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Wirtschaftsausblick | Saudi-Arabien

Unsicheres Wachstum: Saudi-Arabiens Wirtschaft im Krisenumfeld

Saudi-Arabiens Wirtschaft steht 2025 unter Druck: Niedrige Ölpreise, ein Defizit im Staatshaushalt und der Konflikt zwischen Israel und Iran prägen das Umfeld.

Von Heena Nazir | Dubai

Top-Thema:  Krisensteuerung am Ölmarkt

Saudi-Arabien gehört zu den weltweit bedeutendsten Erdölproduzenten und spielt eine zentrale Rolle innerhalb der OPEC+, einem erweiterten Bündnis von Erdöl exportierenden Staaten unter Beteiligung Russlands. Als Förderland Nummer 1 dieses Kartells, das durch koordinierte Fördermengen die weltweiten Ölpreise beeinflusst, hat Riad politisch und wirtschaftlich einen sehr bedeutenden Einfluss.

Nach israelischen Luftangriffen auf iranische Anlagen im Juni 2025 reagierten die Energiemärkte umgehend: Der Brent-Ölpreis stieg um rund 7 Prozent auf bis zu 78 US-Dollar (US$) pro Barrel. Der Anstieg resultierte aus einer geopolitischen Risikoprämie, einem Versicherungsaufschlag, den Händler zahlen, um sich gegen mögliche Lieferunterbrechungen abzusichern. Derzeit liegt diese Prämie bei etwa 10 US$ je Barrel.

Ein zentrales Risiko für die weitere Preisentwicklung stellt die Straße von Hormus dar – eine strategisch bedeutsame Meerenge zwischen Iran und Oman, durch die rund ein Fünftel des weltweiten Rohöls transportiert wird. Eine Blockade dieses Nadelöhrs könnte massive Lieferausfälle verursachen und die Ölpreise auf Werte zwischen 100 und 150 US$ steigen lassen.

Saudi-Arabiens doppelter Balanceakt

Saudi-Arabien reagiert bislang mit Zurückhaltung. Das Königreich setzt seine freiwilligen Förderkürzungen fort, um kurzfristig Preisstabilität zu sichern. Gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten verfügt das Land über eine tägliche Reservekapazität von rund 3,5 Millionen Barrel. Dabei handelt es sich um nicht ausgeschöpfte Fördermengen, die bei Bedarf rasch aktiviert werden können. Dieser Puffer stärkt die Position Riads in Krisensituationen. Dennoch steht das Königreich immer wieder vor einem strukturellen Dilemma: Den Ölmarkt zu stabilisieren, ohne dabei die finanzielle Basis für seine ehrgeizige Reformagenda zu gefährden.

Wirtschaftsausblick: Zwischen Risiken und Wachstumszielen

Trotz der Spannungen zwischen Israel und Iran rechnen internationale Institutionen für Saudi-Arabien auch 2025 mit einem moderatem Wirtschaftswachstum. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert ein reales Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 3 Prozent. Im kommenden Jahr soll es auf 3,7 Prozent steigen. Die Weltbank ist mit einer Prognose von 2,8 Prozent für 2025 etwas vorsichtiger, erwartet jedoch im Folgejahr einen Anstieg auf 4,5 Prozent. 

Die Prognosen wurden allerdings vor der Eskalation des Israel-Iran-Konflikts erstellt. Dessen Folgen auf Ölpreise, Investitionen oder Risikoprämien sind derzeit schwer absehbar. Die bisherigen Annahmen beruhen auf einer allmählichen Erholung des Ölsektors und einer soliden Entwicklung nicht ölbasierter Branchen wie Tourismus, Bauwesen, Einzelhandel und Dienstleistungen. 

Jedoch reichen temporäre Preisschübe auf dem Ölmarkt nicht aus, um den saudi-arabischen Staatshaushalt auszugleichen. Laut IWF wäre ein durchschnittlicher Ölpreis von rund 92 US$ je Barrel nötig, um das Budget für 2025 zu decken. Tatsächlich lag der Durchschnitt im 1. Quartal nur bei 61 US$. Das daraus resultierende Haushaltsdefizit von 15,7 Milliarden US$ gefährdet die Zeitpläne für zentrale Vorhaben der "Vision 2030" – des saudi-arabischen Transformationsprogramms zur wirtschaftlichen Diversifizierung.

Großprojekte wie NEOM, ein futuristisches Stadtprojekt nahe der jordanischen Grenze, sowie neue Industriecluster und touristische Entwicklungszonen sind auf öffentliche Anschubfinanzierung und Planungssicherheit angewiesen. Verzögerungen oder Kürzungen könnten den wirtschaftlichen Umbau spürbar bremsen.

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Exporte unter Druck

Im Jahr 2024 gingen die saudi-arabischen Gesamtexporte laut offizieller Statistikbehörde geringfügig um 1,6 Prozent auf rund 315 Milliarden US$ zurück, hauptsächlich aufgrund rückläufiger Öleinnahmen. Zugleich stiegen die Importe um 11,2 Prozent auf über 230 Milliarden US$, insbesondere bei Maschinen, Elektronik und Fahrzeugen. Der Handelsbilanzüberschuss fiel dadurch deutlich geringer aus als im Vorjahr.

Falls das Ölpreisniveau im weiteren Jahresverlauf steigt, könnte auch das saudi-arabische Exportvolumen wieder anziehen. Entscheidend wird zudem sein, ob es zu gravierenden Störungen im internationalen Handel kommt. Wichtigste Herkunftsländer saudischer Importe sind China, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate (insbesondere über Reexporte aus Dubai), Indien und Deutschland.

Deutsche Perspektive: Als Partner der Diversifizierung gefragt

Die deutschen Ausfuhren nach Saudi-Arabien entwickelten sich 2024 weiter positiv. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen sie um 7,5 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Im 1. Quartal 2025 verbuchten sie ein Plus von 13,2 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro. Während die Fahrzeugexporte um 14,1 Prozent zurückgingen, konnten andere Segmente, insbesondere Metallerzeugnisse, stark zulegen (+128 Prozent).

Die Diversifizierung der saudischen Wirtschaft eröffnet deutschen Unternehmen vielfältige Kooperationschancen. Der Maschinenbau bleibt dabei eine Schlüsselbranche: Im Jahr 2024 legten die deutschen Maschinenexporte um 24 Prozent auf rund 1,5 Milliarden Euro zu. Das ist ein klares Signal für die hohe Attraktivität deutscher Technologien im industriellen Transformationsprozess des Königreichs.

GTAI-Informationsangebote zu Saudi-Arabien

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