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Wirtschaftsumfeld
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Wirtschaftsausblick | Sudan
Die Wirtschaft Sudans muss sich in einem schwierigen Umfeld behaupten. Geberinstitutionen haben nach einem Putsch im Oktober 2021 ihre finanziellen Zusagen auf Eis gelegt.
25.11.2022
Von Friedrich Henle | Berlin
Die sudanesische Wirtschaft befindet sich weiterhin im Krisenmodus. Für Beeinträchtigungen sorgt vor allem die instabile politische Lage im Land. Im Oktober 2021 hatte das Militär eine gemeinsame Übergangsregierung mit zivilen Mitgliedern aufgelöst. Der Vorsitzende des Souveränen Rates und de facto Staatsoberhaupt, General Abdel Fattah al-Burhan, hat Wahlen für den Sommer 2023 angekündigt. Militärs und Oppositionsparteien sprechen zwar nun wieder miteinander, unter Vermittlung der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen. Dennoch dürfte dieser Zeitplan nicht zu halten sein.
Die im Juli 2021 begonnenen Verhandlungen zur Reduktion der hohen Auslandsverschuldung sowie über Kredite von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) sind auf Eis gelegt. Finanzielle Unterstützung aus den Golfstaaten fließt weiterhin, wird jedoch nicht ausreichen, um diese Ausfälle zu kompensieren.
Somit sind die Voraussagen zur wirtschaftlichen Entwicklung verhalten. Die Economist Intelligence Unit (EIU) hat ihre Prognosen für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) weiter nach unten angepasst. Sie rechnet jetzt für das laufende Jahr 2022 mit einem BIP-Rückgang von real 0,6 Prozent. Im Jahr 2023 soll die Wirtschaftsleistung leicht um 0,7 Prozent zunehmen. Etwas optimistischer zeigt sich der Internationale Währungsfonds (IWF), der dem Land ein Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent im Jahr 2023 zutraut. Die mögliche BIP-Zunahme im kommenden Jahr reicht jedoch bei weitem nicht aus, um die Lebensverhältnisse der stark wachsenden Bevölkerung substanziell zu verbessern.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) 1) | 34,4 | 35,1 | 4.261 |
BIP pro Kopf (US$) 1) | 775 | 772 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.) 1) | 44,4 | 45,7 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = x Sudanesische Pfund) 2) | 62,7 | 465,1 | - |
Der Bedarf an Investitionen ist riesig, ausländische Unternehmen sind aber zurückhaltend aufgrund der Bedingungen. Da sich der Staat in einer schwierigen Finanzierungssituation befindet, dürften in nächster Zeit von dieser Seite auch keine größeren Impulse kommen. Am ehesten zeigen sich Unternehmen und Investoren aus China, Russland und den Golfstaaten bereit, weiterhin im Land zu investieren.
Wichtigste Branchen sind die Ölförderung, die Goldförderung und die Landwirtschaft. Im Infrastrukturbereich zeigt sich in den letzten Monaten ein gesteigertes ausländisches Interesse an Hafenprojekten am Roten Meer, das mitunter auch eine geopolitische Komponente beinhaltet. Im Schienenbereich scheinen die Planungen für eine grenzüberschreitende Verbindung mit Ägypten am fortgeschrittensten zu sein. Andere Schienenprojekte in Richtung Äthiopien oder Tschad befinden sich noch in der Ideenphase.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
---|---|---|---|
Modernisierung und Ausbau des Seehafens Suakin | 4.000 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 4. Quartal 2023 | Gemeinsames Projekt von Sudan und Katar (jeweils Ministry of Transport) |
Neubau eines Seehafens am Roten Meer | 4.000 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 2. Quartal 2023 | Investitionsort: circa 200 Kilometer nördlich von Port Sudan; DAL Group (Sudan); Abu Dhabi Ports (VAE) |
Neubau des Hauptstadtflughafens Khartum | 1.600 | Durchführung; Fertigstellung geplant: 4. Quartal 2022 | Sudan Civil Aviation Authority; Hauptauftragnehmer: Summa (Türkei) |
643 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 1. Quartal 2023 | ||
Ausbau des Stromnetzes | 229 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 2. Quartal 2024 | 225 Kilometer Hochspannungsleitungen und Umspannstationen in der Umgebung von Khartum; Sudanese Electricity Transmission Company |
200 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 2. Quartal 2023 | ||
Gaskraftwerk Khartum | 200 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 2. Quartal 2023 | Geplante Kapazität: 350 Megawatt; Sudanese Thermal Power Generating Company |
Flüssiggasterminal Port Sudan | 160 | Durchführung; Fertigstellung geplant: 3. Quartal 2023 | Sudan Petroleum Corporation; Hauptauftragnehmer: China Harbour |
Offshore-Raffinerie Port Sudan | 126 | Studienphase; Auftragsvergabe geplant: 2. Quartal 2023 | Geplante Kapazität: 200.000 Barrel pro Tag; Ministry of Energy and Petroleum |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten unter www.gtai.de/sudan, „Ausschreibungen“ und „Entwicklungsprojekte“.
Die Bevölkerung kämpft mit Problemen des täglichen Lebens. Brot- und Benzinknappheit sowie stark steigende Preise belasten die Geldbeutel der Haushalte. Laut sudanesischer Zentralbank geht die hohe Inflation langsam zurück, lag Ende September 2022 allerdings noch bei 107 Prozent. Im Jahr 2021 hatte sie im Durchschnitt sogar 359 Prozent betragen.
Ein großer Teil der sudanesischen Familien hat zudem keine ausreichenden Mittel, um selbst einkaufen zu können. Für das Jahr 2022 sagen die Vereinten Nationen voraus, dass ein Drittel der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe und Lebensmittellieferungen angewiesen sein wird. Der Krieg in der Ukraine stellt die Nahrungsmittelsicherheit in Sudan auf eine weitere Probe: Knapp 60 Prozent des importierten Weizens stammten bisher aus Russland sowie der Ukraine. Die heimische Weizenproduktion deckt den Jahresbedarf nur zu etwa 15 Prozent ab.
Grundsätzlich verfügen die rund 46 Millionen Sudanesinnen und Sudanesen in der Summe über eine nicht unerhebliche Kaufkraft. Die EIU nennt einen Betrag von 30 Milliarden US-Dollar (US$), den die Haushalte im Jahr 2020 insgesamt ausgegeben haben. Die prognostizierte Erhöhung des privaten Konsums fällt 2023 mit 0,7 Prozent allerdings schwach aus.
Trotz ungünstiger Wirtschaftslage und der politischen Schwierigkeiten ist das Handelsvolumen von Sudan 2021 gestiegen. Insbesondere bei agrarischen Rohstoffen und bei Gold hat es einen Zuwachs gegeben. Das Gros der Ausfuhren geht seit Jahren in die Vereinigten Arabischen Emirate. China bleibt mit Abstand das wichtigste Lieferland.
Ein Problem für den Außenhandel stellt der Mangel an Devisen dar. Laut Medienberichten hat dies in einem Fall sogar dazu geführt, dass sich das Finanzministerium von einer lokalen Privatfirma US-Dollar leihen musste, um eine Weizenlieferung zu bezahlen. Das Leistungsbilanzdefizit wird in erster Linie durch Kredite Chinas und der Golfstaaten ausgeglichen.
Deutschlands Ausfuhren nach Sudan erreichten laut Statistischem Bundesamt in den ersten drei Quartalen 2022 einen Wert von 100 Millionen Euro. Im gesamten Jahr 2021 hatte der Wert bei 111 Millionen Euro gelegen.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe (fob) *) | 8.854 | 9.143 | 3,3 |
Exporte (fob) *) | 3.803 | 4.279 | 12,5 |