Wirtschaftsumfeld | Portugal | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Das Jahr 2022 stand im Zeichen hoher Inflation und starker Lohnsteigerungen. Mittlerweile lässt der Effekt nach. Zusatzleistungen sind beliebte Instrumente zur Mitarbeiterbindung.
04.09.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Löhne und Gehälter
Der durchschnittliche Bruttomonatslohn in Portugal lag 2021 noch bei 1.294 Euro. Im Folgejahr nahmen sowohl die Inflationsrate als auch die Bruttolöhne außergewöhnlich stark zu.
In zwei Tabellen (Entwicklung der durchschnittlichen Monatsbruttolöhne und durchschnittliche Bruttomonatslöhne in der verarbeitenden Industrie) wurde die Lohnentwicklung 2022 auf Basis der Inflation hochgerechnet, da noch keine Daten des Statistikamtes INE vorlagen.
Der Sondereffekt der hohen Inflation 2022 brachte auch kräftigere Lohnsteigerungen mit sich als üblich. Die Generaldirektion für Arbeit und Arbeitsbeziehungen errechnete auf der Basis von Tarifverhandlungen für rund 675.000 Personen einen durchschnittlichen Anstieg von 5,5 Prozent. Dieser Zuwachs blieb um 2,7 Prozentpunkte hinter der Entwicklung der Inflationsrate zurück.
Im bisherigen Verlauf des Jahres 2023 hat der Inflationsdruck deutlich nachgelassen. So nahmen die Verbraucherpreise im Juli nur noch um 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Damit dürften auch die Löhne gegenüber 2022 perspektivisch weniger stark zunehmen.
Der Mindestlohn beträgt 2023, ausgehend von den vorgeschriebenen 14 Monatszahlungen, 760 Euro. Auf zwölf Monatszahlungen umgerechnet entspricht das knapp 887 Euro. Gegenüber Januar 2022 wurde die Untergrenze um 7,8 Prozent angehoben. Besonders verbreitet ist der Mindestlohn im Hotel- und Gaststättengewerbe.
Die portugiesische Statistik unterscheidet zwei verschiedene Bruttodurchschnittsverdienste: den monatlichen Grunddurchschnittsverdienst (Remuneração de base média mensal, RBMM) und den monatlichen Durchschnittsverdienst (Ganho médio mensal, GMM), der auch Überstunden und andere Variablen einschließt, wie etwa Essens- oder Transportkostenzuschüsse.
Die Monatszahlungen erfolgen 14 Mal im Jahr. Die beiden Zusatzgehälter werden in der Regel im Juli/August (Urlaubsgeld) sowie im Dezember (Weihnachtsgeld) mit ausgezahlt. Über Gehaltsanpassungen wird in vielen Unternehmen zwischen Januar und März entschieden.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 2) | |
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nominal (in Euro) | 1.209,9 | 1.250,7 | 1.294,1 | 1.398,9 |
nominale Veränderung gegenüber dem Vorjahr (in %) | 3,4 | 3,3 | 3,5 | 8,2 |
Inflationsrate | 0,3 | -0,1 | 0,9 | 8,2 |
reale Veränderung (in %) 3) | 3,1 | 3,4 | 2,6 | 0,0 |
Die Hauptstadt Lissabon bildet den Ausreißer nach oben in der Regionalstatistik. Ansonsten sind die Abweichungen vom Durchschnitt relativ gering.
20211) | |
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Landesdurchschnitt | 1.289,5 |
Hauptstadt Lissabon | 1.609,1 |
Hochlohnregion (Lissabon, Setúbal und Norden) | 1.364,3 |
Niedriglohnregion (Algarve, Ostportugal und Vale do Tejo und Zentralportugal) | 1.126,5 |
In den Bereichen Energiewirtschaft und Finanzwesen zahlten portugiesische Unternehmen laut den neuesten verfügbaren Daten die höchsten Gehälter. Hotellerie und Gastronomie bildeten das Schlusslicht der Statistik.
2020 | Veränderung 2020/19 2) | |
---|---|---|
Insgesamt, darunter | 1.250,7 | 3,4 |
Bergbau | 1.500,1 | 2,8 |
Verarbeitende Industrie | 1.198,0 | 3,7 |
Energiewirtschaft | 2.956,0 | 1,8 |
Versorgungsdienste wie Müllabfuhr, Wasser | 1.204,9 | 2,6 |
Baugewerbe | 1.042,4 | 1,7 |
Handel, Reparaturen | 1.176,3 | 3,2 |
Transport und Logistik | 1.418,7 | -4,8 |
Hotel und Gastronomie | 858,9 | 0,9 |
IKT-Dienste | 1.970,0 | 2,6 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 2.366,4 | 1,5 |
Immobilienbranche | 1.237,5 | 3,6 |
Consulting | 1.543,3 | 3,0 |
Büro- und Hilfsdienste | 1.032,9 | 2,6 |
Die durchschnittliche monatliche Entlohnung pro Arbeitnehmer ist nach Informationen des nationalen Statistikamtes INE in den Filialen ausländischer Unternehmen um mehr als 40 Prozent höher als in den nationalen. Es bestehen aber grundsätzlich auch große Abweichungen innerhalb eines Unternehmens, von Region zu Region und in Bezug auf die Erfahrung oder die Dauer der Firmenzugehörigkeit.
Männer stehen bei der Entlohnung im Schnitt um ein Viertel besser da als Frauen. Das hat auch damit zu tun, dass der Mindestlohn 26,8 Prozent der arbeitenden Frauen erfasst, aber nur 17,2 Prozent der Männer.
Lissabon 2022 | Lissabon 2023 | Porto 2022 | Porto 2023 | |
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Geschäftsführerin einer größeren Niederlassung 2) | 100.000 | 100.000 | 90.000 | 90.000 |
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens 2) | 80.000 | 85.000 | 82.000 | 83.000 |
Vertriebsleiterin 2) | 22.400 | 23.500 | 36.000 | 37.000 |
Handelsdirektorin 2) | 45.000 | 47.000 | 51.000 | 52.000 |
Ingenieurin | ||||
Prozessingenieurin | 42.000 | 40.000 | 35.000 | 40.000 |
Produktingenieurin | 35.000 | 37.000 | 25.000 | 25.000 |
Full-Stack Entwicklerin 3) | 50.000 | 60.000 | 46.000 | 60.000 |
Vertriebsassistentin in der Industrie 4) | 22.000 | 23.000 | 18.500 | 19.000 |
Buchhaltungs- und Verwaltungsassistentin | 22.400 | 24.000 | 16.500 | 19.000 |
Buchhalterin | 23.800 | 25.200 | 23.000 | 25.200 |
Kraftfahrerin 5) | 12.685 | 15.363 | 24.349 | 24.453 |
In der Produktion erhielten angelernte Kräfte 2022 durchschnittlich knapp 939 Euro brutto im Monat - auf der rechnerischen Basis einer Zunahme in Höhe der Inflationsrate. Erfahrene Beschäftigte mit Leitungsbefugnis und Bereichsverantwortung bezogen rund 75 Prozent mehr Bruttoeinkommen als Ungelernte.
2022 (in Euro) 3) | 2021 (in Euro) | |
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist) | 939,4 | 869,0 |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 1.035,9 | 958,3 |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 1.142,1 | 1.056,5 |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 1.643,5 | 1.520,3 |
Weitere Lohnbestandteile
In den Arbeitsverträgen nimmt die Aufteilung in eine Basisentlohnung und eine erfolgsabhängige Komponente zu. Vereinbart wird ein Grundgehalt plus variablem Zusatz, der sich vorrangig am Erfolg der Firma und des Beschäftigten orientiert.
Laut der Personalberatung Mercer zählen zu den kurzfristigen Anreizen Boni, die die große Mehrheit der 430 befragten, mehrheitlich multinationalen Unternehmen einmal im Jahr an ihre Mitarbeiter auszahlen.
Auf jährlicher, vierteljährlicher oder monatlicher Basis wenden 57 Prozent der Firmen einen Absatzanreiz für Vertriebsmitarbeiter an. Langfristige Anreize werden erst von 29 Prozent der befragten Unternehmen eingesetzt und gehen vor allem mit der wachsenden Verantwortung in einer Position einher.
Zusätzliche Leistungen sind ein wirksames Mittel, um Arbeitnehmer zu binden. Verbreitet ist in Portugal eine private Krankenzusatzversicherung. Diese deckt die Kosten von Krankenhausaufenthalten, Geburt, Arzneimitteln, Zahnarztbehandlung, Brillen und Prothesen ab (sogenannter Plano Médico). Diese gewähren laut Mercer 92 Prozent der befragten Unternehmen.
Hinzu kommen bei 72 Prozent Lebensversicherungen oder Rentenschemata (45 Prozent). Etwa 60 Prozent der Firmen bieten als Anreiz zusätzliche Urlaubstage über die vorgeschriebenen 22 Tage hinaus. Viele Unternehmen beteiligen sich an den Kosten von Fortbildungen. Rund ein Viertel unterstützt die Schulkosten der Kinder des Mitarbeiters oder gewährt Darlehen oder Vorschüsse, vor allem in Notsituationen.
Sozialversicherungsbeiträge
Die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge sind seit einigen Jahren unverändert. Zur Anwendung kommt ein Einheitssatz, die sogenannte "taxa única" in Höhe von 34,75 Prozent auf den Bruttomonatslohn. Der Arbeitgeberanteil beläuft sich auf 23,75 Prozent. In diesem Satz sind unter anderem Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, aber auch Elternzeit eingeschlossen. Der Arbeitnehmer entrichtet einen Anteil von 11 Prozent.
Die Arbeitsunfallversicherung trägt allein der Arbeitgeber. Sie wird bei einer privaten Versicherungsgesellschaft abgeschlossen. Die Kosten schwanken je nach Berufsgruppe etwa zwischen 2 und 7 Prozent der gezahlten Gesamtjahresvergütung, wobei das jeweilige Berufsrisiko ausschlaggebend ist.
Einheitlicher Satz zur Sozialversicherung (Arbeitgeberanteil) | 23,75 |
Einheitlicher Satz zur Sozialversicherung (Arbeitnehmeranteil) | 11,0 |
Gesamter Beitragssatz "taxa única" | 34,75 |