Der kurzfristigen Aussichten der spanischen Landwirtschaft sind positiv. Erfolge in der Zukunft hängen aber zunehmend vom Wasser ab. Smart Farming könnte ebenfalls helfen.
Der spanische Agrarsektor sieht neuen US-Zöllen auf Nahrungsmittel mit gemischten Gefühlen entgegen. Die USA liegen zwar insgesamt nur auf Platz 20 der wichtigsten Exportmärkte. Einzelne Sektoren fürchten jedoch negative Auswirkungen der im April 2025 angekündigten Zölle. So beklagen Olivenbauern, dass sie bereits in der ersten Amtszeit von Präsident Trump durch Zölle etwa zwei Drittel des US-Absatzmarkts verloren hätten.
Hersteller von Olivenöl lieferten 2024 im Wert von rund 1 Milliarde Euro auf die andere Seite des Atlantiks und fürchten nun Einbußen. Verunsichert ist auch der Weinsektor, der zudem mit sinkendem Absatz im Heimatmarkt kämpft. Für beide Sektoren stellen die USA jeweils mehr als 10 Prozent der Exporterlöse dar.
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%
der weltweiten Olivenölproduktion findet in Spanien statt.
Agrarsektor wächst stärker als die Gesamtwirtschaft
Die Branche blickt dennoch positiv auf das Erntejahr 2025. Dazu tragen auch reichliche Niederschläge fast im gesamten Land im Monat März bei. Zuletzt hatte die von drei Dürrejahren gebeutelte Region Katalonien im April sämtliche Einschränkungen hinsichtlich der Wassernutzung zurückgenommen. Dies betraf auch die landwirtschaftliche Bewässerung.
Die Research-Abteilung der spanischen CaixaBank sagt für das Jahr 2025 eine Zunahme des sektoriellen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Höhe von 5,5 Prozent voraus. Das ist mehr als doppelt so viel wie ihre Prognose für die Gesamtwirtschaft (plus 2,5 Prozent). Auch in den beiden Vorjahren hat der Sektor deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft zugenommen und sich damit vom Einbruch während des schwachen Dürrejahres 2022 (minus 20,3 Prozent) erholt.
Ein Nachfragefaktor ist auch der große Binnenmarkt. Laut der nationalen Statistikbehörde INE stieg die Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner zwischen Anfang 2021 und Anfang 2025 um 1,7 Millionen auf nunmehr 49,1 Millionen.
Spanien ist der Obst- und Gemüsegarten Europas
Spanien ist in Europa traditionell ein wichtiger Produktionsstandort für Agrargüter. Zum einen versorgt der Sektor den wachsenden heimischen Markt. Zum anderen beliefert er Auslandsmärkte großvolumig mit Obst, Gemüse, Olivenöl und weiteren Agrarprodukten. Ein Gang durch deutsche Supermärkte macht klar, welche Bedeutung der Export für die spanische Landwirtschaft hat. Deutschland war 2024 die wichtigste Ausfuhrdestination für frisches Obst und Gemüse, mit einem Wert von 5,2 Milliarden Euro. In der Rangliste folgen Frankreich und das Vereinigte Königreich.
Der gesamte Sektor dürfte laut Schätzungen des spanischen Landwirtschaftsministeriums im Jahr 2024 einen Produktionswert von 68,4 Milliarden Euro erreichen. Der Produktionswert von Gemüse betrug 12,9 Milliarden Euro, der von Obst 12,2 Milliarden Euro. Die beiden Gruppen stehen für zwei Drittel der pflanzlichen Agrarproduktion. Bei der Viehzucht sticht die Schweinemast mit einem Wert von 11 Milliarden Euro hervor.
Gegenüber 2023 stieg der Wert der pflanzlichen Produktion um 8,9 Prozent. Besonders stark nahm die Olivenölproduktion mit einem Plus von 51 Prozent zu. Das Ergebnis der gesamten Viehzucht lag hingegen um 1,3 Prozent niedriger als im Vorjahr.
Landwirtschaft muss sich an den Klimawandel anpassen
Die überdurchschnittlichen Niederschläge im März 2025 haben zwar die Stauseen reichlich gefüllt, verschaffen der Landwirtschaft aber nur kurzfristig eine Atempause. Bis Ende des Jahrhunderts erwarten die Vereinten Nationen in der Region 25 bis 40 Prozent weniger Niederschläge. Dürreperioden werden häufiger auftreten und länger andauern.
Schon jetzt muss in Spanien knapp ein Viertel der Ackerfläche bewässert werden. Statistiken beziffern den Anteil der Landwirtschaft am gesamten Wasserverbrauch des Landes auf beachtliche 80 bis 85 Prozent. In Zukunft dürften gereinigtes Abwasser und entsalztes Meerwasser an Bedeutung gewinnen. Und landwirtschaftliche Betriebe werden zunehmend gezwungen sein, ihren Fokus auf eine möglichst effiziente Bewässerung zu setzen.
Innovative Anbaumethoden auf dem Vormarsch
Weitere Herausforderungen für den Sektor sind der zunehmende Arbeitskräftemangel in ländlichen Regionen sowie die Konkurrenz durch Importe aus anderen Ländern wie beispielsweise aus Nordafrika oder China. All dies drängt landwirtschaftliche Betriebe in Spanien dazu, immer effizienter und produktiver zu wirtschaften.
Die Digitalisierung und die weitere Technisierung der landwirtschaftlichen Betriebe sind Ansätze, um den Sektor fit für die Zukunft zu machen. Die spanische Regierung unterstützt dies mit Fördermitteln aus dem NextGenerationEU-Fonds. Im Zeitraum 2021 bis 2027 fließen allein 1,8 Milliarden in den Bereich Agroindustrie. Förderfähige Projekte fokussieren sich auf die Digitalisierung des Sektors sowie Forschung und Entwicklung.
Smart Farming vor allem bei der Bewässerung erwünscht
Im Dezember 2024 veröffentlichte das spanische Landwirtschaftsministerium Umfrageergebnisse zum Thema Digitalisierung im Agrarbereich. Demnach stellen intelligente Bewässerungssysteme den wichtigsten Anwendungsbereich von Smart Farming-Lösungen in Spanien dar. Als zweitwichtigsten Anwendungsbereich nannten die landwirtschaftlichen Betriebe digitale Werkzeuge, die die optimale Nährstoffzufuhr für Pflanzen inklusive Düngemittel bestimmen können. In der Rangliste folgen das Erkennen und Behandeln von Schädlingen und Krankheiten sowie das generelle Management von Daten.
Agrovoltaik als Chance für landwirtschaftliche Betriebe
Noch nicht ausgeschöpft sind Lösungen, um durch die Kombination von Landwirtschaft und Fotovoltaik höhere und stabilere Erträge für landwirtschaftliche Betriebe zu erzielen. Das Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Almería untersucht beispielsweise, wie sich die Beschattung durch PV-Anlagen auf das Pflanzenwachstum und den Wasserhaushalt auswirkt. So genannte Agrovoltaik-Anwendungen erprobt das Institut gemeinsam mit spanischen Partnern in lokalen Gewächshaus- und Weinbau-Projekten.
Von Friedrich Henle
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Madrid