Junge Technologiefirmen können in Tschechien eine Reihe von Förderprogrammen nutzen. Neben Startkapital gibt es kostenlose Infrastruktur, Beratung und Zugang zu Netzwerken.
Tschechien gehört zu den Unterzeichnern des EU Startup Nation Standard of Excellence. Ziel dieser Initiative ist es, Europa zum attraktivsten Kontinent für Start-ups und Scale-ups zu machen. Dafür sollen acht Standards für ein gründungsfreundliches Umfeld umgesetzt werden. Schnelle Unternehmensgründung, beschleunigte Visa für Tech-Talente, Mitarbeiterbeteiligungen, Zugang zu Finanzierung und ein Digital-First-Ansatz in den Behörden gehören dazu.
Gründerfreundliches Umfeld lässt auf sich warten
Die aktuelle Bewertung des Startup Nations Standards Report zeigt, dass Tschechien bei der Umsetzung noch deutlich hinterherhinkt. Es belegte 2024 nur Platz 20 von 24 bewerteten Ländern und hat erst 38 Prozent der Vorgaben implementiert (EU-Durchschnitt: 61 Prozent).
Fortschritte macht Tschechien beim Gründungsprozess mit der Einführung von einfachen GmbH (tschechisch: s.r.o.), reduzierten Notarkosten und dem Wegfall von Gerichtsgebühren. Auch der Zugang zu Finanzierung hat sich dank großzügiger Förderprogramme verbessert.
Bei den Schwächen wird auf fehlende Programme zur Rückkehr europäischer Tech-Talente verwiesen sowie auf die Mitarbeiterbeteiligungen, die steuerlich weiter nicht attraktiv sind.
Technologiehubs in fünf Städten
In jüngster Zeit hat die Regierung mehrere Anläufe gestartet, Start-ups den Weg zum Geschäftserfolg zu erleichtern. Ein wichtiges Programm ist Technologická inkubace der staatlichen Agentur CzechInvest. Dabei werden Start-ups gefördert, die besonders innovativ und skalierbar sind. Instrument dafür sind sieben spezialisierte Technologie-Hubs:
- AI Hub (Prag, Fokus: Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Datenanalyse)
- Advanced Tech & Materials Hub (Brno, Fokus: neue Materialien, Fertigungstechnologien, Mikro- und Nanoelektronik, Photonik, Robotik, Quanten- und Nukleartechnologien)
- Creative Hub (Prag, Fokus: Kultur- und Kreativwirtschaft, Design, Medien, Gaming, AR/VR)
- EcoTech Hub (Plzeň, Fokus: Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, grüne Technologien, Energieeffizienz)
- Mobility Innovation Hub (Ostrava, Fokus: Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, Saubere Mobilität, Autonomes Fahren, Smart City und Logistik)
- Space Hub (Prag, Brno, Fokus: Raumfahrttechnologien, Satellitendaten)
- Tech4Life Hub (Zlín, Fokus: Biotechnologie, Medizintechnik, Sicherheit und Zivilschutz).
Das Programm unterstützt Start-ups mit Finanzhilfen von umgerechnet rund 45.000 Euro bis 185.000 Euro, ohne dass dafür Firmenanteile abgegeben werden müssen. Indirekte Förderung im Wert von bis zu 20.600 Euro findet statt durch Workshops, Beratung durch Inkubationsmanager, Mentoring, Networking, Hilfe bei Patent- und Technologietransfer sowie Marketing. Die Inkubationsdauer beträgt maximal 2 Jahre. Teilnehmen können Start-ups, die bis zu 5 Jahre alt sind. Rund 180 Projekte wurden bereits gefördert.
Finanzhilfen und Dienstleistungen vom Staat
Innovative Unternehmen mit Deep-Tech-Technologien bis zu einem Alter von sieben Jahren können für die Wachstumsphase das Programm Akcelerace startupů von CzechInvest nutzen. Es kombiniert Finanzhilfen von bis zu 82.000 Euro mit Dienstleistungen wie Mentoring, Messeteilnahmen und B2B-Treffen für die Auslandsexpansion.
Die staatliche Technologieagentur TAČR unterstützt mit dem Programm SIGMA unter anderem die Kommerzialisierung von Forschungsergebnissen und Innovationen. Sie leistet technische und wirtschaftliche Validierung im Prototypstadium sowie Coaching durch internationale Experten.
CzechInvest unterstützt Start-ups auch bei der Beschäftigung ausländischer Spezialisten (Programm "Schlüssel- und wissenschaftliches Personal für Start-ups" sowie Programm "Digitaler Nomade"). Die sogenannten Start-up-Visa ermöglichen Langzeitaufenthalte von bis zu zwei Jahren und können anschließend verlängert werden. CzechInvest berät dazu, kommuniziert mit den Behörden und hilft bei der Registrierung der Fachleute.
Das Programm "Digitaler Nomade" des Ministeriums für Industrie und Handel ermöglicht Bürgern aus Australien, Japan, Kanada, der Republik Korea, Neuseeland, Brasilien, Indien, Israel, Mexiko, Singapur, dem Vereinigten Königreich, den USA und Taiwan, in der Tschechischen Republik zu leben und zu arbeiten. Damit sollen auch tschechische Start-ups die Dienste digitaler Nomaden für ihre Projekte und Bestellungen nutzen können.
Ein Prager Start-up greift nach den Sternen
Das Start-up Advacam entstand 2013 als Spin-off der Technischen Universität ČVUT in Prag. Grundlage waren Detektortechnologien, die ursprünglich für Teilchenkollisionen entwickelt wurden und später Anwendung in der Raumfahrt, Industrie und Medizin fanden. Die Kameras von Advacam werden zur Analyse von Mineralien in der Bergbauindustrie, für zerstörungsfreie Prüfungen in der Luftfahrt und für nicht-invasive medizinische Bildgebung genutzt. Heute liefert das Unternehmen seine Detektoren weltweit aus, beschäftigt rund 60 Mitarbeitende und erzielt über 10 Millionen Euro Jahresumsatz.
Laut Sprecher Martin Tyburec sieht Advacam großes Geschäftspotenzial bei der Vorhersage des Weltraumwetters. "Mittelfristig planen wir, eigene Echtzeitdaten von unseren Satelliten bereitzustellen."
Eine große Herausforderung seien die langen Entwicklungs- und Qualifikationszyklen für Weltraummissionen sowie der begrenzte Zugang zur Finanzierung. Internationale Kooperationen und die Unterstützung durch die Europäische Weltraumagentur ESA hätten zum Erfolg des Unternehmens ebenso beigetragen wie das dynamische Netzwerk innovativer Firmen in Tschechien. Große private Investoren sind noch nicht an dem Start-up beteiligt, "aber wir sind offen für neue Partnerschaften", so Tyburec.
Besonderer Fokus auf Weltraumtechnologie
Inkubatoren für Start-ups gibt es in den meisten Regionalhauptstädten wie Ostrava, Pardubice oder Plzeň. Dort bekommen Gründer günstige Büroräume und Unterstützung beim Firmenstart.
Für Neugründungen im Bereich Weltraumtechnologie betreibt die Europäische Raumfahrtagentur ESA in Prag und Brno den Business-Inkubator ESA-BIC. Während der zweijährigen Inkubationszeit gibt es bis zu 60.000 Euro Förderung für die Produkt- und Patententwicklung. Außerdem leisten ESA-Experten und regionale Partner technische Unterstützung, rechtliche und geschäftliche Beratung und bieten Zugang zu Investoren und Industriepartnern.
Szene organisiert sich immer mehr
Auch wenn das Gesamtvolumen an Risikokapital gering ist, gibt es in Tschechien zahlreiche Investmentgruppen und Fonds, die sich auf Investitionen in Start-ups spezialisiert haben. Zu den größten gehören StartupYard, Credo Ventures und Lighthouse Ventures. Ebenso investieren ausländische Fonds oder Unternehmen in tschechische Start-ups. Häufig treten Firmeninhaber in Aktion, die Teile ihres Gewinns gewinnbringend anlegen wollen. Darüber hinaus gibt es erfolgreiche Start-up-Gründer, die nach einem Exit ausreichende Mittel haben, um sie in neue Projekte zu investieren.
Auswahl an Acceleratoren in Tschechien| Name | Fokus | Standort |
|---|
| Look AI Ventures SICAV | Künstliche Intelligenz | Prag |
| Impact Hub | Ökologische und nachhaltige Lösungen | Prag, Brno, Ostrava |
| StartupYard | Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Internet of Things | Prag |
| Start It @ČSOB | IT, künstliche Intelligenz, Gesundheit, Abfallwirtschaft | Prag |
| DEX Innovation Centre | Digitale Innovationen, Forschung und Bildung in Gesundheitswesen, Energieeffizienz | Liberec |
Quelle: Czech Startups by CzechInvest 2025, Recherchen von Germany Trade & Invest
Die Czech Private Equity and Venture Capital Association vertritt die Interessen von Risikokapitalgebern. Sie hat derzeit 25 ordentliche und 53 assoziierte Mitglieder. Daneben gibt es eine Czech Business Angel Association, die Beziehungen zwischen Investoren und Start-ups pflegt. Lobbyarbeit gegenüber Regierung und Parlament betreibt die Czech Startup Association, die rund 70 Mitglieder umfasst.
Von Gerit Schulze
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Prag