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Branchen | Nordamerika | Flugverkehr

Luftverkehrsmarkt in den USA wächst langsam, aber stetig

Nordamerika bleibt ein führender Abnehmer von Passagierflugzeugen. Relativ stark werden kleinere Maschinen nachgefragt.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Der zivile Luftverkehrsmarkt in den USA leidet unter der US-Handelspolitik, die auf die Konjunktur drückt. Der Arbeitsmarkt generiert kaum noch neue Stellen; die Konsumenten schränken aus Angst vor einem Jobverlust ihren Konsum und ihre Reisen ein. Im 1. Halbjahr 2025 ging die Anzahl der Flugpassagiere also der an den Airports kontrollierten Menschen zurück, meldete die Transportsicherheitsbehörde TSA. Doch im Juli und August lagen die Zahlen wieder ganz leicht über dem Vorjahresniveau. Das Geschäft scheint sich zu stabilisieren. Laut dem Wall Street Journal erhöhen die Airlines auch wieder ihre Preise.

Keine US-Zölle auf Flugzeugimporte aus der EU

Rückenwind kommt von einer Vielzahl von "Deals", die Präsident Donald Trump mit wichtigen Handelspartnern schließen konnte. Bei der am 27. Juli 2025 verkündeten Einigung mit der EU ist für die Luftfahrtbranche positiv, dass Lieferungen von Flugzeugen und Flugzeugteilen keinem Zoll unterliegen sollen. Doch 100-prozentig sicher ist das noch nicht und niemand weiß, wie lange die Vereinbarung Bestand haben wird. Trump hat zahlreiche weitere Zölle angekündigt. Daher bleibt eine gehörige Portion Verunsicherung.

Doch die langfristigen Prognosen sind ausschlaggebend für Investitionsentscheidungen der Airlines. Die Flugzeughersteller geben sich verhalten optimistisch. Der Passagierverkehr innerhalb der USA beziehungsweise Nordamerikas werde in den kommenden 20 Jahren weiter wachsen, so die im Sommer 2025 veröffentlichten Prognosen von Airbus, Boeing und Embraer.

Marktentwicklung: Passagieraufkommen wächst um 2 bis 3 Prozent jährlich

So soll laut Boeing das Passagieraufkommen Nordamerikas zwischen 2024 und 2044 gerechnet in Passagierkilometern um jährlich 2,8 Prozent zulegen. Damit haben sich die Aussichten ein wenig eingetrübt. In der Zwanzigjahresprognose aus dem Vorjahr (2023 bis 2043) war der Flugzeugbauer noch von einem Zuwachs von 3,4 Prozent pro Jahr ausgegangen. Der brasilianische Hersteller von Regionalflugzeugen, Embraer, erwartet aktuell ein jährliches Wachstum von 2,4 Prozent.

Damit gehört Nordamerika in Sachen Passagierflugverkehr zu den langsam wachsenden Märkten. Das liegt auch an der Ausgangsbasis der Region: Sie verzeichnete 2024 gemäß Boeing das größte zivile Flugaufkommen. Daran soll sich mittelfristig nur wenig ändern. Doch langfristig könnte China auf Rang 1 klettern. Für die Hersteller von Luftfahrttechnik bedeutet dies: Ein relativ geringes Wachstum generiert absolut betrachtet gute Marktchancen.

Regionaljets stark nachgefragt

Boeing erwartet 2025 in seiner Zwanzigjahresprojektion Flugzeugauslieferungen im Umfang von fast 8.700 Maschinen. Gegenüber der Vorjahresprognose kommt das allerdings einem Rückgang von gut 300 Jets gleich. Airbus hingegen ist wesentlich vorsichtiger und rechnet mit nur 6.800 Passagierjet-Auslieferungen. Allerdings sind in dieser Vorschau nur Maschinen ab 100 Sitzplätzen enthalten.

Doch gerade der nordamerikanische Markt ist für die Anbieter von kleineren Maschinen sehr lukrativ. Über die Hälfte aller weltweit zwischen 2025 und 2044 auszuliefernden Regionaljets sollen für den nordamerikanischen Markt bestimmt sein, erwartet Boeing. Das liegt unter anderem an der Größe und der dünnen Besiedelung der Region. Außerdem ist der Schienenverkehr etwa im Gegensatz zu China nur rudimentär ausgebaut.

Viele lange Strecken lassen sich daher nur mit dem Flugzeug zurücklegen, sind aber zugleich nicht stark nachgefragt. Laut dem brasilianischen Flugzeugbauer Embraer werden 82 Prozent aller Destinationen von weniger als 100 Passagieren täglich angesteuert. Hier rechnen sich nur kleinere Maschinen. Insgesamt werden 41 Prozent aller Städte ausschließlich mit Regionaljets angeflogen. 

Für Nordamerika rechnet der brasilianische Konzern zwischen 2025 und 2044 mit der Auslieferung von rund 2.700 Maschinen mit einer Kapazität von maximal 150 Plätzen. Boeing kommt für den gleichen Zeitraum auf gut 800 Regionaljets. Doch dabei handelt es sich per Definition um Maschinen mit weniger als 100 Sitzen. Insofern sind die Werte nicht direkt vergleichbar.

Boeing hat ein Sicherheitsproblem

Wie viel von den Neubestellungen Boeing an Land ziehen kann, ist schwer zu sagen. Das Unternehmen leidet an den Folgen mehrerer Skandale. Es hatte sich Ende Juli 2024 vor einem US-Gericht für die Abstürze von zwei Passagiermaschinen in Indonesien und dem Senegal schuldig bekannt. Der Konzern wurde zur Zahlung von 940 Millionen US-Dollar (US$) verurteilt. Anfang 2024 verlor eine Boeing während des Flugs eine Tür. Kontrollen der US-Luftfahrtaufsicht FAA in den Werkshallen förderten etliche Qualitätsmängel zutage.

Airbus hat damit auf absehbare Zeit die Nase vorn. Der staatliche chinesische Hersteller Comac hatte zwar vor ein paar Jahren einen eigenen Passagierjet für den Mittelstreckenbetrieb auf den Markt gebracht. Doch der "C919" war bereits bei seinem Jungfernflug im Vergleich zum A320neo veraltet, vor allem wegen seines hohen Verbrauchs und des zu geringen Einsatzes von modernen Leichtmaterialien. 

Chancen für deutsche Anbieter

Wie ein Luftfahrtexperte im Gespräch mit Germany Trade & Invest berichtete, verspricht der nordamerikanische Markt Absatzchancen für deutsche Hersteller, insbesondere im Bereich von Hochleistungsverbundwerkstoffen und fortschrittlichen Leichtmetalllegierungen. Auch bei vorausschauenden Wartungslösungen böten sich Geschäftsmöglichkeiten etwa für Anbieter, die mithilfe künstlicher Intelligenz Ausfallzeiten minimierten und die Flottenverwaltung optimierten. Zudem könnten deutsche Firmen mit der Entwicklung nachhaltiger Flugkraftstoffe die US-Airlines dabei unterstützen, ihre CO2-Emissionen zu senken.

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