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Neue Impulse für Südafrikas Textilsektor
Südafrikas Textilindustrie leidet unter billiger Konkurrenz aus Asien. Dabei ist der Sektor gut aufgestellt, um eine wichtigere Rolle zu spielen - auch für deutsche Unternehmen.
04.07.2025
Von Jenny Tala | Johannesburg
Südafrikas Textil- und Bekleidungsindustrie will sich neu ausrichten, um wettbewerbsfähiger zu werden und sich als regionaler Hub zu etablieren. Um diese Ziele zu erreichen, hat die Regierung verschiedene Initiativen ergriffen. Programme wie das Clothing and Textile Competitiveness Program (CTCP) setzen auf Qualifizierung und Investitionen in Technologie und Innovation. Der Clothing, Textiles, Footwear and Leather (CTFL) Masterplan verfolgt das Ziel, die Zahl der Beschäftigten auf 330.000 zu erhöhen und den Anteil lokal gefertigter Bekleidung und Textilien im Einzelhandel von derzeit 45 auf 65 Prozent zu steigern.
Billigimporte aus Asien setzen Branche unter Druck
Mit 0,28 Prozent trägt die Branche nur einen kleinen Teil zum südafrikanischen Bruttoinlandsprodukt bei - vor 30 Jahren war es noch mehr als doppelt so viel. Hauptgrund für den Rückgang ist der globale Wettbewerb, insbesondere durch asiatische Hersteller. Über 40 Prozent der importierten Kleidung stammt aus China. Probleme wie steigende Arbeitskosten, eine marode Infrastruktur sowie Rohstoffpreise und -verfügbarkeit setzen die Branche zusätzlich unter Druck.
Gleichzeitig arbeiten etwa 11 Prozent aller im verarbeitenden Gewerbe Beschäftigten in der Textil- und Bekleidungsindustrie – ein beachtlicher Anteil in einem Land mit chronisch hoher Arbeitslosigkeit (2024: 32 Prozent). Die Schaffung von Arbeitsplätzen hat für die südafrikanische Regierung daher höchste Priorität. Die Branche könnte dabei eine Schlüsselrolle spielen – und zugleich neue Investitions- und Lieferchancen für deutsche Unternehmen eröffnen.
Deutschland ist zweitwichtigster Maschinenlieferant
Deutschland ist nach China der zweitwichtigste Lieferant von Textilmaschinen für Südafrika. Im Jahr 2024 exportierte die Bundesrepublik Maschinen im Wert von 7,6 Millionen US-Dollar – das entspricht rund einem Fünftel aller südafrikanischen Textilmaschinenimporte. Besonders stark sind deutsche Hersteller im Bereich der Garn- und Faserverarbeitung (HS-Code 8445).
Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette schaffen Bedarf an moderner Maschinen- und Anlagentechnik. Die südafrikanische Foschini-Gruppe, die fünf Fabriken in Südafrika betreibt, will ihre Produktion von 17 Millionen (2023) auf 30 Millionen Kleidungsstücke bis 2028 steigern. Ziel ist der Aufbau eines Netzwerks neuer Fabriken in Kleinstädten rund um Kapstadt, wodurch langfristig bis zu 70.000 Arbeitsplätze entstehen sollen.
Kapstadt gilt als strategischer Investitionsstandort mit guter Infrastruktur, qualifizierten Fachkräften und einem eng vernetzten Ökosystem aus Einzelhandel, Design und Fertigung. Die Nachfrage nach lokal produzierten, trendgerechten und umweltfreundlichen Produkten steigt – ebenso wie die Bereitschaft zur Modernisierung. Programme wie der Cape Town Clothing and Textile Cluster (CTCC) fördern gezielt Produktivität und Nachhaltigkeit. Für deutsche Anbieter ergeben sich daraus konkrete Chancen, insbesondere in den Bereichen Automatisierung, Energieeffizienz, Recyclingtechnologien und Spezialmaschinen für funktionale Textilien.
Eine gute Plattform für Aussteller bietet die durch die Messe Frankfurt durchgeführte allfashion sourcing Messe in Kapstadt.
Lokale Industrie punktet mit breiter Produktpalette
Die heimische Industrie verfügt über eine breite Palette von Produkten im Angebot, darunter Stoffe, Garne, Bekleidung, Heimtextilien sowie technische und industrielle Textilien. Branchenexperten sehen vor allem für letztere ein erhebliches Wachstumspotenzial – sowohl für den lokalen Absatzmarkt als auch für den Export. Potenzielle Abnehmer sind etwa die Automobilbranche (Airbags, Sitze), die Medizin (OP-Kittel, Masken), die Industrie (Schläuche, Förderbänder), die Baubranche und der öffentliche Sektor (Schutzkleidung, Schuluniformen).
Die lokale Produktion umfasst Baumwolle, Wolle, synthetische Fasern und Leder. Südafrika ist einer der größten Mohair-Produzenten der Welt. Als Mohair werden die Haare der Angoraziege bezeichnet, die als besonders leicht und hochwertig gelten.
Zu den wenigen deutschen Unternehmen, die Kleidung vor Ort produzieren, zählen der Sockenproduzent Falke und Beier. Aber auch als Sourcing-Standort ist Südafrika attraktiv: Das Frankfurter Modelabel apfelgrün etwa verwendet ausschließlich südafrikanische Baumwolle (Shweshwe) aus traditioneller Herstellung.
Region ist wichtigster Abnehmer
Mit einem Anteil von 1,2 Prozent hatten Textilien und Bekleidung 2024 nur einen kleinen Anteil an den Gesamtexporten Südafrikas. Wichtigste Exportprodukte sind Wolle, Strickwaren, konfektionierte Kleidung und Heimtextilien.
aller südafrikanischen Wollexporte gehen nach China.
Bei den Abnehmern führt Namibia, gefolgt von China, Botswana sowie Lesotho und Eswatini, wohin Südafrika vor allem Textilien exportiert. Hauptgrund dafür sind die niedrigeren Produktionskosten und die Einstufung als "Least Developed Countries". Dadurch profitieren sowohl Lesotho als auch Eswatini - im Gegensatz zu Südafrika - in vollem Umfang von den Handelsvorteilen des US-Präferenzabkommens African Growth and Opportunity Act (AGOA), das beteiligten Ländern zollfreien Zugang für über 1.800 Produkte in die USA gewährt.
Eine Reihe südafrikanischer Textil- und Bekleidungshersteller haben ihre Produktion in die kleinen Nachbarländer verlagert. Die dort ansässigen Unternehmen agieren häufig als Auftragsfertiger für internationale Marken und produzieren kostengünstige Massenartikel.
Zölle und drohendes AGOA-Aus sorgen für Unsicherheit
Im September 2025 soll AGOA auslaufen, die Verlängerung des Abkommens ist ungewiss. Praktisch werden die AGOA-Vorteile bereits stark durch die US-Zölle eingeschränkt. Von den angekündigten Vergeltungszöllen wären sowohl Südafrika (bis zu 31 Prozent) als auch Lesotho (bis zu 50 Prozent) stark betroffen.
Während für Südafrikas Textilindustrie die Auswirkungen gering wären, da kaum Exporte über AGOA laufen, gehen in Lesotho rund 20 Prozent der Exporte – fast ausschließlich Textilien – in die USA.