Ein erfolgreicher Exit und das Engagement von Investoren zeigen: In den USA finden deutsche Start-ups ein ideales Umfeld – unterstützt durch Förderinitiativen und starke Netzwerke.
Der US-Markt gilt für deutsche Start-ups als besonders attraktiv, nicht nur wegen seiner Größe, sondern auch wegen des dynamischen Finanzierungsumfelds. Doch wer erfolgreich sein will, sollte eine klare Reihenfolge einhalten: zuerst die Kundenbasis entwickeln und anschließend Investoren gewinnen.
Diese Vorgehensweise empfiehlt sich besonders für Start-ups in der Frühphase. Wie das geht, zeigen die Beispiele Hornetsecurity und Parloa. Beide Unternehmen behalten ihren Hauptsitz in Deutschland und steuern von dort aus ihre internationale Expansion.
Internationalisierung als Exitstrategie
Das Cybersecurity-Unternehmen Hornetsecurity wird für über 1 Milliarde US-Dollar (US$) vom kalifornischen IT-Sicherheitskonzern Proofpoint übernommen. Dies gaben die Hannoveraner Mitte Mai 2025 bekannt. Der Kauf ist einer der größten Tech-Exits in der deutschen Start-up-Geschichte.
Hornetsecurity bietet cloudbasierte Sicherheitslösungen für Microsoft-365-Umgebungen. Das Kernprodukt "365 Total Protection" richtet sich an IT-Dienstleister und kombiniert E-Mail-Sicherheit, Back-up, Schutz vor Domain-Betrug und Zugriffskontrolle. Das Unternehmen hat weltweit rund 700 Mitarbeiter, davon etwa 130 am Stammsitz in Hannover.
Den Sprung auf den US-Markt ermöglichte auch der German Accelerator, der deutsche Start-ups bei der Internationalisierung unterstützt. Ein wichtiger Schritt, aus dem eine Niederlassung in Pittsburgh (Pennsylvania) hervorging. "Die Bandbreite der personenzentrierten Risiken wird immer größer. Der Zusammenschluss mit Proofpoint ist daher ein natürlicher nächster Schritt auf unserem Weg, das stärkste globale Angebot an M365-Sicherheitsdienstleistungen aufzubauen", so CEO Daniel Hofmann.
Mit Kapital der norwegischen Investmentfirma Verdane sowie der US-Investoren PSG Equity und TA Associates finanzierte Hornetsecurity sein Wachstum und die internationale Expansion – und legte damit den Grundstein für die spätere Milliardenbewertung.
Markterfolg durch technologische Differenzierung
Ein anderes Feld, aber ebenfalls mit globalem Potenzial, beackert das 2018 in Berlin gegründete Start-up Parloa: Es entwickelt KI-Agenten, um Telefon- und Chatdialoge im Kundenservice zu automatisieren. Seit dem Markteintritt in den USA im Jahr 2023 – begleitet vom German Accelerator – geht es steil bergauf. Bereits nach sechs Monaten gewann Parloa erste Kunden aus den Top 200 der größten US-Konzerne.
Im April 2024 sammelte das Unternehmen in einer Series-B-Finanzierungsrunde 66 Millionen US$ ein. Angeführt wurde die Runde vom renommierten US-Investor Altimeter Capital, beteiligt waren EQT Ventures und Mosaic Ventures. Mit rund 98 Millionen US$ zählt Parloa zu den bestfinanzierten europäischen Anbietern im Bereich KI-gestützter Kommunikationslösungen.
Parloa arbeitet eng mit Microsoft Azure sowie PwC und KPMG zusammen. Die KI erkennt Anliegen, beantwortet häufig gestellte Fragen, übernimmt Bestellungen und unterstützt beim Cross- und Upselling. Für CEO Malte Kosub steht fest: "Wir wollen Automatisierung menschlicher machen." Mit rund 250 Mitarbeitern in Berlin, München und New York sowie dem anhaltenden KI-Boom ist Parloa auf Wachstumskurs.
Deutsche Partner stehen Start-ups bei der Internationalisierung zur Seite
Die Beispiele Hornetsecurity und Parloa zeigen, dass der German Accelerator eine wichtige Anlaufstelle für deutsche Start-ups ist. "Weltweit haben bisher mehr als 1.200 Start-ups an unseren Programmen teilgenommen und über 16,7 Milliarden US$ an Finanzierungsvolumen eingesammelt", sagt Christian Joerg, COO Americas bei Start2 Group, die das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) geförderte Gründerprogramm German Accelerator umsetzt. In den USA unterstützt der German Accelerator in den Hubs New York, Silicon Valley und Boston mit Know-how und Mentoring.
Eine weitere wichtige Anlaufstelle ist die AHK USA - San Francisco. Mithilfe eines Netzwerks an Experten hilft die Kammer den Firmen, Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.
"Wenn deutsche Unternehmen ins Silicon Valley reisen, geht es nicht um schnelle Deals", erklärt Sven-Thorsten Potthoff, Geschäftsführer der AHK USA – San Francisco. "Es geht darum, zu verstehen, wie Tech-Pioniere durch radikale Kundennähe, schnelles Experimentieren und den Mut zum Wandel Innovationen vorantreiben und erfolgreich auf den Markt bringen. Dieses einzigartige 'Silicon Valley Mindset' lässt sich direkt auf eigene Transformationsprozesse und Innovationsprojekte übertragen – und ist häufig der entscheidende Hebel, um wirklich zukunftsfähig zu bleiben."
Um dieses Denken erlebbar zu machen, veranstaltet die AHK regelmäßig Innovationstouren, die Einblicke in zukunftsweisende Technologien, moderne Innovationsmethoden und konkrete Anwendungsbeispiele ermöglichen – insbesondere im Bereich künstliche Intelligenz.
Wagniskapital, Innovation und Wissenschaftskooperation: Impulse aus dem Silicon Valley
Ein weiteres zentrales Thema für deutsche Unternehmen: Wie gelingt es US-Firmen, gerade in der Wachstumsphase zügig große Summen an Wagniskapital einzuwerben? Auch dafür liefern Gespräche mit Gründern, Kapitalgebern und Innovationsverantwortlichen vor Ort wertvolle Einblicke.
Beim InnovationCamp BW erleben die Teilnehmer, wie disruptive Geschäftsmodelle und Zukunftstechnologien aus dem Silicon Valley ganze Branchen verändern – und wie sich daraus Handlungsimpulse für das eigene Unternehmen ableiten lassen. Während des Programms werden die Teilnehmenden tief in das Ökosystem eingeführt, arbeiten an realen Digitalisierungsherausforderungen – unterstützt von erfahrenen Mentoren. Die AHK ist dabei Umsetzungspartner der vom Land Baden-Württemberg geförderten Initiative.
Auch die Kooperation mit Forschungseinrichtungen steht im Fokus. "Wir fördern forschungsbasierte Ausgründungen aus der Wissenschaft durch gezielte Vernetzung, Policy-Beratung und internationales Matchmaking", sagt Zahar Barth-Manzoori, Direktorin des Deutschen Wissenschafts- und Innovationshauses (DWIH) in San Francisco.
Innovationstour USA – künstliche Intelligenz im Silicon Valley
Vom 17. bis 21. November 2025 führt das Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft in San Francisco (AHK) im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE) eine Innovationstour ins Silicon Valley durch. Zielgruppe sind kleine und mittlere Unternehmen aus Deutschland.
Für deutsche Unternehmen bietet die einwöchige Innovationstour die ideale Gelegenheit, konkrete KI-Anwendungen zu erleben, mit Innovatoren ins Gespräch zu kommen und wertvolle Impulse für die eigene Unternehmensstrategie zu gewinnen. Entdecken Sie, wie KI die Geschäftsprozesse transformiert – und wie Sie dieses Wissen in Ihrem Unternehmen nutzen können, um Ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken. Erleben Sie künstliche Intelligenz dort, wo sie entsteht – im Silicon Valley!
Von Heiko Stumpf,
Kerstin Coates
|
San Francisco