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Polen hofft auf europäische Zuschüsse für neues KI-Zentrum

Polen will zu den digitalen Vorreitern Europas gehören und investiert in künstliche Intelligenz und Quantencomputer. Eine geplante Gigafactory ist dabei nur der Anfang.

Von Christopher Fuß | Warschau

Gemeinsam mit internationalen Partnern will Polen 3 Milliarden Euro in Rechenzentren für künstliche Intelligenz (KI) investieren. Im Rahmen des Projekts 'Baltic AI GigaFactory' sollen an bis zu zwei Standorten im Land neue Kapazitäten für "die Entwicklung und Anwendung sehr großer KI-Modelle" entstehen, schreibt das polnische Ministerium für Digitalisierung in einer Mitteilung.

Neben Polen beteiligen sich die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen an dem Projekt. Auch private Unternehmen haben Interesse bekundet. Hierzu gehören der große polnische Onlinehändler Allegro oder der Cloud-Anbieter Cloudferro.

Bei der Finanzierung der 'Baltic AI GigaFactory' hofft Polen auf Zuschüsse aus dem InvestAI-Fonds der Europäischen Kommission. InvestAI existiert seit Februar 2025 und stellt insgesamt 20 Milliarden Euro für neue KI-Entwicklungszentren zur Verfügung. Die Gelder stammen aus bereits existierenden EU-Programmen, wie Digitales Europa oder Horizont Europa. Rund 100.000 KI-Chips der neuesten Generation werden den Plänen zufolge in den Entwicklungszentren zum Einsatz kommen. Die Europäische Kommission hofft, bis zu 200 Milliarden Euro an Investitionen zu mobilisieren, das Zehnfache des Förderbetrags.

Entscheidung zum Jahreswechsel erwartet

Auch in Polen decken die EU-Zuschüsse aus dem InvestAI-Fonds nur einen Teil der Projektkosten. Laut Ministerium für Digitalisierung übernehmen private Partner bis zu zwei Drittel der Finanzierung der 'Baltic AI GigaFactory'. Aktuell führt Polen Gespräche mit weiteren interessierten Unternehmen, um anschließend den Förderantrag an den InvestAI-Fonds vorzubereiten. Die Europäische Kommission hat eine entsprechende Ausschreibung für das 4. Quartal 2025 angekündigt.

Schon jetzt zeichnet sich ein harter Konkurrenzkampf um die Födergelder ab. Bei einer unverbindlichen Abfrage der Europäischen Kommission haben 76 Bewerber aus 16 EU-Staaten ihr Interesse bekundet. Polens Nachbarland Tschechien schickt ebenfalls ein Projekt für die InvestAI-Förderung ins Rennen.

Polen kauft Quantencomputer und KI-Ausrüstung

Die 'Baltic AI GigaFactory' wäre nicht die erste Rechenzentrale, die Polen mit EU-Geldern finanziert. Im Juni 2025 nahm das staatliche Forschungszentrum PCSS in Poznań den Quantencomputer PIAST-Q in Betrieb. Möglich wurde der Kauf des Hochleistungsrechners mit Fördergeldern aus EuroHPC, dem Dachprogramm der EU für den Aufbau von Rechenkapazitäten.

Unternehmen, Forschungszentren und öffentliche Stellen können den PIAST-Q Quantencomputer nutzen, um komplizierte Berechnungen durchzuführen. Typische Anwendungsfälle sind laut PCSS die Quantenoptimierung, Chemie, Materialwissenschaften und maschinelles Lernen. Auch an diesem Projekt beteiligt sich mit der Latvijas Universitāte, die Universität Lettlands, ein Partner aus dem Baltikum.

Das Rechenzentrum PCSS plant noch eine weitere Investition, die KI-Fabrik PIAST-AI. Dafür erhält die Forschungseinrichtung 50 Millionen Euro aus dem EuroHPC-Topf. Polens Regierung steuert 50 Millionen Euro bei, womit die Projektkosten bei 100 Millionen Euro liegen.

Die KI-Fabrik hat zwar weniger Rechenleistung als die 'Baltic AI GigaFactory', sie hilft aber beim Training von kleineren KI-Modellen. PCSS will PIAST-AI mit rund 1.000 Grafikchips ab dem 3. Quartal 2026 in Betrieb nehmen. Die Recheneinheit wird mit dem Quantencomputer PIAST-Q zusammenarbeiten.

Beim Kauf von neuer Rechenleistung setzt Polen auf europäische Partner. Der Quantencomputer PIAST-Q stammte vom österreichischen Hersteller AQT. Die Technische Universität Wrocław kaufte einen Rechner mit Quantentechnologie vom finnischen Unternehmen IQM.

Investitionen wie die 'Baltic AI GigaFactory' kurbeln aber nicht nur die Nachfrage nach leistungsfähigen Rechnern und Prozessoren an. Laut dem polnischen Ministerium für Digitalisierung werden die finalen Standorte der Baltic AI GigaFactory zu 100 Prozent mit emissionsfreier Energie betrieben. Außerdem benötigen sie geeignete Stromversorgungs- und Kühlsysteme.

Wunsch nach Unabhängigkeit

Eigene Rechenzentren und selbst entwickelte KI-Modelle sind Teil der staatlichen polnischen KI-Strategie. Sie würden die "technologische Souveränität" des Landes stärken, schreibt das Digitalisierungsministerium in der aktuellen Fassung des Strategiepapiers.

Dieses Vorgehen stößt nicht überall auf Gegenliebe. Der polnische Branchenverband Cyfrowa Polska kritisiert in einem öffentlichen Schreiben, dass "strategische internationale Partnerschaften in dem Entwurf nicht berücksichtigt werden." Es werde nicht auf die "transatlantische Zusammenarbeit Bezug genommen", schreibt der Verband, dem US-Unternehmen wie Amazon, Dell oder Meta angehören.

KI zu entwickeln ist das eine – sie auch einzusetzen, das andere. Bislang machen viele Unternehmen in Polen einen großen Bogen um KI-Anwendungen. Laut Untersuchungen des Thinktanks Polnisches Wirtschaftsinstitut (PIE) nutzten im Jahr 2024 nur 6 Prozent der Firmen ab einer Größe von 10 Beschäftigten KI-Werkzeuge. Rund ein Drittel der kleinen und mittelgroßen Unternehmen hielten Investitionen in KI und Digitalisierung sogar für unwichtig. Das sei laut PIE vor allem deshalb bedenklich, weil mittelständische Betriebe einen Großteil aller Firmen in Polen ausmachen.

Eine Hürde beim Einstieg in KI könnten die Kosten für entsprechende Investitionen sein. Die staatliche Förderbank BGK hat vor diesem Hintergrund das Programm "Kredite für Digitalisierung" ins Leben gerufen. Es läuft bis August 2026. Unternehmen jeder Größe erhalten zinsgünstige Darlehen mit einer Laufzeit von bis zu 20 Jahren und einer möglichen tilgungsfreien Phase von bis zu 12 Monaten. Gefördert werden unter anderem Projekte zur Einführung von KI, Cloud-Lösungen und zur Automatisierung. Die nötigen Gelder stammen aus dem europäischen Wiederaufbaufonds.

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