietet sich Marokko an, um Entwicklungsarbeiten auszulagern. Einige Acceleratoren, darunter LaStartupStation oder auch die Initiativen Geeks Institute sowie LIONSGEEK, bieten in- und ausländischen Unternehmen Entwicklerleistungen auf Probe an. Sie übernehmen Aufträge, die Auszubildende und Jungunternehmer für eine vereinbarte Zeit ausführen. Je nach Erfolg entscheidet der Auftraggeber, ob er die Zusammenarbeit fortsetzt oder beendet. Eine Gebühr fällt nur bei Zufriedenheit mit den Ergebnissen an. Die gesamte Kommunikation und Abwicklung kann auf Wunsch online über Kontakt- und Auftragsformulare auf den Webseiten der Acceleratoren erfolgen.

    Auch für deutsche Inkubatoren und Acceleratoren können Kooperationen mit marokkanischen Einrichtungen einen Mehrwert schaffen. So kann neben einem Erfahrungsaustausch der Tausch von Praktikumsplätze für Mitarbeiter und Start-up-Gründer angeboten werden. Diese Praktika würden deutschen und marokkanischen Start-ups den Markteintritt im jeweils anderen Land sowie Fördereinrichtungen die Beratungsleistung erleichtern.

    Beteiligungen und Übernahmen marokkanischer Start-ups sind ebenfalls möglich und haben bereits stattgefunden. So hält Uber Anteile am marokkanischen Vermittler von Taxi-Dienstleistungen Careem, und Delivery Hero ist an der spanischen Glovo beteiligt, die in Marokko Kurier- und Auslieferungsdienste anbietet.

    Von Ullrich Umann | Casablanca

  • Marokkos Ökosystem erhält eine breitere Förderbasis

    Mit Venture-Capital-Aktivitäten von unter 150 Millionen US-Dollar pro Jahr ist die Start-up-Finanzierung noch relativ gering. Besserung ist aber in Sicht.

    Marokkanische Start-ups können von der Gründung bis zur Marktreife auf verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen. Aktuell restrukturieren, verfeinern und erhöhen Akteure diese Angebote. Acceleratoren, Inkubatoren und Risikokapitalfonds (Venture Capital, VC) begleiten die Start-ups in ihren Wachstumsphasen. Mit weniger als 150 Millionen US-Dollar (US$) pro Jahr fällt jedoch die Finanzierung von Start-Ups durch Venture Capital gering aus. 

    Das Ministerium für Digitales und Verwaltung hat die Start-up-Förderung bei der marokkanischen Regierung inne. Es hat die Strategie "Offre Startup Maroc" entwickelt, die alle staatlichen Finanzierungen und Fördermaßnahmen bündelt und koordiniert. Mit dieser Strategie unterstützt das Ministerium Start-ups während ihres gesamten Lebenszyklus finanziell und technisch. Es gewährt Zuschüsse und Darlehen an Inkubatoren, Acceleratoren und teilweise auch an VC-Fonds. Zudem bemüht sich das Ministerium, mehr ausländische Kapitalgeber für das marokkanische Ökosystem zu gewinnen.

    Unterhalb der Regierungsebene gründete der staatliche Garantiefonds Tamwilcom 2017 den Start-up-Fonds Innov Invest. Tamwilcom kooperiert eng mit Inkubatoren und Acceleratoren.

    Kapitalgeber werden aktiver

    Weitere staatliche, öffentlich-private und private sowie teilweise ausländische VC-Fonds investieren Risikokapital in Start-ups. Zu den aktivsten Fonds zählen UM6P Ventures, Outlierz Ventures, 212 Founders, EmergingTech VC und StartUp Maroc Booster. Einige dieser VFonds finanzieren Start-ups direkt mit Risikokapital von den Finanzierungsphasen A (Pre-Seed) bis E (globale Marktexpansion). Dazu zählt Orange Ventures, der Fonds des gleichnamigen Mobilfunkkonzerns. 

    Der staatliche Investitionsfonds Mohammed VI Investment Fund (FM6I) verpflichtet sich, die Start-up-Szene stärker zu unterstützen. Medienberichten zufolge will FM6I das Finanzierungsvolumen für Start-ups in den kommenden fünf Jahren massiv erhöhen. Das staatliche Engagement unterstreichen Personalwechsel in den Führungsetagen von Tamwilcom und FM6I, die im Mai 2025 bekanntgegeben wurden.

    Etwa 30 Inkubatoren, Acceleratoren und Coworking Spaces leisten einen essenziellen Beitrag zur Gründung und Begleitung von Start-ups. Diese Einrichtungen stammen sowohl aus staatlichen als auch privaten Initiativen. Jungunternehmer nutzen dort kostenfreie Plattformen, bewerben sich um Finanzierungen, erhalten Beratungen und Moderationen, nehmen an Weiterbildungen teil und vernetzen sich mit anderen Akteuren der Gründerszene. Zu diesen Einrichtungen gehören Technopark, StartGate und LaStartupStation.

    In den Räumlichkeiten der VC-Fonds, Acceleratoren und Inkubatoren veranstalten Akteure regelmäßig Hackathons, Pitching- und Networking-Events. Einige dieser Veranstaltungen haben lokale, andere landesweite oder sogar internationale Reichweite, darunter Emerging Valley, Gitex Africa und Vivatech Morocco.

    Finanzierungsphasen und ihre Akteure in Marokko
    FinanzierungsphaseFinanzierungsart / AkteureTypische BeträgeFokus / Besonderheiten
    Pre-SeedOffre Startuo Maroc, Fonds Innov Invest, UM6P Ventures, Outlierz VenturesBis 50.000 US$Frühphase, Produktentwicklung, Ideation
    Seed212 Founders, EmergingTech VC, StartUp Maroc Booster50.000 – 1 Mio. US$Markteintritt, Wachstum, erste Kunden
    Series A – COrange Ventures, FM6I Startup Funds, weitere VCs500.000 bis mehrere Mio. US$Skalierung, Marktausbau, internationale Expansion
    Series D – EGroße Venture Capital Fonds, Family Offices, internationale InvestorenMehrere Mio. US$Reifephase, große Wachstumsrunden
    Quelle: GTAI-Recherche

    Von Ullrich Umann | Casablanca

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