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Perus Baubranche leidet unter schwachen Investitionen

Die Bautätigkeit in Peru geht 2023 deutlich zurück. Für Hersteller ergeben sich mittelfristig Lieferchancen durch neue Infrastrukturprojekte und Krisenvorsorge.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Markttrends

Die peruanische Baukammer Capeco schätzt, dass die Produktion des Sektors 2023 um rund 3 Prozent sinken wird. Das prognostizieren auch das peruanische Wirtschafts- und Finanzministerium und das spanische Kreditinstitut BBVA. Im 1. Halbjahr 2023 nahm die Bautätigkeit um 10 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ab. Der Zementverbrauch ging im April im Vergleich zum Vorjahresmonat um 16,1 Prozent zurück, das ist der stärkste Einbruch seit Juni 2020.

Grund für die schlechten Aussichten sind unter anderem die schwachen Privatinvestitionen in Peru. Die Bruttoanlageinvestitionen sanken bereits im 1. Quartal 2023 um etwa ein Viertel gegenüber Ende 2022. Auch die Beschäftigung ging zurück.

Die gedämpfte Konjunktur, soziale Proteste und starke Regenfälle haben die Nachfrage in der peruanischen Bauwirtschaft einbrechen lassen. Zudem setzt die Regierung öffentliche Aufträge zu langsam um. Auch die Armut innerhalb der peruanischen Bevölkerung steigt. Aufgrund der sinkenden Kaufkraft können sich die Menschen die hohen Zementpreise kaum noch leisten. 

Für 2024 werden allerdings bessere Zahlen erwartet. BBVA schätzt für 2024 ein Wachstum der Bauwirtschaft um 1,7 Prozent. Die peruanische Zentralbank geht von 3,2 Prozent aus und das Wirtschafts- und Finanzministerium rechnet mit 3 Prozent. 

Öffentliche Investitionen und Krisenvorsorge erhöhen die Nachfrage

Chancen für deutsche Unternehmen ergeben sich mittelfristig durch öffentliche Investitionsprogramme. Dazu gehören Con Punche Perú 1 und 2, im Umfang von 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung, und ein zugehöriges Notfallprogramm, das etwa 0,4 Prozent der Wirtschaftskraft des Landes entspricht. Während Con Punche die Reaktivierung der Wirtschaft im Allgemeinen beabsichtigt, ist der Notfallplan besonders für die Bauwirtschaft relevant. Das Programm sieht die Prävention gegen das Extremwetterphänomen El Niño und entsprechende Wiederaufbaumaßnahmen vor. 

Im Juni 2023 genehmigte das peruanische Finanzministerium dem Staatshaushalt knapp 1 Milliarde US-Dollar (US$) für die Bewältigung des Extremwetterereignisses. Starke Regenfälle erfordern Maschinen und Dienstleistungen für Entwässerungssysteme und Hochwasserschutz, damit die Infrastruktur nicht zusammenbricht. Das Transport- und Kommunikationsministerium kündigte an, 120 Maschinen für das landesweite Straßennetz zu beschaffen. Die neue Infrastrukturbehörde Anin soll künftig Naturkatastrophen besser bewältigen und bereits im Vorfeld entsprechende Maßnahmen ergreifen. Die Behörde soll unbürokratischer werden und mehr Projekte durchführen als bislang.

Große Infrastrukturprojekte bieten weitere Chancen, gerade im nationalen und regionalen Schienenverkehr. Einige Projekte wie der Bau einer Stadtbahn in Arequipa sind Teil der Global Gateway Initiative der Europäischen Union. 

Ausgewählte Großprojekte in der Bauwirtschaft in Peru
ProjektInvestitionssumme (in Mio. US$)ProjektstandAnmerkungen
Dritte Metrolinie in Lima9.170MachbarkeitsstudienU-Bahnlinie (35 km) mit 28 Stationen in Lima; Träger: Ministerio de Transportes y Comunicaciones de la República del Perú (MTC Perú)
Peruanischer Abschnitt des transkontinentalen Eisenbahnkorridors (CFBI)7.500Fortgeschrittene technische PlanungSchienenweg (insgesamt 3.755 km), um die Pazifikküste Perus über Bolivien mit der Atlantikküste Brasiliens zu verbinden; Träger: MTC Perú
Zweite Metrolinie in Lima5.800Im BauU-Bahnlinie (35 km) mit 35 Stationen in Lima; Träger: MTC Perú/Metro de Lima 2
Zugverbindung Barranca-Ica5.000MachbarkeitsstudienZugstrecke (476 km), um die Panamericana Autobahn zu entlasten; Träger: MTC Perú
Zugstrecke San Juan de Marcona-Andahuaylas 4.932MachbarkeitsstudienZugstrecke (600 km) für Rohstofftransport; Träger: MTC Perú
Chancay Hafen3.600Im BauHafen (141 ha) nördlich von Lima; Träger: Autoridad Portuaria Nacional de la República del Perú/COSCO
Zugverbindung Tren de Cercanías 3.263MachbarkeitsstudienZugverbindung (324 km) zwischen Lima und Ica; Träger: MTC Perú
Quelle: BNamericas Juli 2023

Das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young stellt einen umfassenden Investitionsguide zum Infrastruktursektor zur Verfügung.

Nachhaltige Bauvorhaben gewinnen an Bedeutung

Der Wohnungsbau hat noch viel Potenzial. Laut Experten fehlen in Peru 400.000 Wohnungen. Informelle Siedlungen sind weit verbreitet und machen rund 80 Prozent der Wohngebäude aus. Daher entspricht ein Großteil der Wohnungen trotz entsprechender Gesetzgebung (Código Técnico de Construcción Sostenible von 2015 und 2021) nicht den entsprechenden Standards für nachhaltiges Bauen, Wasser- und Energieeinsparung. Laut Branchenkennern werden Konzepte wie modularer Bau an Bedeutung gewinnen, die Ressourcen effizienter und umweltschonender einsetzen. Zu den weiteren Trends gehören auch Staubunterdrückungssysteme für mehr Nachhaltigkeit.

Im Oktober 2022 genehmigte das peruanische Wirtschafts- und Finanzministerium den Nationalen Plan zu nachhaltiger Infrastruktur für Wettbewerbsfähigkeit (PNISC) 2022-2025. Die Regierung rückt damit Nachhaltigkeit bei Bauprojekten in den Vordergrund. 

Branchenstruktur und Rahmenbedingungen 

Eine immer größere Rolle spielt die Konkurrenz durch chinesische Firmen. Diese habe ihre Marktanteile bei Straßenprojekten, Wiederaufbaumaßnahmen, dem Bau von Schulen und bei sozialer Infrastruktur ausgeweitet und sind zu wichtigen Partnern für die Regierung bei der Umsetzung von Bauprojekten geworden.

Allerdings geraten Unternehmen aus der Volksrepublik in die Kritik. Anfang 2022 war ein Skandal rundum manipulierte Vergabeverfahren in der Bauwirtschaft bekannt geworden. Capeco kritisiert die Wettbewerbsverzerrung zugunsten chinesischer Firmen. Das Transportministerium habe Kreditvorgaben bei Ausschreibungen gesetzt, die nur von finanzstarken chinesischen Unternehmen erfüllt werden könnten. Laut einem Experten für Geschäftsentwicklung bei einem führenden peruanischen Ingenieur- und Bauunternehmen stellen deren aggressive Preispolitik und unausgewogene Verträge mit Subunternehmen eine große Konkurrenz in der Branche dar.

Deutsche Firmen müssen Präsenz zeigen

Der Branchenexperte empfiehlt deutschen Unternehmen, dem Aftermarket genügend Bedeutung beizumessen und durch Büros vor Ort, an Projektorten oder in der Nähe, Präsenz zu zeigen. "In Peru kommt es darauf an, einen direkten Draht zum Kunden herzustellen und ihn häufig zu besuchen", sagt er. "Ohne peruanische Zweigstelle ist es im Land sehr schwierig, da peruanische Kunden das Gefühl haben, dass sie bei ausländischen, nicht in Peru ansässigen Unternehmen sehr hohe Preise zahlen."

Baubranche konzentriert sich in der Hauptstadt

Perus Bauwirtschaft trug im Jahr 2022 etwa 6,7 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Den größten Teil der gesamten Bruttowertschöpfung erzielt die Branche in der Hauptstadt Lima (37 Prozent), gefolgt von den Bundesstaaten Arequipa und Piura (jeweils 7 Prozent) sowie Ica (6 Prozent). Lokale Firmen genießen einen guten Ruf. Projektpartnerschaften zwischen europäischen und lokalen Unternehmen sind üblich. 

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