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Branchen | Mexiko | Bauwirtschaft

Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

Die aktuelle Regierung vergibt große Infrastrukturprojekte immer häufiger an das Militär. Die Baufirmen suchen daher verstärkt das Geschäft mit dem Privatsektor.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Wettbewerbssituation

Die 70 größten Bauunternehmen Mexikos haben nach Berechnungen der Zeitschrift Obras Expansión im Jahr 2022 rund 24,8 Prozent mehr umgesetzt als im Vorjahr. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Inflationsrate im Bausektor in der 1. Jahreshälfte zeitweise zweistellig war. Neben der Pandemie hat auch der Russland-Ukraine-Krieg die Preise von Baumaterialien wie Zement oder Stahl in die Höhe getrieben. So gab über die Hälfte der im Ranking vertretenen Unternehmen an, ihre Preise im Jahr 2022 um 5 Prozent oder mehr erhöht zu haben.

Die größte Baufirma Mexikos ist weiterhin CICSA, die zur Unternehmensgruppe Grupo Carso des Milliardärs Carlos Slim gehört. Das Unternehmen konnte seinen Umsatz 2022 unter anderem durch Aufträge für die Zugstrecke Tren Maya deutlich erhöhen. Bemerkenswert war auch die Umsatzsteigerung der beiden europäischen Baufirmen Mota-Engil (Portugal) und Techint (Italien): Während Techint am Megaprojekt Raffinerie Dos Bocas beteiligt ist, arbeitet der portugiesische Konzern an den Metrolinien 4, 5 und 6 in Monterrey sowie an der neuen Bahnlinie 4 in Guadalajara. Mota-Engil gewann die Ausschreibungen in beiden Städten jeweils in Konsortium mit dem chinesischen Schienenfahrzeughersteller CRRC. Mota-Engil ist jeweils für die Planung und den Bau der Linien verantwortlich.

Größte Bauunternehmen in Mexiko 2022 (Umsatz in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)
Unternehmen

Umsatz 2022 1)

Veränderung 2022/21 2)

CICSA (Grupo Carso)

1.928

52,4

IDEAL

1.260

22,2

Fibra Uno

1.187

9,3

Mota-Engil México

764

192,8

Techint Ingeniería y Construcción

758

89,4

Omega CORP

720

23,4

Pinfra

712

15,4

Red Vía Corta

664

20,7

México Proyectos y Desarrollos (Grupo México)

662

17,9

RUBA

653

17,8

1 berechnet mit durchschnittlichem Wechselkurs von 2022 (1 US$ = 20,13 mex$); 2 Veränderung auf mex$-Basis.Quelle: Wirtschaftsmagazin Expansión 2023

Auffällig ist die zunehmende Einbindung des mexikanischen Militärs (Secretaría de la Defensa Nacional, Sedena) in große öffentliche Infrastrukturprojekte seit dem Amtsantritt von López Obrador im Jahr 2018. Beispiele sind der Bau von landesweit 1.250 Niederlassungen des staatlichen Finanzinstituts Banco de Bienestar, der zweite Flughafen in Mexiko-Stadt (Aeropuerto Internacional Felipe Ángeles, AIFA), Teilstrecken des Eisenbahnprojekts Tren Maya sowie der neue internationale Flughafen in Tulum. Die Investitionen für die genannten Projekte belaufen sich auf mehrere Milliarden US-Dollar.

Die im Ranking von Obras Expansión aufgeführten Bauunternehmen gaben an, im Jahr 2022 rund 70 Prozent ihres Umsatzes mit privatwirtschaftlichen Projekten erwirtschaftet zu haben. Die restlichen 30 Prozent stammten aus Großprojekten der Zentralregierung, der Bundesstaaten oder aus öffentlich-privaten Partnerschaften.

Geschäftspraxis

Die Bearbeitung des mexikanischen Marktes ist aufwändig, da eine starke Präsenz und eine genaue Beobachtung des Geschehens notwendig sind, um Erfolg zu haben. Für die Geschäftsanbahnung ist ein frühzeitiger und kontinuierlicher Kontakt zu Regierungsstellen und Auftragnehmern von Bauprojekten ratsam. Nach Aussage deutscher Unternehmensvertreter sollte bereits in der Planungsphase Kontakt zu den zuständigen Behörden - wie etwa dem Transportministerium SCT - aufgebaut werden.

Es ist ratsam, dem Ingenieurbüro, das die Ausschreibung vorbereitet, das eigene Produkt vorzustellen. Nicht zuletzt ist auch der Kontakt zu den verantwortlichen Baufirmen wichtig, die häufig direkt aus Mexiko (CICSA, IDEAL etc.) oder aus Europa (Acciona México, Techint, Mota-Engil etc.) stammen. Für den geschäftlichen Erfolg ist die Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner sehr wichtig. Viele der im Land tätigen Bauunternehmen sind in der Baukammer CMIC organisiert, die rund 9.000 Mitgliedsunternehmen hat.

Mexiko schneidet im Korruptionsranking schlecht ab

Korruption ist ein großes Problem im mexikanischen Bausektor. Alfonso Carrillo von der Baukammer CMIC erklärte im Gespräch mit GTAI: "Unter dem ehemaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto ist die Korruption auf ein unerhörtes Maß angestiegen und unter der aktuellen Morena-Regierung hat sich daran nichts geändert - trotz der lautstarken Bekundungen von López Obrador." CMIC betreibt seit 2015 die Plattform Observatorio de la Industria de la Construcción, um gegen die Korruption im Bausektor anzugehen. "CMIC überwacht die Auftragsvergabe bei öffentlichen Ausschreibungen und kontrolliert den Baufortschritt sowie die Qualität des fertigen Bauwerks", erläutert Alfonso Carrillo, der bei CMIC für die Plattform zuständig ist. Auch Verstöße könnten über die Plattform gemeldet werden, so Carrillo.

Verschiedene Studien belegen das hohe Ausmaß der Korruption. Nach dem aktuellen Rechtsstaatlichkeitsindex des World Justice Project steht Mexiko weltweit auf Rang 115 von 140 untersuchten Ländern. In der Unterkategorie "Abwesenheit von Korruption" belegt Mexiko sogar nur Platz 134, schlechter noch als Venezuela (130). Auf dem Kontinent schneiden nur Bolivien und Haiti noch schlechter ab. Neben der direkten Projektvergabe sind auch die Enteignung benötigter Landflächen und die Erteilung von Baugenehmigungen von Korruption betroffen. Die Politik nimmt traditionell einen starken Einfluss, was sich in sehr kurzen Ausschreibungsfristen oder der Rücknahme bereits vergebener Aufträge äußern kann (siehe Flughafen Texcoco).

Öffentliche Ausschreibungen werden lückenlos im Amtsblatt Diario Oficial de la Federación (DOF) beziehungsweise auf der Beschaffungsseite des öffentlichen Sektors CompraNet veröffentlicht. Auch die Internetseiten der ausschreibenden Behörden und Ministerien (SCT, IMSS, ISSSTE, Conagua) sowie der Staatsunternehmen Pemex und CFE bieten Informationen zu Ausschreibungen. Da die aktuelle Regierung einige große Bauprojekte an das Militär übertragen hat, laufen viele Ausschreibungen für die Unterauftragnahme dieser Projekte über das Verteidigungsministerium Secretaría de la Defensa Nacional (Sedena).

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