Die Start-up-Szene in Katar boomt: 2024 stiegen die VC-Investitionen um 135 Prozent. Besonders Fintech ziehen Kapital an – mit Chancen für deutsche Unternehmen.
Die Start-up-Szene in Katar verzeichnete im Jahr 2024 ein deutliches Wachstum. Das Emirat hob sich damit von einem allgemeinen Rückgang der Risikokapitalinvestitionen in der MENA-Region (Middle East and North Africa) ab. Laut Analyseinstitut MAGNiTT stiegen die Risikokapitalinvestitionen um etwa 135 Prozent auf 31,6 Millionen US-Dollar (US$). Die Anzahl der Venture-Capital-Deals nahm um 24 Prozent auf 31 zu.
Im regionalen Vergleich liegt Katar hinter Saudi-Arabien (750 Millionen US$, 178 Deals) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE, 613 Millionen US$, 188 Deals). Für deutsche Start-ups ergeben sich Chancen insbesondere in weniger umkämpften Nischen. Zugleich erfordert die geringe Marktgröße mit einer Bevölkerung von rund 3 Millionen Menschen eine klare strategische Ausrichtung. Eine Expansion in andere Staaten des Golfkooperationsrats (Gulf Cooperation Council; GCC) kann helfen, das begrenzte Wachstumspotenzial vor Ort zu kompensieren.
"Für uns ist Katar der perfekte Ausgangspunkt, um auch in andere GCC-Staaten wie Saudi-Arabien oder die VAE zu expandieren", betont Matthias Klein, Geschäftsführer eines deutschen Technologie-Start-ups, das sich in Doha niederlassen will.
Bedarf an internationalem Know-how steigt
Lokale Unternehmen dominierten bisher die Innovationslandschaft Katars. Laut MAGNiTT entfielen im Jahr 2024 rund 63 Prozent der Venture-Capital-Investitionen auf katarische Start-ups. Internationale Firmen sind bislang nur vereinzelt erfolgreich.
Dennoch wächst der Bedarf an ausländischer Expertise insbesondere in technologisch anspruchsvollen Branchen wie Finanztechnologien (Fintech), da es lokal noch an spezifischen Erfahrungen und etablierten Geschäftsmodellen mangelt. Gerade in innovativen Technologien ist Katar auf externe Partner angewiesen. Deutsche Firmen bringen hier oft genau das Know-how mit, das benötigt wird, berichten Branchenkenner.
Die starke Entwicklung des Fintech-Sektors in Katar zeigte sich im Jahr 2024. Das Start-up-Segment zog etwa 40 Prozent aller Risikokapitalinvestitionen auf sich. Der Bereich wuchs gegenüber dem Vorjahr um 581 Prozent. Besonders gefragt sind digitale Zahlungslösungen, Finanzmanagement-Apps und Online-Banking-Systeme. Jedoch sind erfolgreiche Beispiele bisher hauptsächlich lokale Firmen wie KARTY, Spendwisor und SponixTech.
Förderprogramme setzen Schwerpunkt auf lokale Firmen
Die katarische Regierung fördert Start-ups aktiv mit Programmen wie dem Startup Qatar Investment Program und dem Arab Entrepreneurs Investment Program. Die Qatar Development Bank (QDB) investierte von 2015 bis 2024 rund 83 Millionen US$ in solche Initiativen und Kooperationen mit internationalen Einrichtungen wie dem Alchemist Accelerator. Ziel ist es, technologische Innovationen zu fördern und den Standort international wettbewerbsfähiger zu machen.
Übersicht staatlicher Förderprogramme in Katar
Inkubatoren und Acceleratoren wie das Qatar Business Incubation Center (QBIC), der Qatar FinTech Hub (QFTH), der Qatar Science & Technology Park (QSTP) und der Alchemist Doha Accelerator unterstützen Start-ups bei der Geschäftsentwicklung und Vernetzung.
Allerdings profitieren insbesondere lokale Start-ups stärker von diesen Angeboten. Internationale Unternehmen benötigen häufig starke lokale Partnerschaften, um diese Vorteile ebenfalls effektiv nutzen zu können. "Die Zusammenarbeit mit einem Inkubator wie dem QBIC ist entscheidend für unsere Entscheidung, in Katar unser Unternehmen aufzubauen. Wir brauchen eine direkte Verbindung zu lokalen Investoren und Märkten“, betont Matthias Klein weiter.
Spezifische Kompetenzen erleichtern Markteintritt
Deutsche Start-ups, die in Katar Fuß fassen wollen, stehen vor mehreren Herausforderungen. Eine zentrale Schwierigkeit besteht in der bevorzugten staatlichen Unterstützung lokaler Unternehmen. Das erschwert internationalen Firmen den direkten Zugang zu Fördermitteln und lokalen Netzwerken, wie Länderexperten hervorheben.
Diese Vorgehensweise folgt einer bewussten politischen Strategie, um die lokale Wirtschaft gezielt zu diversifizieren und den Anteil katarischer Staatsangehöriger in der Privatwirtschaft zu erhöhen.
Dennoch ist Katar für technisches Know-how aus dem Ausland offen, besonders in anspruchsvollen Branchen wie Fintech und digitalen Lösungen. Technologisches Fachwissen aus Deutschland gilt daher als entscheidender Erfolgsfaktor. "Gerade weil die Regierung lokale Firmen bevorzugt, müssen ausländische Start-ups spezifische Kompetenzen mitbringen, die hier noch fehlen", erläutert Matthias Klein.
Neben technischer Expertise spielen kulturelle Anforderungen und geschäftliche Gepflogenheiten eine wesentliche Rolle. Persönliche Beziehungen und langfristiges Vertrauen sind zentrale Aspekte des Geschäftserfolgs in Katar. Deutsche Unternehmen sollten deshalb gezielt in den Aufbau und die Pflege solcher Beziehungen investieren.
Hinzu kommen komplexe regulatorische Abläufe. Besonders bei Lizenzierungen und Genehmigungsverfahren müssen deutsche Firmen mit langwierigen und detaillierten Prüfprozessen rechnen.
"Die Erteilung einer Betriebslizenz kann mehrere Monate dauern, da die Dokumente umfangreich geprüft und Genehmigungen oft mehrstufig erteilt werden", erklärt Matthias Klein aus eigener Erfahrung. "Es ist daher dringend ratsam, solche Prozesse frühzeitig zu planen und lokale Experten einzubeziehen."
Wer in Katar langfristig erfolgreich sein will, braucht mehr als ein gutes Produkt: Neben technologischem Know-how sind fundierte Kenntnisse über Marktmechanismen, lokale Gepflogenheiten und administrative Rahmenbedingungen unerlässlich. Nur so lassen sich die Herausforderungen des Markteintritts effektiv meistern und langfristige Erfolge sicherstellen.
Wichtige Hinweise für deutsche Start-ups in Katar
- Finanzierung & Netzwerke: Nutzen Sie das Startup Qatar Investment Program und das Arab Entrepreneurs Investment Program zur Frühphasenfinanzierung und wichtige Kontakte.
- Beziehungen aufbauen: Vernetzen Sie sich aktiv mit katarischen Unternehmen bei lokalen Events wie dem Qatar Economic Forum oder dem Web Summit Qatar.
- Vertrauensbildung: Investieren Sie Zeit in den Aufbau persönlicher Kontakte, da Geschäftsbeziehungen stark vom gegenseitigen Vertrauen geprägt sind.
- Prozessplanung: Kalkulieren Sie ausreichend Vorlaufzeit für zeitaufwändige regulatorische Abläufe und Prozesse ein.
- Expertenrat: Ziehen Sie frühzeitig spezialisierte Berater wie die AHK Katar hinzu, um den Markteintritt zu erleichtern.
Von Heena Nazir
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Dubai