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Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion
Europäische Fördergelder und die Auslandsnachfrage sorgen für günstige Aussichten für die Fertigung. Spanien zählt zu den führenden internationalen Kfz-Produktionsstandorten.
26.01.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Strategieplan soll 24 Milliarden Euro Investitionen mobilisieren
Spanien war 2021 der zweitgrößte Fahrzeugproduzent in Europa und neuntgrößte weltweit. Laut den neuesten Angaben werden 20 Fahrzeugmodelle weltexklusiv in Spanien gebaut und acht weitere Modelle innerhalb Europas nur in dem iberischen Land.
Innerhalb Europas ist das Land der viertwichtigste Kfz-Teilehersteller. Die Unternehmensberatung EY sah die spanische Kfz- und Kfz-Teileindustrie im September 2020 im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt. Gelobt wurden die Logistik, die Effizienz der Hersteller und die Qualität der zugelieferten Komponenten.
Die spanische Regierung hat einen Strategieplan für elektrifizierte und vernetzte Mobilität beschlossen. Der finanzielle Beitrag des Staates beläuft sich auf 4,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen 19,7 Milliarden Euro, die Unternehmen aus der Automobilbranche aufbringen. Der Plan sollte bis Ende 2023 umgesetzt werden, wird aber wahrscheinlich verlängert.
Das Land will sich als Hub für Elektromobilität an die europäische Spitze setzen. Alle wesentlichen Komponenten wie Batterien und Brennstoffzellen sollen in Spanien produziert werden, ebenso die Ladeinfrastruktur. Hinzu kommen Mikroprozessoren und weitere Teile, die zur Vernetzung der Fahrzeuge erforderlich sind.
Die Automobilbranche zählt zu den größten Wirtschaftszweigen Spaniens. Je nach Breite der Branchendefinition trägt der Sektor etwa 8 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Von Januar bis Ende November 2022 erreichte die Kfz-Produktion rund 2 Millionen Einheiten. Der Umsatz mit Kfz-Teilen lag laut aktuellsten Angaben 2021 bei 32,1 Milliarden Euro.
Die Automobilbranche und ihre Lieferketten sind sehr stark international verflochten. Die Fahrzeughersteller sind vor allem auf große europäische Märkte ausgerichtet, insbesondere auf Deutschland.
Auch die Zulieferer sind vorwiegend auf das Ausland fokussiert. Sie exportieren 60 Prozent ihrer Fertigung direkt und inklusive der in Fahrzeugen verbauten und ausgeführten Kfz-Teile sogar mehr als 80 Prozent.
Die führenden Automobilhersteller und Zulieferer investieren laufend in Modernisierungen und Anpassungen ihrer Produktionsanlagen. Pro Jahr belaufen sich ihre Investitionen laut dem Branchenverband Anfac auf insgesamt circa 3 Milliarden Euro. Die Aktivitäten erfolgen meistens auf der Basis mehrjähriger Pläne.
Vorhaben | Investitionssumme (in Mio. Euro) | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
SEAT; Elektrifizierungs- und Forschungsprogramm 2021 bis 2025 | 5.000 | im Sommer 2020 angekündigt | umfasst auch die Beschaffung neuer Ausrüstung für die Produktion in Martorell (Barcelona) und weiteren Werken |
PowerCo; Batteriezellfabrik in Sagunto (Valencia) | 3.000 | Grundstück gekauft. Geplante Inbetriebnahme 2026 | Das Batterie-Unternehmen von Volkswagen rechnet für die Gigafactory mit einer Produktionskapazität von 40 Gigawattstunden pro Jahr. Die Batteriezellen werden zur Versorgung von Elektroautos in den Werken Martorell und Pamplona verwendet. |
Renault; Industrieplan Spanien 2021 bis 2024 | keine Angabe | angekündigt im Sommer 2021 | umfasst die Vergabe von drei neuen Modellen mit zuschaltbarem Hybridantrieb an das Werk in Palencia, zwei neue Modelle für das Karosserie- und Montagewerk in Valladolid sowie eine neue Motorengeneration. |
Iberdrola; Aufbau von Schnelladepunkten für Elektroautos im Zentrum und Süden der iberischen Halbinsel | 150 | in Umsetzung bis 2025 | insgesamt 150.000 Ladestellen vorwiegend mit 50 kW sowie weitere mit 100, 150 und 350 kW |
Endesa X; Aufbau von Ladepunkte für Elektroautos | 100 | in Umsetzung bis Ende 2024 | Bisher wurden 11.000 Ladestellen landesweit installiert, davon 2.800 öffentliche. Ende 2024 sollen insgesamt 46.000 Punkte zur Verfügung stehen. |
Endesa und Cepsa; Ausbau Schnellladenetz | Keine Angabe | in Umsetzung | Der Verbund soll das größte Straßen-Schnellladenetz Spaniens ausbauen. Es sollen jede 200 Kilometer einen 150-kW-Ladepunkt geben. Geplant sind 720 Punkte bis Ende 2023 |
Spanien beherbergt eine breit aufgestellte Teileindustrie für Fahrzeuge. Diese stützt sich vor allem auf den Export, versorgt aber auch den Binnenmarkt und lokale Kfz-Hersteller. Nach zwei Jahren mit rückläufigen Umsätzen setzte 2021 eine Trendwende ein. Während der Inlandsmarkt annähernd stagnierte, sorgten die Exporte für eine dynamische Entwicklung.
Bereich | 2019 | 2020 | 2021 |
Insgesamt | 35,8 | 30,2 | 32,1 |
Inlandsmarkt | 15,1 | 12,3 | 12,4 |
OEM | 9,8 | 7,7 | 7,3 |
Aftermarket | 5,3 | 4,6 | 5,1 |
Export | 20,7 | 17,9 | 19,7 |
Insgesamt sind in Spanien rund 1.000 Hersteller von Kfz-Teilen vertreten. Der Fachverband Sernauto repräsentiert nach eigenen Angaben 85 Prozent des Sektors.
Kfz-Hersteller produzieren an 18 Standorten
Seat und Volkswagen, Ford, General Motors, Irizar, Iveco, Mercedes-Benz, Renault und Stellantis fertigen Kfz in Spanien. Bis auf den baskischen Bushersteller Irizar sind sie im Fachverband Anfac organisiert. Dieser hat eine Übersichtskarte mit den Aktivitäten seiner Mitgliedsunternehmen im Land erstellt.
Das Jahr 2022 brachte einige Veränderungen der in Spanien gefertigten Modellpalette mit sich. Als neue Fahrzeugtypen kamen der Fiat Doblò, Mitsubishi ASK und der Renault Austral hinzu.
Mit dem Rückzug Nissans vom Standort Barcelona fiel die Fertigung der Modelle Navara und e-NV200 weg. Zudem stellte Ford die Produktion des Mondeo und Renault die Herstellung des Kadjar ein.
Viele Investitionen fließen derzeit in die Elektrifizierung der Fahrzeuge und die Infrastruktur für Elektroautos. Der Aufbau neuer Produktionskapazitäten auch durch bislang weniger bekannte Unternehmen zeichnet sich ab.
Die indische Switch Mobility legte im März 2022 den Grundstein für ein Werk in Valladolid. Dort sollen Busse und Lieferwagen mit Elektromotoren gebaut werden. Im Herbst 2022 bestätigte Switch, dass sich das Vorhaben verzögern wird.
In Barcelona knüpfen zwei Unternehmen an die Fertigung von Nissan an. Die spanischen Unternehmen QEV Technologies und B-Tech setzen auf Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb. Beide zusammen visieren eine Jahresproduktion von 100.000 Einheiten an. QEV will 60.000 Fahrzeuge der Marke Zeroid bauen und B-Tech will die Marke Ebro mit 40.000 Pick-ups jährlich wiederbeleben.
Der neue Nutzfahrzeughersteller Herko will im Oktober 2023 die Produktion von Nutzfahrzeugen aufnehmen. Im baskischen Zierbena werden dann Biogas-Fahrzeuge vom Band rollen. Bis 2025 soll die Produktion auf 640 Einheiten steigen.
Unternehmen | Umsatz |
880 | |
700 | |
604 | |
528 | |
520 | |
423 | |
355 | |
329 | |
305 | |
380 |
Die starke Präsenz internationaler Fahrzeughersteller in Spanien bedeutet auch eine vielfältige Zulieferlandschaft aus vorwiegend europäischen und lokalen Produzenten. Unter den Zulieferern mit den höchsten Umsätzen sind deutsche Unternehmen gut vertreten.
Kategorie | 2021 | 2021 1) | 2022 1) | Veränderung 2022/21 1) |
Pkw 2) | 1.662.174 | 1.549.673 | 1.642.820 | 6,0 |
Leichte Nutzfahrzeuge und Lkw 3) | 435.959 | 401.056 | 389.986 | -2,8 |
Insgesamt | 2.098.133 | 1.950.729 | 2.032.806 | 4,2 |
Kfz-Produktion legt in schwierigem Umfeld wieder zu
Das Produktionsvolumen der Fahrzeughersteller in Spanien hat in den ersten elf Monaten 2022 das Vorjahresniveau deutlich übertroffen. Trotz Lieferkettenschwierigkeiten und hoher Energiekosten legte die Fertigung um 6 Prozent zu. Wie bei den Teileherstellern war auch bei den Fahrzeugproduzenten das Auslandsgeschäft für das positive Gesamtresultat verantwortlich.
Kategorie | 2021 | 2021 1) | 2022 1) | Veränderung 2022/21 |
---|---|---|---|---|
Pkw 2) | 1.455.634 | 1.355.779 | 1.409.058 | 3,9 |
Leichte Nutzfahrzeuge und Lkw 3) | 365.093 | 337.163 | 312.903 | -7,2 |
Insgesamt | 1.820.727 | 1.692.942 | 1.721.961 | 1,7 |
In den ersten elf Monaten des Jahres 2022 wurden 85 Prozent der in Spanien gebauten Fahrzeuge exportiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf europäischen Märkten. Die meisten Kfz wurden nach Frankreich, Deutschland und Italien geliefert.
Jahr 2021 *) | Jahr 2022*) | Veränderung 2022/21 | Einfuhr aus Deutschland *) | |
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SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 897 | 908 | 1,2 | 115 |
SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc. | 10.180 | 11.292 | 10,9 | 2.150 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 1.224 | 1.457 | 19,0 | 16 |
SITC 713.2 Motoren | 1.902 | 2.156 | 13,4 | 866 |
Summe | 14.203 | 15.813 | 11,3 | 3.147 |
Unter anderem aufgrund der Präsenz deutscher Fahrzeughersteller ist Deutschland ein bedeutendes Lieferland für Fahrzeugteile. Besonders hoch ist der proportionale Lieferanteil bei Motoren (SITC 713.2).