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Wirtschaftsausblick | Sri Lanka
Das Land ringt noch immer mit den Folgen einer Schuldenkrise. Der Weg zur wirtschaftlichen Erholung ist steinig und erst 2024 wird es wohl wieder Wachstum geben.
02.06.2023
Von Florian Wenke | Mumbai
Im Frühjahr 2022 konnte Sri Lanka seine Schulden nicht mehr bezahlen und es kam zum Zahlungsausfall. Noch immer kämpft die Wirtschaft des Landes mit den Folgen. Sie befindet sich zwar nicht mehr im akuten Krisenmodus, allerdings herrscht weiterhin Verunsicherung.
In Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) wurde bereits 2022 grundsätzlich Einigkeit über ein Hilfsprogramm erzielt. Im März 2023 bestätigte der Vorstand des IWF ein Hilfsprogramm im Umfang von rund 3 Milliarden US-Dollar (US$). Andere internationale Akteure wie beispielsweise die Asian Development Bank (ADB) unterstützen das Stabilisierungsprogramm ebenfalls finanziell. Nach wie vor mangelt es aber an konkreten Einigungen mit einigen bilateralen Gebern in Bezug auf eine Umschuldung. Ohne diese kann der IWF nicht vollumfänglich tätig werden.
Im April 2023 prognostizierte die Weltbank für das laufende Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 4,3 Prozent. Bereits 2022 war die Wirtschaft um 7,8 Prozent geschrumpft. Erst für 2024 ist wieder ein leichtes Wachstum in Sicht.
Im Jahr 2022 hat die Staatsverschuldung laut IWF 128 Prozent des BIP erreicht. Nun soll sie zurückgeführt werden. Dafür muss die Regierung Ausgaben senken und Einnahmen erhöhen. Dieser Anpassungsprozess wird nicht ohne wirtschaftliche Verwerfungen vonstattengehen. Dem Land stehen harte Jahre bevor, ehe es wieder ein Wohlstandsniveau wie 2019 erreicht.
Indikator | 2021 | 2022 | 20233 | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$)1 | 89,0 | 75,32 | k.A. | 4.075 |
BIP pro Kopf (US$)1 | 4.0162 | 3.3622 | k.A. | 48.636 |
Bevölkerung (Mio.) | 21,8 | 21,8 | 21,9 | 83,4 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... S.L.Re.) | 197 | 323 | 3144 | - |
Die große wirtschaftliche Unsicherheit ist kein guter Nährboden für Investitionen. Staatliche Impulse fehlen aufgrund der angespannten Haushaltslage ebenfalls weitgehend. Seit einer kurzen Erholung 2021 schrumpfen die Bruttoanlageinvestitionen. Die Weltbank schätzt die negative Veränderung für 2022 auf 12,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und sagt eine weitere Abnahme von 4,8 Prozent für 2023 voraus.
Projektbezeichnung | Investition | Projektstand | Anmerkung / Projektträger |
---|---|---|---|
Colombo Port City | 14.000 | Gebiet als Sonderwirtschaftszone ausgewiesen; geplante Fertigstellung bis 2041 | Hafenbauprojekt in Colombo unter chinesischer Federführung / Portcity |
Elevated Highway Project | 1.000 | Aktuell in der Umsetzung; geplante Fertigstellung 2025 | Hochstraße zwischen der neuen Kelani-Brücke und Athurugiriya / Road Development Authority |
Aufbau einer gemeinsamen Ölpipeline zwischen Indien und Sri Lanka | 500 | Projekt angekündigt | Gemeinschaftsprojekt zwischen Trinco Petroleum Terminal und Lanka IOC |
Aufbau zweier Windenergieparks mit insgesamt 520 Megawatt Leistung | 442 | Projekt angekündigt; Fertigstellung bis 2025 | Projekt des indischen Industriekonglomerates Adani Group |
Aufbau eines Logistikzentrums im Hafen von Colombo | 392 | Projekt angekündigt | Investition erfolgt durch die staatliche China Merchants Group mit Sitz in Hongkong |
Aufbau einer Verarbeitungsanlage für Erze | 20 | Projekt angekündigt | MCS Group |
Große staatliche Impulse sind Mangelware, weil sich die Regierung auf die Konsolidierung ihrer Finanzen konzentrieren muss. Der entsprechende Haushalt für 2023 legt die Schwerpunkte klar auf diesen Bereich. Aus der Privatwirtschaft kommen ebenfalls negative Signale. Die Purchasing Managers Indizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor stürzten im April 2023 regelrecht ab. Sie lagen bei Werten von 34,7 beziehungsweise 49,6 Punkten. Erst ab 50 Punkten kann von Wachstum gesprochen werden. Der Rückgang liegt zwar zum Teil an Feiertagen im April, allerdings leidet insbesondere das verarbeitende Gewerbe unter geringer Nachfrage aus dem In- und Ausland.
Trotz der ungünstigen Rahmenbedingungen herrscht die Hoffnung vor. Regierungsvertreter prognostizierten zuletzt für 2023 ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 1,3 Milliarden US$. Der Wert dürfte allerdings zu optimistisch sein.
Der private Konsum ist ein wichtiger Wachstumstreiber, der laut der ADB rund 70 Prozent zum BIP des Landes beiträgt. Allerdings trüben steigende Preise derzeit die Kauflaune. Im April 2023 lag die Inflationsrate bei 33,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Wert ist noch immer hoch, aber immerhin zeigt sich eine Verbesserung gegenüber 2022 mit einer Preissteigerung von durchschnittlich 50 Prozent. Weil die Löhne kaum mit dem Wachstum der Preise mithalten und es zu Kaufkraftverlusten kommt, schränken sich viele Verbraucher weiterhin stark ein und verschieben nicht notwendige Anschaffungen.
Eine hohe Arbeitslosigkeit führt zusätzlich zu Einkommensverlusten und geringerer Kaufneigung. Die offizielle Arbeitslosenquote lag laut Weltbank 2022 bei 6,7 Prozent und damit noch einmal deutlich höher als in den beiden Pandemiejahren zuvor. Im Rahmen der aktuellen Wirtschaftskrise dürfte der Wert kaum sinken.
Allgemein hat die Wirtschaftskrise das Land ärmer gemacht. Das BIP pro Kopf sank 2022 um 16,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für 2023 ist die wirtschaftliche Unsicherheit so groß, dass sich der IWF bisher keine Prognose zur weiteren Entwicklung zutraut. Die Wohlstandsverluste sind erheblich.
Sri Lanka leidet seit Jahren an einem hohen Handels- und Leistungsbilanzdefizit. Allerdings exportierte das Land 2022 mehr nach Deutschland, als es von dort einführte. Durch Beschränkungen und Abgaben versucht die Regierung, die Einfuhren zu verringern und damit das Defizit zu verkleinern. Insbesondere der hohe Rohölpreis dürfte aber 2023 den Importwert erneut höher als den Exportwert ausfallen lassen.
Das liegt auch an Problemen in wichtigen Exportbranchen wie der Textilindustrie. Weil sich die Weltkonjunktur abkühlt, sinkt momentan die Nachfrage aus dem Ausland. Im Zuge der vom IWF angemahnten Reformen dürfte es zu Veränderungen im Handelsregime kommen. So fordern die Experten beispielsweise die Vereinheitlichung von Verfahren und Anlaufstellen in Form eines "National Single Window".
Darüber hinaus wird in lokalen Medien immer wieder darauf verwiesen, dass China als großer Gläubiger des Landes Zugeständnisse im Handel als Gegenleistungen für eine Einigung in Bezug auf Schulden verlangt. Konkret wird der Abschluss eines Freihandelsabkommens genannt. Im Jahr 2014 hatten die Verhandlungen dazu begonnen.
2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 | 2023* | |
---|---|---|---|---|
Importe | 21.502 | 17.560 | -18,3 | 3.859 |
Exporte | 13.331 | 13.592 | 2,0 | 2.998 |