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Special | Nigeria | Start-ups

Erfolgsgeschichten trotz vieler Herausforderungen

Nigeria hat sich zum Zentrum der afrikanischen Start-up-Szene entwickelt. Vor allem Tech-Unternehmen sind erfolgreich.

Von Corinna Päffgen | Accra

  • Steckbrief Start-ups in Nigeria

    Die nigerianische Start-up-Szene gehört zu den dynamischsten in Afrika. Trotz vieler Herausforderungen zeigt sich das Ökosystem widerstandsfähig und wachstumsorientiert.

  • Nigerias Ökosystem gehört zu den besten in Afrika

    In der Metropolregion Lagos finden Start-ups ein großes Unterstützungsnetzwerk. Hier sind auch die meisten Einhörner Afrikas angesiedelt.

    Die nigerianische Start-up-Szene gehört, trotz vieler Herausforderungen, zu den dynamischsten in Afrika. Das westafrikanische Land zählt zu den sogenannten Big Four, zu denen neben Nigeria auch Südafrika, Kenia und Ägypten gehören. Die vergangenen zwei Jahre waren wirtschaftlich besonders turbulent, sämtliche Unternehmen hatten mit hoher Inflation, steigenden Zinsen und einer starken Abwertung der lokalen Währung Naira zu kämpfen. Trotzdem hat sich Nigeria nach dem Global Startup Ecosystem Index 2025 nur um zwei Plätze verschlechtert und ist auf Rang 66 von 100 gerutscht. Im afrikanischen Vergleich gehört Nigeria hinter Südafrika, Kenia und Ägypten zu den vier am besten bewerteten Ländern. Die Stadt Lagos belegt im afrikanischen Vergleich Platz 1 und gehört international zu den Top 100.

    Start-up Sektor wächst seit Jahren

    Nigerias Start-up-Sektor entwickelt sich seit etwa 15 Jahren rasant. Ein besonderer Unternehmens- und Gründergeist sowie eine hohe Technikaffinität zeichnet die vor allem jungen Entrepreneure aus. Lagos beherbergt die meisten Start-ups, gefolgt von Abuja, Ibadan, Kano und Ada. Die Wirtschaftsmetropole Lagos bietet gute Bedingungen für Jungunternehmen, hier gibt es die meisten Inkubatoren und Acceleratoren sowie zahlreiche Tech- und IT-Firmen.

    Daneben spielen Universitäten und der Aufbau von Netzwerken eine wichtige Rolle. Vor allem drei Universitäten stechen in Bezug auf Absolventen als erfolgreiche Start-up-Gründer hervor: Die Obafemi Awolowo University (OAU) im Bundesstaat Osun, die Covenant University (CU) im Bundesstaat Ogun und die University of Lagos (UNILAG)

    Kontakte können Gründer zudem in den zahlreichen Hubs und Communities knüpfen. Die Google Developer Group Lagos ist eine Community, bei der sich Entwickler, Designer und Tech-Enthusiasten regelmäßig treffen, um sich zu Google-Produkten und -Plattformen auszutauschen.

    Seit dem Jahr 2022 gibt es zudem ein Gesetz, das die Rahmenbedingungen für Start-up-Unternehmen weiter verbessert. Unter bestimmten Voraussetzungen erhalten Jungunternehmen eine offizielle Zulassung und ein Label als Start-up und damit eine spezielle Förderung. Zudem wurde ein eigener Seed-Fonds eingerichtet und die Unterstützung akademischer Einrichtungen, die auf Gründungsentwicklung ausgerichtet sind, ausgebaut. Ein neu gegründetes Portal soll registrierte Start-ups und registrierte Unterstützer, wie Risikokapitalgeber, Angel-Investoren, Acceleratoren, Inkubatoren und Innovationszentren sowie zivilgesellschaftliche Organisationen miteinander verbinden.

    Auswahl an Inkubatoren und Acceleratoren in Nigeria
    NameFokusAnmerkungen
    Co-creation HUBInkubator, Accelerator, Community, FundingBietet Pre-Inkubator-, Inkubator- und Accelerator-Programme an.
    MEST (Meltwater Entrepreneurial School of Technology)Accelerator, FundingFokus auf E-Commerce, Digital-Media, Agritech, Fintech und Healthtech. Bietet Accelerator-Programm an.
    Google for Start-upsAcceleratorFokus auf maschinelles Lernen und KI.
    ItannaAccelerator, FundingFokus auf Tech-Unternehmen.
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Tech-Unternehmen boomen

    Der niedrige Entwicklungsstand in sämtlichen Infrastrukturbereichen, im Gesundheitssektor und bei Dienstleistungen bietet ein großes Potenzial für innovative Lösungen. Vor allem in den Bereichen Fintech, Healthtech, Agritech und E-Commerce sind die meisten Start-up-Unternehmen aktiv. Sie entwickeln digitale Lösungen, die Herausforderungen in wichtigen Branchen wie in der Landwirtschaft, im Gesundheits- und Finanzdienstleistungssektor erleichtern oder mit deren Hilfe Probleme im Alltag bewältigt werden können.

    Fintechs machen nicht nur den größten Anteil an Start-ups aus, sie konnten auch mit einem Anteil von rund 70 Prozent im Jahr 2024 erneut die meisten Gelder generieren. Dies geht aus dem Africa Tech Venture Capital Report 2024 von Partech hervor. Fintech-Unternehmen sind so erfolgreich, weil vielerorts die Menschen kaum Zugang zum Finanzsektor haben. So verfügen die meisten Nigerianer weder über ein Bankkonto noch über eine Versicherung. Agritech-Unternehmen adressieren oft Herausforderungen der Ernährungssicherheit und Ineffizienzen in der Lieferkette. Start-ups wie ThriveAgric und Tomato Jobs stärken Kleinbauern durch Technologien, indem sie Saatgut und Schulungen anbieten und den Zugang zu Märkten erleichtern.

    Neu und vielversprechend sind Lösungen für den Bausektor. Das neue Start-up Cutstruct hat einen Marktplatz für die Beschaffung von Baumaterialen entwickelt, der es Käufern wie Immobilienentwicklern und Bauunternehmern ermöglicht, geprüfte Anbieter zu beauftragen und gleichzeitig weitere Dienstleistungen wie Transporte und Transportversicherungen zu nutzen. Im Jahr 2022 sammelte das Unternehmen 0,6 Millionen US-Dollar (US$) an Pre-Seed-Finanzierung ein und schloss 2025 eine Seed-Runde über zusätzlich 1,5 Millionen US$ ab.

    Nigeria hat zwei neue Unicorns

    Einige Start-ups sind sogar so erfolgreich, dass sie einen Einhorn-Status erlangt haben, also eine Marktbewertung von 1 Milliarde US$. Fünf der insgesamt neun Unicorns auf dem afrikanischen Kontinent stammen aus Nigeria. Das erste Einhorn Afrikas und wohl bekannteste Start-up Nigerias war Jumia auch Amazon Afrikas genannt. Es wurde im Jahr 2012 gegründet und startete im Bereich Onlinehandel. Mittlerweile hat Jumia jedoch seinen Status als Einhorn verloren.

    Weitere nigerianische Einhörner wie Interswitch, Flutterwave und OPay bieten digitale Dienstleistungen, die über das Mobilfunktelefon abgewickelt werden können. Andela ist ein Start-up, dass einen Marktplatz für die Jobvermittlung für Talente im Technologiebereich anbietet. Das Fintech-Unternehmen Moniepoint ist seit 2024 das neueste Einhorn in Nigeria. Es bietet digitale Zahlungsmöglichkeiten, Kredit-, Banking- und Buchhaltungslösungen an. 

    Top Start-ups in NigeriaIn Millionen US-Dollar
    Name

    Kapitalbeschaffung

    Branche

    Jiji

    63,0

    Marketing & Sales, Adtech
    Opay

    570,0

    Fintech
    Palmpay

    140,0

    Fintech
    Moove

    369,2

    Mobility Fintech
    Autochek

    16,5

    Transportation, Automotive
    Phoenix

    k.A.

    Marketing & Sales
    TeamApt

    85,5

    Fintech
    uLesson

    73,7

    Edtech
    Ranking basiert auf Kapitalbeschaffung, Traffic und Mitarbeiterzahl.Quelle: StartupBlink 2025

  • Nigeria ist beliebtes Ziel für Risikokapital

    Nigeria baut die Förderung für Start-ups aus. Der Zugang zur Finanzierung ist vor allem in der Anfangsphase eine Herausforderung.

    Start-ups in Nigeria werden überwiegend privat finanziert, Bankkredite sind angesichts hoher Zinsen von oftmals 30 Prozent und mehr eher unüblich. Lokale Investoren sind vor allem in der Frühphase aktiv. Das Kapital bei großen Investitionen kommt hingegen regelmäßig aus dem Ausland, vor allem aus den USA. Der nigerianische Start-up-Sektor hat sich in den vergangenen Jahren international einen guten Ruf aufgebaut. Im Jahr 2024 konnte das Land das meiste Risikokapital in Afrika anziehen.

    Start-ups sammeln wieder kräftig Kapital ein

    Wie bereits im Jahr 2023 konnten nigerianische Jungunternehmen im Jahr 2024 erneut im afrikanischen Vergleich das meiste Risikokapital auf sich vereinen, insgesamt 520 Millionen US$. Über 101 Deals an Risikokapital konnten nigerianische Tech-Start-ups abschließen. Am meisten Kapital haben Fintechs erhalten, gefolgt von den Bereichen E-Commerce, Cleantech und Healthtech. Bei der Akquise von Fremdkapital ist Nigeria nicht länger unter den besten vier, sondern wurde von Ghana überholt. Insgesamt konnte Nigeria im Jahr 2024 über elf Deals 69 Millionen US$ an Fremdkapital mobilisieren. Dies geht aus dem Africa Tech Venture Capital Report 2024 von Partech hervor.

    Insgesamt 17 Prozent des Finanzierungsvolumens wurden in Seed-Runden, 15 Prozent des Kapitals in Serie-A-Runden akquiriert. Das Start-up Moove konnte 110 Millionen US$ in einer Serie-C Runde einsammeln. Die zweite der beiden größten Finanzierungsvereinbarungen, mit ebenfalls 110 Millionen US$, konnte das neue Unicorn Moniepoint abschließen.

    Weitere Start-ups, die hohe Summen einsammeln konnten, waren YellowCard (33 Millionen US$), Konexa (18 Millionen US$), Tomato Jobs (12,2 Millionen US$), Beacon Power Services (12 Millionen US$), Field (11 Millionen US$), OmniRetail (10 Millionen US$), Zone (8,5 Millionen US$) und Waza (8 Millionen US$).

    Mehr inländische Fördermöglichkeiten für Start-ups geschaffen

    Gerade in der Anfangsphase (Pre-Seed und Seed-Phase) ist es für Start-ups herausfordernd, Kapital zu akquirieren. Hier gibt es vermehrt Angebote privater und öffentlicher Initiativen, die Unternehmertum vor allem von jungen Menschen fördern. Mit dem YouWiN! (Youth Enterprise With Innovation In Nigeria) Connect Nigeria Programm des nigerianischen Bundesfinanzministeriums und dem Youth Entrepreneur Support (YES) Programm der Bank of Industry werden junge Menschen bei der Umsetzung ihrer Geschäftsideen unterstützt. 

    Das Lagos Angel Network ist eine Community von Business Angels, die Start-ups Finanzierungen in den Pre-Seed- und Seed-Phasen anbieten sowie als Mentoren zur Seite stehen. Darüber hinaus bieten Inkubatoren und Acceleratoren mit eigenen Programmen auch oft Finanzierungsmöglichkeiten an. Seit 2022 existiert zudem der staatliche Seed-Fonds, der qualifizierte Start-ups mit Zuschüssen und Darlehen unterstützt.

    Die internationale Entwicklungszusammenarbeit unterstützt ebenfalls durch einige Initiativen und Kollaborationen lokale Start-ups. Dazu gehört neben den japanischen und kanadischen Entwicklungsagenturen JICA und CIDA die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). So setzt die GIZ im Auftrag der EU und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Nigeria Digital Transformation Center um, das Start-ups unter anderen mit einem Accelerator-Programm unterstützt. Darüber hinaus gibt es beispielsweise die Gründungsinitiative WIN NRW.Africa des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen, das in Kooperation mit der GIZ umgesetzt wird und deutsche und nigerianischen Start-ups miteinander vernetzt.

    Von Corinna Päffgen | Accra

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