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Branchen | Polen | Schienenverkehr

Schienenbauer hoffen auf neue Großprojekte

In den letzten Jahren floss nur wenig Geld in Polens Schienennetz. Immerhin stehen für 2024 einige große Ausschreibungen an. Die Finanzierung vieler Projekte wackelt aber.

Von Christopher Fuß | Warschau

Polens größter staatliche Betreiber von Eisenbahninfrastruktur PKP PLK will 2024 eine Reihe von Projekten ausschreiben. Der Gesamtwert aller Vorhaben soll bei fast 4,7 Milliarden Euro liegen. Das berichtet die Tageszeitung Dziennik Gazeta Prawna. Bei den meisten Vorhaben wird es darum gehen, die Kapazität bestehender Strecken zu erweitern.

Modernisierungsarbeiten stehen beispielsweise im Nordosten Polens an, entlang der 100 Kilometer langen Strecke zwischen den Städten Białystok und Ełk. Geht es nach PKP PLK, werden Züge hier in Zukunft eine Geschwindigkeit von bis zu 200 Kilometern pro Stunde erreichen. Der Abschnitt gehört zur sogenannten Rail Baltica. Die Megainvestition umfasst den Bau einer neuen Bahnstrecke durch die drei Länder des Baltikums und den Anschluss an das Schienennetz in Polen. Fahrgäste aus dem Baltikum können über die Verbindung zwischen Białystok und Ełk weiter nach Warschau fahren.

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Schnellere Fahrten in höherer Taktung

Auch die Strecke von der Hafenstadt Gdynia nach Słupsk ist im Investitionsplan von PKP PLK für 2024 genannt. Bislang existiert zwischen den Ortschaften nur eine eingleisige Trasse. Züge fahren deshalb in niedrigem Takt. Das wird sich ändern. Bereits 2023 hat PKP PLK für den Teilabschnitt zwischen Słupsk und Lębork einen Vertrag mit den Bauunternehmen Torpol und Intercor im Wert von 430 Millionen Euro unterschrieben. Eine Ausschreibung für den verbliebenen Abschnitt zwischen Lębork und Gdynia folgt 2024. Läuft alles nach Plan, existieren ab 2026 mindestens zwei Gleise entlang der Strecke. Sie ermöglichen eine Spitzengeschwindigkeit von 160 Kilometern in der Stunde.

Ähnlich schnell sollen Züge in Zukunft auch zwischen Krakau, Nowy Sącz und Rabka im Süden Polens verkehren. Dafür reicht es nicht aus, bestehende Strecken zu modernisieren. Bei einigen Abschnitten hilft nur ein Neubau. Das Bauvorhaben gilt als besonders anspruchsvoll, da der potenzielle Auftragnehmer mehrere Tunnel und Brücken realisieren muss. PKP PLK unterteilt das Großprojekt mit einem geschätzten Gesamtwert von 2,6 Milliarden Euro in 13 Etappen. Vier Maßnahmen werden voraussichtlich im Jahr 2024 ausgeschrieben. 

Polens Hauptstadt Warschau wappnet sich ebenfalls für Investitionen. Wie der Vorstandsvorsitzende von PKP PLK, Ireneusz Merchel, ankündigte, wird das Unternehmen im Frühjahr 2024 den Umbau des Warschauer Ostbahnhofes ausschreiben. Das Projekt fügt sich ein in eine ganze Reihe von Arbeiten entlang der sogenannten Durchgangslinie. Diese Strecke verbindet den Ost- und Westteil der Stadt. Bis 2030 fließen laut PKP PLK rund 1,9 Milliarden Euro in verschiedene Abschnitte und Bahnhöfe entlang der Durchgangslinie. Warschaus Stadtverwaltung wiederum spielt mit dem Gedanken, den Ostbahnhof zu einem städtischen Verkehrsknotenpunkt zu erweitern. Der kommunale Verkehrsbetreiber ZTM hat bereits einen Entwurf des spanischen Planungsbüros Idom erhalten. 

Während die Arbeiten am Ostbahnhof noch nicht begonnen haben, endet ein Großprojekt im Westteil der Hauptstadt: Voraussichtlich 2024 kommt der rund 600 Millionen Euro teure Umbau des Warschauer Westbahnhofes zum Abschluss.

Herausforderungen für Auftragnehmer

Firmen, die bei den Schienenprojekten in Polen mitmischen wollen, müssen Geduld mitbringen. Immer wieder kommt es zu Verzögerungen. Prominentes Beispiel ist die sogenannte Kohlenmagistrale. Sie verbindet den Hafen von Gdynia mit den Kohleregionen im Süden des Landes. Die Strecke gilt als veraltet. An vielen Stellen fehlen Oberleitungen.

Im November 2023 musste PKP PLK eine Ausschreibung für den Streckenabschnitt zwischen Kościerzyna und Kartuzy abbrechen. Zur Begründung verwies das Unternehmen auf Fehler in den Planungsunterlagen. Das Bauvorhaben gehörte mit einem Volumen von 400 Millionen Euro zu den größten Ausschreibungen von PKP PLK in den vergangenen Jahren. Der Rückzieher trifft die Branche hart. Bauunternehmen klagen bereits über fehlende Großprojekte. Trotz des Rückschlags kündigte PKP PLK weitere Arbeiten entlang der Kohlenmagistrale an. Eine Ausschreibung für den Abschnitt zwischen Bydgoszcz und Kościerzyna startet voraussichtlich 2024.

Über fast allen Gleisbauprojekten schwebt die Frage der Finanzierung. Polen braucht EU-Gelder für den Ausbau von Schienenwegen. Die Europäische Kommission wiederum gibt einige Fördertöpfe bislang nur in Teilen frei, weil Polen eine versprochene Justizreform nicht umsetzt. 

Wegen fehlender EU-Gelder könne PKP PLK einige Verträge nicht unterzeichnen, sagte Siegfried Weindok, Vorstandsmitglied der polnischen Tochter des Bauriesen PORR, dem Fachmagazin Rynek Kolejowy. Branchenvertreter hoffen, dass die neue Regierung Polens den Streit mit der Europäischen Kommission zügig beilegt und für frisches Geld aus Brüssel sorgt.

Güterverkehr kämpft mit Problemen

Insbesondere Logistikunternehmen drängen auf Investitionen. Der Güterverkehr über die Schiene – und dabei insbesondere der Intermodalverkehr - musste 2023 Einbußen hinnehmen. Für den Vorstandsvorsitzenden von DB Cargo Polska, Marek Staszek, liegt das nicht nur am Ukraine-Krieg und dem damit verbundenen Rückgang des Ost-West-Handels: "Rückgänge im intermodalen Verkehr sind auch auf unzureichende Investitionen in die Infrastruktur zurückzuführen", erklärt Staszek gegenüber dem Magazin Rynek Kolejowy.

Immerhin schreiten die Arbeiten an wichtigen Logistiknadelöhren voran. Hierzu gehören Investitionen in die Gleisanlage des Hafens Gdańsk. Andere Projekte befinden sich aber in der Schwebe. Bereits Anfang 2024 wollte die PKP PLK Tochtergesellschaft Cargotor bekanntgeben, welche Unternehmen am Wettbewerbsdialog rund um den Ausbau des Bahnhofs Małaszewicze teilnehmen dürfen. Das Terminal an der Grenze zu Belarus wickelt einen Großteil des Schienengüterverkehrs zwischen Asien und Europa ab. Im November 2023 verschob Cargotor eine entsprechende Frist aber erneut – ins 3. Quartal 2024. Damit wachsen die Unsicherheiten rund um die Zukunft des 800 Millionen Euro teuren Projekts.

Aktuelle Ausschreibungen von PKP PLK sind über das Beschaffungsportal von PKP PLK einsehbar.

Aktuelle Ausschreibungen des PKP-Tochterunternehmens Cargotor sind über die Einkaufsplattform von Cargotor einsehbar.

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