Bericht | Polen | Wirtschaftsstruktur
Umsätze der größten Unternehmen wuchsen zweistellig
Die 500 größten polnischen Unternehmen konnten ihre Umsätze auch 2022 nominal steigern. Der Mineralölkonzern PKN Orlen ist nach Übernahmen noch dominanter.
13.06.2023
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Die Umsätze der 500 größten polnischen Unternehmen erhöhten sich 2022 auf Złoty-Basis nominal um rund 4 Prozent auf etwa 512 Milliarden Euro. Die Inflationsrate lag bei 14,4 Prozent. Die Ergebnisse sind jedoch laut der Tageszeitung Rzeczpospolita, die das Ranking publizierte, mit den Angaben 2021 nicht direkt vergleichbar. Nicht alle Unternehmen konnten ihre Umsätze Anfang Mai 2023 schon beziffern. Manche nannten in der Umfrage Zahlen, die noch nicht von Wirtschaftsprüfern bestätigt sind.
Jahr | Umsatzerlös |
---|---|
2018 | 361 |
2019 | 374 |
2020 | 428 |
2021 | 504 |
2022 | 512 |
Orlen führt das Ranking nach Übernahmen weiter an
Der ohnehin schon dominante Mineralölkonzern PKN Orlen S.A. konnte 2022 seine Umsatzerlöse auf knapp 60 Milliarden Euro gegenüber 2021 mehr als verdoppeln. Er hatte im Jahr 2022 seinen Konkurrenten, die Grupa Lotos S.A., und die Polnische Erdölförderung und Gaswirtschaft PGNiG S.A. übernommen, die somit 2022 nicht mehr gelistet worden sind.
Der größte Aufsteiger unter den Top 10 ist das Sportwettbüro Totalizator Sportowy Sp. z o. o., das Platz 5 belegt (2021: Platz 12). Der Energiekonzern Tauron Polska Energia S.A. kletterte auf den 6. Platz (2021: Platz 11).
Name des Unternehmens, Sitz (Branche) 3) 4) | 2021 | 2022 | Veränderung |
---|---|---|---|
PKN Orlen S.A. GK, Plock (Erdöl) | 28.770 | 59.231 | 111,3 |
Jeronimo Martins Polska S.A., Kostrzyn (Handel) | 14.949 | 18.146 | 24,6 |
PGE S.A. GK, Warszawa (Energie) | 11.550 | 15.671 | 39,3 |
PZU S.A. GK, Warszawa (Versicherung) | 7.587 | 8.940 | 21,0 |
Totalizator Sportowy Sp. z o.o. , Warszawa (Sportwetten) | 5.758 | 8.409 | 49,9 |
Tauron Polska Energia S.A. GK, Katowice (Energie) | 5.611 | 7.749 | 41,8 |
KGHM Polska Miedz S.A. GK, Lubin (Kupfer) | 6.528 | 7.223 | 13,6 |
LG Energy Solution Wroclaw Sp.z o.o. (Batterien) | 6.010 | 7.176 | 22,6 |
Lidl Sp.z o.o. Sp.k., Tarnowo Podgorne (Handel) | 5.892 | 7.108 | 23,8 |
Eurocash S.A. GK, Komorniki (Handel) | 5.757 | 6.585 | 17,4 |
Aus dem Ranking geht die Bedeutung einzelner Branchen hervor. Der Bereich Produktion von Brennstoffen und Energie hatte 2022 mit 22,9 Prozent den höchsten Anteil an den Gesamteinnahmen der 500 größten Unternehmen. Er erwirtschaftete mit 25,6 Milliarden Euro auch die höchsten Exporteinnahmen unter den verschiedenen Sektoren. Der Kategorie Produktion von Brennstoffen und Energie ordnete Rzeczpospolita jedoch nur 28 Unternehmen zu.
Handelssektor bei Anzahl der Unternehmen führend
Anzahlmäßig führend im Ranking der 500 größten Unternehmen ist der Handel mit 119 Unternehmen. Davon gehören 79 dem Großhandel und 40 dem Einzelhandel an. Der führende Handelskonzern ist Jeronimo Martins aus Portugal, der unter anderem Polens größte Discounter-Kette Biedronka betreibt. Ende März 2023 hatte Biedronka in Polen 3.404 Filialen. In diesem Jahr sollen landesweit 130 bis 150 Biedronka-Märkte hinzukommen. Jeronimo Martins Polska S.A. konnte seinen Umsatz auch dank der spürbaren Preissteigerungen für Artikel des täglichen Bedarfs kräftig steigern. Dasselbe gilt für den Handelssektor insgesamt.
Auf Listenplatz 17 aufsteigen konnte der Konkurrent Dino Polska S.A. aus Krotoszyn mit einem Umsatz 2022 von 4.226 Millionen Euro. Die Discounter-Kette Żabka aus Poznan (Posen) kletterte mit 3.415 Millionen Euro auf Platz 22. Kaufland Polska Markety setzte 3.092 Millionen Euro um.
Die Sektoren Finanz- und IT-Dienstleistungen sowie das Baugewerbe liegen mit je 51 Unternehmen gleich auf. Der größte Baukonzern ist Budimex S.A. aus Warschau, der 2022 rund 1.839 Millionen Euro erwirtschaftete, nach 1.733 Millionen Euro im Jahr 2021. Nahrungs- und Genussmittel stellen 41 Unternehmen her, wobei 2022 insbesondere große Molkereigenossenschaften mit Milchprodukten nominal kräftig zulegen konnten.
Unter den 500 Unternehmen überwiegt Inlandskapital
Die Anzahl der Unternehmen mit überwiegend ausländischem Kapitalanteil ist 2022 von über 50 Prozent auf unter 40 Prozent zurückgegangen. Ihr Anteil an den gesamten Umsätzen fiel auf 40 Prozent. Damit lagen sie knapp hinter den inländischen Privatfirmen, auf die 41 Prozent entfielen.
Die Anzahl der Staatsfirmen verringerte sich durch Fusionen und Übernahmen wie der von PKN Orlen mit der Grupa Lotos und PGNiG. Auch erscheint 2022 erstmals auf der Liste 500 die neu geschaffene Nahrungsmittel-Holding Krajowa Grupa Spozywcza S.A. aus Toruń (Thorn) mit einem Umsatz von 848 Millionen Euro.
Jahr | Ausländisch | Inländisch/privat | Staatlich | Gemeinden |
---|---|---|---|---|
2018 | 230 | 224 | 39 | 7 |
2019 | 249 | 211 | 34 | 6 |
2020 | 282 | 177 | 39 | 2 |
2021 | 275 | 187 | 37 | 1 |
2022 | 233 | 228 | 33 | 6 |
Starker Mittelstand
Neben den Großunternehmen stützt sich Polens Wirtschaft auf zahlreiche kleine und mittelständische Betriebe. Statistisch genauer erfasst werden Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten, von denen das Statistische Hauptamt (Glowny Urzad Statystyczny; GUS) Ende 2022 insgesamt 17.713 zählte. Das sind 0,6 Prozent mehr als Ende 2021. Der Zuwachs erfolgte im Dienstleistungssektor bei einem leichten Rückgang in der Industrie.
Polens Statistikamt GUS ordnete 2022 dem Industriesektor 8.116 Unternehmen zu (-0,2 Prozent; Ende 2021: 8.132). Darunter waren 7.065 Firmen der verarbeitenden Industrie (-0,4 Prozent; 2021: 7.095). Allein 1.110 Unternehmen erzeugten Metallprodukte (2021: 1.099) und 1.068 Nahrungsmittel (2021: 1.092). Mit Großhandel befassten sich 1.768 Gesellschaften (2021: 1.771), mit Einzelhandel 1.152 (2021: 1.151) Gesellschaften (jeweils ohne Kfz). Im Baugewerbe waren 1.193 Unternehmen tätig (2021: 1.212). Angesichts der sich in Polen dynamisch entwickelnden Logistikbranche stieg die Anzahl der Transport- und Logistikfirmen um 4,5 Prozent auf 1.206 (2021: 1.154). |
Die Umsätze der Industriebetriebe mit mindestens zehn Beschäftigten stiegen laut GUS 2022 gegenüber 2021 real um 10,2 Prozent. Zu dieser positiven Entwicklung trug insbesondere der Maschinen- und Anlagenbau bei, mit einem Umsatzzuwachs von 22,1 Prozent. Besonders dynamisch entwickelten sich daneben auch der Kohlebergbau (+20,3 Prozent), die Branche Druck und Reproduktion (+17,6 Prozent) und die Metallverarbeitung (+16,8 Prozent).
In dieser positiven Umsatzentwicklung spiegelt sich das kräftige Realwachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) 2022 von 5,1 Prozent wider. Im laufenden Jahr 2023 ist mit einer konjunkturellen Abkühlung zu rechnen. Diese zeigt sich bereits in den Ergebnissen des 1. Quartals 2023. Die Umsätze der Industriebetriebe mit mindestens zehn Beschäftigten sanken um 0,6 Prozent gegenüber dem 1. Quartal 2022. Rühmliche Ausnahmen waren die Produktion elektrischer Geräte und Ausrüstungen (+25,1 Prozent) und der Kfz-Sektor (+22,6 Prozent).