Singapur bietet klare Regularien und ein verlässliches Umfeld für Medizintechnik. Der Marktzugang erfolgt meist über Distributoren mit Zusatzservices wie Schulung und Support.
Internationale Firmenvertreter loben den Standort Singapur für seine "einzigartige Konzentration" von wissenschaftlichen Einrichtungen, Inkubatoren, hochqualifizierten Beschäftigten und dem vorhersehbaren wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld. Ebenso werden die starke Unterstützung von Seiten des EDB bei Investitionsprojekten sowie die schnelle Umsetzung der Vorhaben in Singapur hervorgehoben.
Singapur verfügt über ein hochentwickeltes Gesundheitssystem mit universeller Grundversorgung für alle Bürger. Die Finanzierung basiert auf dem Prinzip der Eigenverantwortung und einem mehrschichtigen Modell. MediShield Life ist dabei der Basis-Krankenversicherungsplan, der hohe Krankenhauskosten und teure ambulante Behandlungen abdeckt.
Versicherte tragen die Prämien selbst, den Selbstbehalt, die Zuzahlungen sowie alle Kosten, die die Deckungsgrenzen übersteigen. MediShield Life wird durch staatliche Subventionen und ein verpflichtendes medizinisches Sparkonto namens MediSave ergänzt. Zusätzlich können Einzelpersonen eine ergänzende private Krankenversicherung abschließen oder über ihren Arbeitgeber versichert werden.
Einfuhr und Regularien klar definiert
Der Großteil der Branchenerzeugnisse wird über Distributoren eingeführt. Diese bieten neben dem Vertrieb der Produkte häufig andere Dienstleistungen an - zum Beispiel bei komplexeren Produkten Training für Krankenhauspersonal oder Anwender. Bei Importen aus Deutschland kann das Freihandelsabkommen (FTA) mit der Europäischen Union (EU) genutzt werden, das zahlreiche medizintechnische Produkte umfasst.
Medizinprodukte unterliegen dem Health Products Act sowie den Health Products (Medical Devices) Regulations. Die Health Sciences Authority (HSA) ist die Hauptregulierungsbehörde in Singapur, die für die Sicherheit, Qualität und Überwachung von Medizinprodukten und digitalen Gesundheitslösungen verantwortlich ist. Sie ist international engagiert im International Medical Device Regulators Forum (IMDRF). Nahezu sämtliche Produkte des Sektors sind reguliert.
Die regulatorischen Anforderungen sind hoch, aber transparent. Die Health Sciences Authority (HSA) gilt als streng, jedoch effizient. Branchenexperten wie Christopher Schwarz, Senior Director Business Development bei der Firma Arvato, stufen die HSA als gut organisiert und strukturiert ein. Auch andere deutsche Branchenfirmen sprechen davon, dass die Einfuhrprocedere im Regelfall "problemos" seien.
Die regulatorischen Anforderungen an digitale Gesundheitslösungen richten sich nach internationalen Standards. Hersteller können ihre Zulassungen aus dem Ausland nutzen, um eine Zulassung in Singapur zu erhalten. Da medizinische Geräte häufig Batterien, Ladegeräte oder Chemikalien enthalten, wird zum Teil auch eine Lizenz für den Import von Gefahrengütern (Dangerous Goods) benötigt. Dies ist aber nach Auskunft von Logistikexperten relativ problemlos, solange die Güter in den Geräten verbaut sind.
ASEAN bei Standards noch nicht einheitlich
Singapur wird von Branchenfirmen auch als Brückenkopf für den Export nach ASEAN genutzt. Innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft soll die Medical Device Directive (AMDD) zur Harmonisierung des regulatorischen Rahmens für Medizinprodukte in der Region dienen. Bislang haben von den zehn ASEAN-Mitgliedstaaten nur Singapur, Malaysia und Indonesien die Richtlinie vollständig umgesetzt.
Nach Einschätzung von Unternehmensvertretern hinkt ASEAN bei der Standardisierung im medizintechnischen Bereich hinterher. Singapur gilt gemäß Christopher Schwarz als Benchmark und Vorbild im regionalen Vergleich, die dortigen Regularien werden daher oft auch in ASEAN genutzt oder bei einigen Produkten sogar im globalen Kontext. Andere Branchenexperten weisen im GTAI-Gespräch darauf hin, dass bei einem Vertrieb innerhalb ASEANs aufgrund stark unterschiedlicher Gesellschaften, Kulturen und Religionen zum Teil auch unterschiedliche Marketingstrategien eingesetzt werden müssen.
Chancen für deutsche Anbieter
Der öffentliche Sektor ist kostenbewusst, was Preisdruck erzeugt. Dennoch besteht in Singapur aufgrund der hohen Kaufkraft eine hohe Zahlungsbereitschaft für Qualität und Innovation. Besonders gefragt sind nachhaltige, langlebige und wartungsarme Produkte. Kooperationen mit lokalen Forschungseinrichtungen und Start-ups können den Marktzugang erleichtern.
Die wichtigsten Kunden für Medizintechnik sind öffentliche Krankenhäuser, private Klinikketten, Forschungseinrichtungen sowie spezialisierte Arztpraxen. Der Einkauf erfolgt teils zentral über staatliche Stellen wie die Health Sciences Authority (HSA), teils dezentral über Klinikverbünde oder private Betreiber. Auch Start-ups und Innovationszentren sind zunehmend Abnehmer spezialisierter MedTech-Lösungen.
Deutsche Anbieter haben nach Auskunft von Branchenkennern gute Chancen, insbesondere bei High-End-Produkten wie chirurgischen Instrumenten, Laboreinrichtungen, Dialyse- und Beatmungsgeräten, bildgebenden Systemen und KI-gestützter Diagnostik. Single-Use-Produkte wie Handschuhe, Bandagen, Spritzen oder Katheter werden eher in OEM-Fertigung in anderen ASEAN-Staaten oder in China hergestellt.
In Singapur finden als zentrale Drehscheibe in Asien zahlreiche Messen und Kongresse im Gesundheitsbereich statt. Unter anderem wird die Messe Berlin im Juli 2026 erstmalig die "Smart Health Asia" ausrichten. Im Fokus sollen digitale Innovationen und Kooperationen stehen. Erwartet werden 250 Aussteller, 6.000 Teilnehmende und 300 hochrangige Einkäufer aus ganz Asien. Die "Medical Fair Asia" findet vom 9. bis 11. September 2026 statt und wird von Messe Düsseldorf Asia im zweijährigen Rhythmus organisiert. Bei der letzten Ausgabe 2024 fanden sich fast 14.000 Personen aus 60 Ländern zu der Veranstaltung ein. Darüber hinaus führt die deutsch-singapurische AHK (SGC) regelmäßig Delegationsreisen zum Thema Medizintechnik nach Deutschland sowie für deutsche Firmen nach Singapur durch.
Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.
Von Alexander Hirschle
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