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Rechtsbericht Niederlande Gesellschaftsrecht, übergreifend

Niederländische Kapitalgesellschaft wird digitaler

Die Digitalisierung der Praxis des Gesellschaftsrechts schreitet auch in den Niederlanden voran. Damit gehen deutliche Erleichterungen bei Gründung und Verwaltung einher.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Online-Gründung einer B.V. ist möglich

Eine B.V. (besloten vennootschap, vergleichbar einer deutschen GmbH) kann seit dem 1. Januar 2024 per Videolink gegründet werden. Damit setzen die Niederlande die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1151 in nationales Recht um. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gründer eine EU-Staatsangehörigkeit haben.

Zusätzlich zu den offensichtlichen Vorteilen der Online-Gründung gibt es eine weitere wichtige Erleichterung: Gründungsurkunde und Satzung können bei digitaler Gründung auch in englischer Sprache verfasst werden. Bei der physischen Gründung muss die niederländische Sprache verwendet werden. Entsprechendes gilt – jeweils – für Änderungen der Satzung.

Die Gründerinnen und Gründer weisen sich digital aus und unterzeichnen den Gesellschaftsvertrag mit einer qualifizierten digitalen Unterschrift. Auch eine Bevollmächtigung der Notariatsangestellten kann digital erfolgen. Soweit sie außerhalb der Niederlande ansässig sind, helfen die Vorschriften der europäischen eIDAS Verordnung bei der Abwicklung. Neben einem Computer mit Internetzugang ist ein Endgerät erforderlich, auf dem eine „ReadID“ Applikation installiert ist. Darüber hinaus muss von allen Gründerinnen und Gründern ein gültiger Pass oder Personalausweis eines EU-Mitgliedstaates vorliegen.

Allerdings wachsen die digitalen Bäume nicht in den Himmel: So können beispielsweise spätere Änderungen der Satzung nicht digital vorgenommen werden, sondern erfordern physische Anwesenheit. Außerdem ist zu bedenken, dass bei digitaler Gründung nur Bar- und keine Sacheinlagen möglich sind. Weitere Einschränkungen ergeben sich speziell für Gründungen von außerhalb der Niederlande: Es muss insbesondere bei der Gründung einer Tochtergesellschaft eine Bestätigung eines örtlichen Notars oder Rechtsanwalts vorliegen, aus der hervorgeht, dass die Geschäftsführer bevollmächtigt sind, für die Gesellschaft zu handeln. Schließlich: unter Umständen kann oder muss das Notariat eine physische Beurkundung verlangen, beispielsweise wenn ein Verdacht auf Identitätsdiebstahl besteht.

Hauptversammlungen können bald wieder digital sein

Seit dem Auslaufen des befristeten niederländischen COVID-19-Gesetzes am 1. Februar 2023 ist es juristischen Personen nicht mehr möglich, eine Mitgliederversammlung vollständig digital abzuhalten. Da jedoch während der COVID-19-Pandemie viele (positive) Erfahrungen mit vollständig digitalen Sitzungen gesammelt wurden, hat die Regierung – nach einer Konsultation und einer positiven Empfehlung des Staatsrats am 18. September 2023 – beschlossen, eine digitale Hauptversammlung künftig wieder zu ermöglichen (zusätzlich zu der bereits bestehenden Möglichkeit einer hybriden Hauptversammlung). Die neuen Regelungen werden voraussichtlich ab Januar 2025 greifen.

Geltung für bestimmte Gesellschaften

Die Möglichkeit soll es künftig insbesondere (Aufzählung nicht abschließend) geben für die

  • N.V. (naamloze vennootschap), die der deutschen Aktiengesellschaft ähnelt,
  • B.V. (besloten vennootschap), die der deutschen Gesellschaft mit beschränkter Haftung ähnelt,
  • Coöperatie, die der deutschen Genossenschaft ähnelt, sowie für die
  • Societas Europaea (SE) und die Societas Cooperativa Europaea (SCE) mit Hauptsitz in den Niederlanden. 

Eine vollständig digitale Hauptversammlung setzt allerdings voraus, dass die Satzung der Gesellschaft dies ausdrücklich zulässt. Die Satzungen der meisten juristischen Personen werden dies noch nicht explizit vorsehen. Möchte also eine juristische Person nach Inkrafttreten des Gesetzes künftig digitale Hauptversammlungen abhalten können, muss sie zunächst ihre Satzung ändern. Diese Hauptversammlung wird daher eine physische oder, soweit dies die Satzung zulässt, eine hybride Hauptversammlung sein.

Eine physische Versammlung soll so gut wie möglich widergespiegelt werden

Das Grundprinzip des Gesetzentwurfs über die digitale Hauptversammlung besteht darin, dass eine digitale Hauptversammlung so weit wie möglich ein Abbild der physischen Versammlung ist, und dass eine digitale Versammlung die gleichen oder materiell gleichwertige Voraussetzungen erfüllen muss wie eine physische Versammlung. Das bedeutet, dass die Gesellschafter beziehungsweise Aktionäre in vollem Umfang an der digitalen Versammlung teilnehmen können müssen, als wären sie physisch bei der Versammlung anwesend. Sie sollten in angemessener Weise Gelegenheit erhalten, Fragen zu stellen, und der Vorstand sollte sie nach bestem Wissen und Gewissen beantworten. Dies bedingt insbesondere folgende Anforderungen:

  • Die Einladung muss erklären, wie die elektronische Teilnahme funktioniert,
  • eine elektronische Abstimmung muss möglich sein,
  • die Teilnehmenden müssen in der Lage sein, sich (bidirektional) audio-visuell bemerkbar zu machen und sich zu verständigen,
  • die Teilnehmenden müssen klar identifizierbar sein.

Ob (und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen) die Mitgliederversammlung vollständig digital stattfindet, kann der Vorstand entscheiden, wenn er durch die Satzung der Gesellschaft dazu ermächtigt ist. Natürlich können die betroffenen juristischen Personen auch bestimmen, dass digitale Hauptversammlungen nicht möglich sind, oder dass die Möglichkeit einer digitalen Versammlung für bestimmte Beschlüsse ausgeschlossen ist. 

Ladung zur Versammlung

N.V.s, die nicht börsennotiert sind, können zur Hauptversammlung auch zukünftig über ihre Webseite oder mit einer Anzeige in einer landesweit erscheinenden Zeitung einladen. B.V.s, die nicht börsennotiert sind, können bei Einverständnis der Anteilseigner die Einladungen auch per E-Mail versenden. Das gilt auch für Namensaktien von N.V.s. 

Das Gesetz wurde als Entwurf am 15. Januar 2024 dem Parlament übermittelt. Angestrebt ist das Inkrafttreten zum 1. Januar 2025.

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