Spaniens Medizintechnikmarkt wächst schneller als die Gesundheitsausgaben insgesamt. Die Alterung der Gesellschaft und neue Klinikprojekte treiben die Nachfrage.
Spanien ist Europas fünftgrößter Absatzmarkt für Medizintechnik - nach Deutschland, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Italien. Die Nachfrage dürfte in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Haupttreiber sind die Alterung der Gesellschaft, die Zunahme an chronischen Krankheiten und der Ausbau der Gesundheitsinfrastruktur. Die Lebenserwartung ist die höchste in der EU. In den letzten Jahren sorgte die starke Zuwanderung für einen zusätzlichen Bedarf im Gesundheitssektor. Öffentliche Träger und private Unternehmen planen oder realisieren bereits diverse Projekte im Krankenhausbereich im ganzen Land.
11,6
Milliarden
Euro Marktvolumen prognostiziert Fitch Solutions für das Jahr 2029.
Ausgaben für Medizintechnik steigen überdurchschnittlich
Die Marktanalysefirma Fitch Solutions prognostiziert eine durchschnittliche Wachstumsrate des spanischen Medizintechnikmarkts in den Jahren 2024 bis 2029 von jährlich 5,9 Prozent. Die Steigerungsrate ist damit höher als beim Absatz von Medikamenten, die Fitch mit jährlich 3 bis 4 Prozent im selben Zeitraum beziffert. Im europäischen Vergleich weist Spanien im Bereich Medizintechnik noch Entwicklungspotenzial auf: Die Pro-Kopf-Ausgaben lagen im Jahr 2024 bei rund 180 Euro, während der europäische Durchschnitt laut dem Verband MedTech Europe bei 320 Euro lag. Wie auch im Pharmasektor, führen Sparzwänge im öffentlichen Gesundheitssystem dazu, dass die Ausgaben streng kontrolliert werden.
Nachfrage durch mehr Krankenhausprojekte
Als Abnehmer medizinischer Produkte spielt neben dem universellen Gesundheitssystem SNS (Sistema Nacional de Salud) der private Krankenhaussektor eine wachsende Rolle. Er profitiert davon, dass immer mehr Personen eine private Zusatzversicherung abschließen, beziehungsweise über ihren Arbeitgeber angeboten bekommen. Ende Juni 2025 waren 14,3 Millionen Policen aktiv, das entspricht etwa 30 Prozent der spanischen Bevölkerung. Lange Wartezeiten auf Facharzttermine und geplante Eingriffe im öffentlichen Gesundheitssystem machen private Zusatzversicherungen für viele Patientinnen und Patienten attraktiv.
In Spanien existieren aktuell 751 Krankenhäuser. 40 Prozent davon betreiben private Unternehmen (302 Krankenhäuser), die bisweilen auch im Auftrag des SNS Gesundheitsdienstleistungen übernehmen. Größter privater Anbieter mit einem Jahresumsatz von zuletzt 5 Milliarden Euro ist die Klinikgruppe Quirónsalud, die der deutsche Konzern Fresenius Helius 2016 übernommen hatte. Weitere Marktteilnehmer sind unter anderem Ribera Salud, Vithas, HM Hospitales, IMED Hospitales, Grupo Hospitalario HLA, Clínica de la Universidad de Navarra, Sanitas, Hospiten und Viamed Salud. Die Eigentümerschaft bei diesen Playern liegt hier teilweise ebenso bei ausländischen Konzernen oder Fonds.
Im privaten und im öffentlichen Sektor stehen verschiedene Projekte für Krankenhausneubauten oder Erweiterungen auf dem Programm. Das eröffnet ausländischen Anbietern von Medizintechnik zusätzliche Lieferchancen. Die Umsetzung wird aktuell auch durch den Zeitdruck befördert, dass Fördermittel aus den NextGenerationEU-Fonds nur noch bis Mitte 2026 beantragt werden können. Das spanische Gesundheitsministerium hatte ein spezielles Programm aufgelegt, um mit EU-Mitteln der laufenden Förderperiode die Modernisierung von Medizintechnik im SNS voranzutreiben.
Ausgewählte Investitionsprojekte im Gesundheitssektor in SpanienInvestitionssumme in Millionen Euro| Akteur/Projekt (Region) | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
|---|
| Öffentliches Krankenhaus La Paz/ Ciudad de la Salud (Madrid) | 1.000 | Baubeginn vor Ende 2025 geplant; erste Auftragsvergaben Oktober 2025 erfolgt | Sanierung und Erweiterung; Verdopplung des Budgets gegenüber ersten Planungen; hinzu kommen eine neue Medizinische Fakultät der Autonomen Universität Madrid, ein pädiatrisches Zentrum für Krebs und eine Einheit für Protonentherapie |
| Öffentliches Krankenhaus in Málaga (Andalusien) | 607 | Baubeginn 2026 geplant; Bauauftrag Oktober 2025 erfolgt | Neubau: 815 Betten, 80 Intensivstationen und 48 OP-Säle; Projekt soll mit EFRE-Strukturfondsmitteln kofinanziert werden |
| Öffentliches Krankenhaus Gregorio Marañón (Madrid) | 400 | Baubeginn Anfang 2026 geplant | Sanierung und Erweiterung mit zwei neuen Gebäuden: u.a. für experimentelle Medizin, 3D-Druck, robotisierte Apotheke, erweiterte Radiotherapie mit Linearbeschleuniger |
| Privates Universitätskrankenhaus in Boadilla del Monte (Madrid) | 200 | Im Bau; Fertigstellung Mitte 2026 geplant | Neubau durch privaten Gesundheitskonzern Hospiten: 160 Betten, 20 Notaufnahmebetten, 12 Intensiv-Betten, 17 OP-Säle; u.a. Einheit für robotergestürzte und laparoskopische Chirurgie |
| Privater Wissenschafts- und Innovationscampus Barcelona Science Innovation District (BaSID) (Katalonien) | 200 | In Umsetzung | Entwicklung eines innovativen Life Science-Hubs durch den privaten Betreiber Stoneshield Capital; 75.000 m2 verteilt auf fünf Immobilien, darunter Bayer als Hauptmieter; Förderung der Zusammenarbeit von Start-ups, Unternehmen und Forschungseinrichtungen |
| Öffentliches Krankenhaus Vall d'Hebron Barcelona Hospital Campus (Katalonien) | 130 | In Planung; Fertigstellung 2028/2029 geplant | Erweiterung: u.a. neues Gebäude für die ambulante Erwachsenenversorgung; neues Gebäude zur Zentralisierung der Notfallversorgung; zusätzliches Gebäude für Krebsforschung - Verdopplung der Laborfläche |
| Privates Krankenhaus Cornellà de Llobregat (Katalonien) | 70 | Im Bau; Fertigstellung 2026 geplant | Neubau durch privaten Gesundheitskonzern IMED Hospitales: 20.000 m2 Nutzfläche, 140 Betten, 12 Intensivbetten, 19 OP-Säle |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025
Digital Health findet bereits breite Anwendung
Im Jahr 2024 haben Akteure des öffentlichen Gesundheitssystems insgesamt 1,1 Milliarden Euro in Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) investiert. Dies entspricht 1,4 Prozent der öffentlichen Gesundheitsausgaben und bewegt sich in etwa auf dem Niveau der vorangegangenen drei Jahre. Veröffentlicht hat diese Werte die Spanische Gesellschaft für Gesundheitsinformatik SEIS (Sociedad Española de Informática de la Salud), die jährlich eine Erhebung zum Digitalisierungsfortschritt im spanischen Gesundheitswesen veröffentlicht. Die Kooperationspartner von SEIS umfassen bekannte internationale Namen wie Siemens Healthineers, T-Systems, Microsoft, Philips, Telefónica und EY.
Die Digitalisierung im spanischen Gesundheitswesen ist in vollem Gang. Elektronische Rezepte sind bereits weit verbreitet, ebenso wie die digitale Patientenakte. Unterschiede gibt es auf regionaler Ebene, da die 17 so genannten Autonomen Gemeinschaften Spaniens für die Planung und Verwaltung des Gesundheitswesens zuständig sind. Sie erhalten zwar Zuweisungen aus dem nationalen Haushalt, ordnen den Gesundheitseinrichtungen in ihrer Region aber eigenständig Ressourcen zu.
Digital Health Strategie
Spanien verfügt über eine eigene Strategie für die Digitalisierung im öffentlichen Gesundheitssektor für die Jahre 2021 bis 2026 (Estrategia de Salud Digital). Strategische Leitlinien sind:
- Entwicklung digitaler öffentlicher Gesundheitsdienste
- Förderung der Interoperabilität von Gesundheitsinformationen
- Ausbau der Datenanalyse und Informationsverwertung
Die Umsetzung der Strategie erfolgt über diverse Projekte auf nationaler und regionaler Ebene, die meistens über öffentliche Ausschreibungen gestartet werden. Hier geht es aktuell beispielsweise um die verstärkte Nutzung der digitalen Patientenakte seitens des Gesundheitspersonals, die Einführung einer virtuellen Versichertenkarte oder den Aufbau eines nationalen Impfregisters. Noch bis Juni 2026 stehen für alle Einzelprojekte insgesamt 893 Millionen Euro zur Verfügung.
Von Friedrich Henle
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Madrid