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Rechtsbericht | Niederlande | Arbeitsrecht

Arbeitsrecht

Das niederländische Arbeitsrecht ist teilweise komplexer als das deutsche. Im Zweifel sollte bei Abschluss eines Arbeitsvertrags ein Anwalt hinzugezogen werden.

Von Karl Martin Fischer | Bonn

Gesetzliche Regelungen auf einen Blick
Mindestlohn: Es gibt einen altersabhängigen gesetzlichen Mindestlohn; für Arbeitnehmer ab 21 Jahren beträgt dieser 14,40 Euro pro Stunde (seit 1. Juli 2025)
Arbeitsstunden pro Woche: 38 bis 40 Stunden in der Regel bei Vollzeitbeschäftigung; Teilzeit kommt häufig vor
Regelarbeitstage pro Woche: Gemäß Tarif- oder Arbeitsvertrag
Zulässige Überstunden: Branchenabhängig
Bezahlte Feiertage: Gemäß Tarif- oder Arbeitsvertrag
Bezahlte Urlaubstage: Mindestens das Vierfache der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit; oft greifen tarifvertragliche Regelungen
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. Gehalt oder 13. und 14. Gehalt): Gesetzliches Urlaubsgeld; 8 Prozent des gedeckelten Bruttojahreslohnes; oft greifen tarifvertragliche Regelungen
Tage mit bezahltem Arbeitsausfall: Gemäß Absprache der Vertragsparteien; im Übrigen dem Grunde nach, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsausfall zu vertreten hat
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit: 104 Wochen lang mindestens 70 Prozent des Bruttogehalts (nach unten und nach oben gedeckelt)
Probezeit: Ein oder zwei Monate, abhängig von der Dauer des Arbeitsvertrags
Quelle: Rijksoverheid 2025; Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

Die folgenden Angaben stellen eine Erstinformation zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Rechtspraxis dar. Germany Trade & Invest bietet keine weiterführende Rechtsberatung hinsichtlich der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen oder arbeitsrechtlicher Einzelfälle an.

Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird hauptsächlich durch Buch 7 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (Burgerlijk Wetboek; BW) geregelt.

Weitere wichtige niederländische Gesetze, die auf Arbeitsverhältnisse anwendbar sind, sind:

Auch Tarifverträge (Gesamtarbeitsverträge) sind eine wichtige Quelle für die Regelung, die auf Arbeitsverhältnisse Anwendung finden kann.

Vertragsabschluss

Arbeitsverträge können schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer jedoch schriftlich oder elektronisch über die Arbeitsbedingungen informieren, und zwar innerhalb einer Woche oder eines Monats nach Beginn des Arbeitsverhältnisses, siehe Richtlinie (EU) 2019/1125.

Arbeitsverträge können (i) unbefristet, (ii) befristet für einen bestimmten Zeitraum oder (iii) für eine bestimmte Aufgabe geschlossen werden. Ohne besondere Vereinbarung wird ein unbefristeter Arbeitsvertrag angenommen.

Die Verwendung befristeter Verträge ist begrenzt möglich. Wenn mehr als drei befristete Verträge aufeinander folgen, oder wenn die Dauer aufeinanderfolgender Verträge drei Jahre überschreitet, gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet. Wird die Befristungskette um einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten unterbrochen, beginnt sie erneut.

Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Arbeitszeit 

Artikel 5:7 des Arbeitszeitgesetzes besagt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 18 Jahren maximal zwölf Stunden und nicht mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. Während einer Referenzperiode von 16 aufeinanderfolgenden Wochen darf ein Arbeitnehmer im Schnitt nicht mehr als 48 Stunden pro Woche arbeiten. Dabei muss eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden pro Tag eingehalten werden.

Überstunden

Einen gesetzlichen Anspruch auf Vergütung von Überstunden gibt es in den Niederlanden nicht. Allerdings enthalten Tarifverträge häufig entsprechende Regelungen. Andererseits können Arbeitsverträge besagen, dass angemessene Überstunden Teil der Arbeit sind und das Gehalt einen Ausgleich dafür leistet. Dies darf aber nicht dazu führen, dass der durchschnittliche Stundenlohn unter den gesetzlichen Mindeststundenlohn (zum 1. Juli 2025 sind das 14,40 Euro) fällt.

Urlaub

Arbeitnehmer haben Anspruch auf einen Mindestjahresurlaub in Höhe des Vierfachen ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Daraus ergibt sich ein gesetzlicher Urlaubsanspruch von 20 Tagen für eine Vollzeitbeschäftigung. Der Urlaub gilt bis zum 1. Juli des Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem er erworben wurde. Die meisten Arbeitgeber bieten zusätzliche Urlaubstage an, die fünf Jahre lang gültig bleiben.

Krankheit und Krankengeld

Arbeitnehmer, die krankheitsbedingt nicht arbeiten können, haben während eines Zeitraums von bis zu 104 Wochen Anspruch auf eine Lohnfortzahlung in Höhe von mindestens 70 Prozent ihres Lohns. Es ist verboten, Arbeitnehmer während der Krankheit bis zum Ablauf der 104 Krankheitswochen zu kündigen.

Familienfreundliche Rechte

Schwangere Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf 16 Wochen Schwangerschafts- und Mutterschaftsurlaub, in denen ihr Gehalt fortgezahlt wird. Eltern können während der ersten acht Lebensjahre auch Elternzeit in Höhe des 26-Fachen der wöchentlichen Arbeitszeit nehmen. Dabei haben sie während der neunwöchigen Elternzeit, die im ersten Jahr nach der Geburt ihres Kindes zu nehmen ist, einen gesetzlichen Anspruch auf 70 Prozent ihres Lohns. Für die meisten dieser Leistungen erhalten Arbeitgeber (teilweisen) Ersatz von der niederländischen Behörde für Arbeitnehmer­versicherungen UWV (Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen).

Vertragsbeendigung

Ordentliche Kündigung 

Artikel 7:669 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BW) besagt, dass der Arbeitgeber einen triftigen Grund für die Entlassung benötigt. In Absatz 3 werden im Wesentlichen die folgenden triftigen Gründe genannt:

  • der Abbau von Arbeitsplätzen aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens;

  • eine Krankheit des Arbeitnehmers hat 104 Wochen gedauert und eine Genesung innerhalb von 26 Wochen ist unwahrscheinlich;

  • häufige Abwesenheit aufgrund von Krankheit;

  • schlechte Leistung;

  • schuldhaftes Verhalten.

Die Kündigung muss zum Monatsende efolgen. Wird eine Kündigung auf eine der ersten beiden Gründe gestützt (betriebsbedingt, krankheitsbedingt), kann nur mit Zustimmung der UWV gekündigt werden. Für die anderen Kündigungsgründe benötigt der Arbeitgeber im Regelfall die Zustimmung des Arbeitnehmers (Artikel 7:671 BW). Fehlt diese, kann bei dem zuständigen Gericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt werden.

Fristlose Kündigung

Die fristlose Kündigung muss unverzüglich erfolgen, nachdem der Arbeitgeber Kenntnis von einem dringenden Grund erlangt hat, der die fristlose Kündigung rechtfertigt, oder zumindest so bald wie möglich danach (Artikel 7:677 BW).

Eine fristlose Kündigung kann beispielsweise gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer:

  • den Arbeitgeber beim Vertragsabschluss getäuscht hat;

  • Straftaten zu Lasten des Arbeitgebers begeht – zum Beispiel Diebstahl, Unterschlagung;

  • den Arbeitgeber, dessen Familie oder Arbeitskollegen beschimpft, beleidigt oder bedroht;

  • sich beharrlich weigert, angemessene Weisungen auszuführen.

Abfindung

Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine Übergangsentschädigung (transitievergoeding), wenn ihr Arbeitsvertrag gekündigt oder nicht verlängert wird. Das Übergangsgeld beträgt ein Drittel des Monatsgehalts pro ganzem Jahr, gerechnet ab dem ersten Arbeitstag des Arbeitnehmers. Genaueres hierzu hält ein Internet-Rechentool der Gewerkschaft FNV bereit.

Die maximale Übergangsentschädigung beträgt 98.000 Euro (ab 1. Januar 2025) oder ein Jahresgehalt, wenn sie diesen Betrag übersteigt.

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