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Investitionen im Wassersektor sorgen für mehr Lieferchancen

Der portugiesische Staat und Unternehmen investieren, um der zunehmenden Wasserknappheit entgegenzuwirken. Dabei stammt die benötigte Technik häufig aus dem Ausland.

Von Oliver Idem | Madrid

Portugal muss verstärkt in den Wassersektor investieren. Seit drei Jahrzehnten steigt die Zahl der besonders trockenen Sommer. Zugleich nimmt der Wasserbedarf unter anderem durch mehr Bewässerungslandwirtschaft zu. Sowohl die Bereitstellung von Wasser als auch die Aufbereitung von Abwässern erfordern Investitionen. Die Herausforderungen in Städten und auf dem Land unterscheiden sich dabei.

Professor Dr. Thomas Härtling ist am Fraunhofer IKTS im Bereich Prozess- und Umweltmesstechnik tätig und rechnet mittelfristig mit einer breit gefächerten Nachfrage nach technischen Lösungen:

"Einerseits besteht ein hoher Investitionsbedarf in technologisch sehr einfachen Bereichen wie etwa Verrohrung und Wasserzähler. Diese werden benötigt, um zum Beispiel die Entnahmen von Grund- und Oberflächenwasser im Agrarsektor zu erfassen und auf einen internationalen Stand der Technik zu bringen.

Andererseits sind viele hoch technologisierte Unternehmen im Land tätig, welche eher Bedarf an High-end-Lösungen haben. Vor dem Hintergrund einer stetig steigenden Wasserknappheit und vor allem im Landesinneren weiten Wegen zum nächsten Wasser- oder Klärwerk besteht dieser Bedarf unter anderem in dezentralen Wasseraufbereitungsanlagen für Direkteinleiter sowie Systemen für die Kreislaufführung von Wasser. Dazu zählen neuartige Filtrationsanlagen, Systeme für die chemische Aufbereitung (advanced oxidation), aber auch biologische Verfahren im aeroben und anaeroben Bereich."

Die AHK Portugal untersucht im Vorfeld einer Geschäftsanbahnungsreise im Juni 2023 ebenfalls die Geschäftschancen im Wassersektor des Landes. Einige davon drehen sich um städtische Wasserkreisläufe und die landwirtschaftliche Bewässerung:

  • Lösungen für Wasseraufbereitung beziehungsweise -wirtschaft sowie für Optimierung und Management bestehender Ressourcen und Infrastrukturen
  • Systeme für Abwasser-, Regenwasserwiederverwendung und Schlammverwertung, Wasserqualität sowie Verteilungs- und Kanalisationssysteme
  • Entsalzungs- und Tropfbewässerungsanlagen, Mess- und Regeltechnik sowie Pumpen und Rohrtechnik
  • Städtische Wasserkreisläufe und Technologien aus dem Siedlungskontext (Sammlung, Ableitung und Behandlung von Abwasser)
  • Beratungsdienstleistungen in den Bereichen Wasser- und Abwasserwirtschaft

Portugiesische Anbieter können nicht den gesamten Bedarf decken

Den Erfahrungen von Professor Thomas Härtling zufolge wird die für Wasserprojekte benötigte Technik häufig aus dem Ausland beschafft: 

"In Portugal gibt es relativ wenige Unternehmen, die öffentliche und industrielle Klärwerke und Wasserwerke ausrüsten beziehungsweise Wasseraufbereitung in industrielle Prozesse integrieren. Häufig sind Unternehmen auf den Einkauf von Technologie aus dem Ausland angewiesen, vor allem bei der industriellen Prozessintegration. Hier strebt Portugal eine höhere technologische Unabhängigkeit an.

Bei dem hohen kurzfristigen Investitionsbedarf in den kommenden drei bis fünf Jahren ist zu vermuten, dass die Nachfrage nicht allein durch portugiesische Unternehmen gedeckt werden kann. Hier bietet sich also eine Chance auch für deutsche Unternehmen."

Regierung weitet Investitionen in die Wasserinfrastruktur aus

Das Bewusstsein für das Wasserproblem wächst und ebenso die Bereitschaft, durch Investitionen gegenzusteuern. Der langfristige Investitionsplan PENSAARP 2030 befindet sich in Vorbereitung und wird die Weichen für staatliche Investitionen in den Wasser- und Abwasserbereich stellen.

Wasserwirtschaftliche Investitionen sind auch im Aufbau- und Resilienzplan Portugals enthalten. Hier bilden die Inselregionen und der ländlich geprägte Alto Alentejo den Schwerpunkt.

  • Algarve: 200 Millionen Euro für weniger Verluste in den Netzen und eine bessere Erfassung des Verbrauchs
  • Alto Alentejo: 120 Millionen Euro für Staudämme, Kleinwasserkraft und landwirtschaftliche Bewässerung
  • Madeira: 70 Millionen Euro unter anderem für Kanalsanierungen und mehr Wasserspeicherung

Für 2023 nannte Umweltminister Duarte Cordeiro das Ziel, die Wassereffizienz und die Wiederverwendung von Wasser zu erhöhen. Er setzt darauf, das Angebot zu diversifizieren und die Nachfrage zu rationalisieren.

Neuerdings gewinnt die Meerwasserentsalzung an Bedeutung. Bislang befindet sich in ganz Portugal nur eine Anlage in Betrieb. Nun soll an der Algarve eine weitere gebaut werden. Für die Küste des Alentejo existiert ebenfalls der Ansatz, Meerwasser zu entsalzen.

Ein bereits beschlossenes Vorhaben ist der Umbau des Staudamms von Cabril für eine Mehrzwecknutzung. Dadurch soll der Durchfluss gesteigert und Wasser gespeichert werden. 

Noch in der Diskussion befindet sich der Bau eines neuen Staudamms am Fluss Ocreza. Gleiches gilt für einen Tunnel, der die Flüsse Zêzere und Tajo verbinden soll. Zudem wird geprüft, ob aufbereitetes Wasser aus dem Großraum Lissabon für Bewässerungen in die Region Tajo Lezíria geleitet werden kann.

Schleppende Renovierungen führen bislang zu erheblichen Folgekosten

Bisher verschleißen die rund 110.000 Kilometer Wasser- und Abwasserleitungen in Portugal schneller, als sie saniert werden. Die Regulierungsbehörde für Wasser und Abfälle ERSAR errechnete für 2021 Verluste durch schadhafte Wasserleitungen in Höhe von 175 Millionen Kubikmetern. Den jährlichen finanziellen Schaden bezifferte die Behörde auf 88 Millionen Euro. Sowohl die Sanierung als auch die Erneuerung der Netze schreitet nach Auffassung von ERSAR zu langsam voran, um wirksam Wasserverluste eindämmen zu können.

Die Anstrengungen müssen also verstärkt werden. Ein vielseitig vernetzer Multiplikator in Portugal ist das Fraunhofer Center for Smart Agriculture and Water Management. Das Zentrum bringt öffentliche und private Akteure aus Portugal und Deutschland zusammen und kooperiert auch mit der AHK Portugal. 

Fraunhofer hat besonders gute Erfahrungen mit dem Geschäftsumfeld in Portugal gesammelt. Diese beziehen sich beispielsweise auf die Projektplanung und Verlässlichkeit von Partnern in der Zusammenarbeit.

Fraunhofer-Institut

Das Fraunhofer IKTS ist ein deutsches Forschungsinstitut und sehr stark mit der Fraunhofer-Tochter in Portugal verwoben. Somit besteht Zugang zu Märkten, Kooperationspartnern, Politik und Fördergebern auf beiden Seiten, so dass das Institut als Matchmaker und Multiplikator für bestehende Technologien wirken kann.


Außerdem kann das IKTS deutsche Unternehmen dabei unterstützen, Verfahren und Ansätze für portugiesische Bedarfe der Wasseraufbereitung zu entwickeln. Das gilt zum Beispiel für die Olivenproduktion. Zu dieser hat das IKTS bezüglich Fragestellungen zum Prozesswasser umfangreiche Erfahrungen aufgebaut. Das IKTS kann als Technologiegeber auftreten, eine Vermarktung jedoch nur durch Unternehmen erfolgen.

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