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Special | Südafrika | US-Zollpolitik

Südafrika unter Druck: US-Zölle treffen Schlüsselindustrien

Mit pauschalen Zöllen von 30 Prozent trifft die US-Handelspolitik Südafrika besonders hart. Einzelne Schlüsselbranchen sind stark betroffen, doch das Land versucht, gegenzusteuern.

Von Jenny Tala | Johannesburg

Seit August erheben die USA pauschale Einfuhrzölle von 30 Prozent auf südafrikanische Waren. Für Fahrzeuge und Komponenten gelten 25 Prozent, für Stahl und Aluminium sogar 50 Prozent. Wichtige strategische Rohstoffe wie Platin, Gold und Kupfer sind von den Zöllen ausgenommen.

Die wirtschaftlichen Folgen für Südafrika könnten angesichts des ohnehin schwachen Wirtschaftswachstums gravierend sein: Analysten gehen davon aus, dass das Wachstum deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben wird. Die Prognose für 2025 wurde mehrfach nach unten korrigiert und liegt aktuell bei nur noch 1 Prozent.

USA sind nach China zweitwichtigster Absatzmarkt

Mit einem Exportanteil von 7,5 Prozent waren die USA 2024 Südafrikas zweitgrößter Absatzmarkt - nach China (11,3 Prozent) und vor Deutschland (6,4 Prozent). Insgesamt gingen Waren im Wert von 14,8 Milliarden US-Dollar (US$) in die Vereinigten Staaten. Besonders betroffen sind verarbeitete Produkte wie Fahrzeuge, Stahl und Aluminium - Branchen, die für Beschäftigung und industrielle Wertschöpfung in Südafrika zentral sind.

Zwar verzeichnen die USA ein Handelsdefizit gegenüber Südafrika, doch die Importe machen weniger als 1 Prozent der US-Gesamtimporte aus. Das Defizit entsteht vor allem durch Rohstoffe, die nun größtenteils von den Zöllen ausgenommen sind. Die neuen Maßnahmen treffen daher vor allem jene Sektoren, die bislang stark vom African Growth and Opportunity Act (AGOA) profitiert haben - einem Handelsprogramm, das 32 afrikanischen Ländern zollfreien Zugang für über 1.800 Produkte gewährt. Doch AGOA ist im September ausgelaufen und durch die neuen Zölle faktisch außer Kraft gesetzt.

Automobilindustrie besonders betroffen

Die Automobilbranche zählt zu den größten AGOA-Profiteuren: 2024 waren die USA das drittwichtigste Zielland für südafrikanische Fahrzeuge. Seit dem Start von AGOA im Jahr 2000 stiegen die Kfz-Exporte in die USA von 190 Millionen auf 1,8 Milliarden US-Dollar - das entspricht 15,3 Prozent der gesamten US-Exporte Südafrikas. Mit einem Anteil von 5,3 Prozent am Bruttoinlandsprodukt ist der Sektor eine tragende Säule der Wirtschaft. Über 136.000 Arbeitskräfte sind direkt oder indirekt in der Branche beschäftigt.

15,3 %

war der Anteil von Kfz und -Teilen an Südafrikas Gesamtexporten in die USA 2024.

Die neuen Zölle gefährden diese Struktur massiv. Zwischen April und Juli 2025 sind die Kfz-Exporte in die USA im Jahresvergleich um 64 Prozent eingebrochen. Die Hersteller reagieren unterschiedlich auf die neuen Herausforderungen. In East London, wo Mercedes-Benz die C-Klasse für den US-Markt produziert, stehen tausende Jobs auf dem Spiel. Medienberichten zufolge prüft Mercedes-Benz eine Werksteilung mit einem anderen OEM (Original Equipment Manufacturer; Erstausrüster), um die Produktionskapazitäten zu erhalten. BMW will einen Teil seiner bisherigen Fahrzeugexporte aus Südafrika (insbesondere das X3-Modell) künftig nach Kanada umleiten. Volkswagen konzentriert sich auf Modelle für den afrikanischen Markt.

Agrar- und Nahrungsmittelindustrie unter Druck

Auch die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie leidet unter den neuen Handelsbedingungen. Zwei Drittel der landwirtschaftlichen Erzeugnisse gelangten bislang dank AGOA zollfrei in die USA. Seit 2000 haben sich die Agrarexporte in die Vereinigten Staaten verfünffacht. Zu den wichtigsten Produkten zählen Zitrusfrüchte, Nüsse, Trauben, Wein und Zucker. Durch die neuen Zölle verlieren sie an Wettbewerbsfähigkeit - insbesondere gegenüber Konkurrenz aus Lateinamerika, die ähnliche klimatische Bedingungen und Erntezeiten wie Südafrika aufweist. Südafrika konnte bislang vom entgegengesetzten Saisonverlauf zu den USA profitieren.

Stahl und Aluminium: Hohe Zölle, schwacher Sektor

Besonders gravierend sind die 50-Prozent-Zölle auf Stahl und Aluminium. Zwar sind die absoluten Exportmengen überschaubar - etwa 10 Prozent der Stahlexporte und 22 Prozent der Aluminiumexporte gehen in die USA - doch den ohnehin angeschlagenen Sektor treffen die Zölle hart. Anders als bei Rohstoffen verfügen die USA bei Stahl und Aluminium über eine breite Beschaffungsbasis und können Importe aus Südafrika leicht ersetzen.

Südafrika setzt auf Diplomatie

Harte Gegenmaßnahmen auf die Zölle hat Südafrika bislang nicht angekündigt. Vielmehr setzt die Regierung auf Dialog und bemüht sich um ein neues Handelsabkommen mit den USA. Gegenzölle sind keine Option, da viele Branchen stark von Vorprodukten aus den USA abhängig sind und Gegenzölle der lokalen Industrie eher schaden würden.

Ein möglicher Deal sieht vor, dass Südafrika mehr Fleisch und Flüssiggas aus den USA importiert und in US-Industrien investiert. Im Gegenzug könnten Zölle auf bestimmte Mengen Fahrzeuge, Stahl und Aluminium entfallen. Parallel dazu wurde ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der heimischen Wirtschaft aufgelegt, das Exportförderung, Marktdiversifizierung und gezielte Unterstützung für betroffene Unternehmen umfasst. Südafrika setzt zudem auf die Afrikanische Freihandelszone (AfCFTA), die Zollunion des südlichen Afrikas (SADC) und verstärkte Kooperation mit den BRICS-Staaten - etwa durch neue Handelsabkommen mit China und eine stärkere Zusammenarbeit mit Indien. Die Erweiterung der BRICS-Gruppe um Länder wie Saudi-Arabien und Indonesien eröffnet zusätzliche Exportmärkte. Bereits 2024 entfiel ein Viertel des Handelsvolumens auf BRICS-Länder.

Zukunft von AGOA bleibt ungewiss

Doch es gibt auch Hoffnung: In Washington mehren sich Hinweise auf eine mögliche Verlängerung von AGOA. Hintergrund ist Chinas wachsender Einfluss: Im Juni bot Peking nahezu allen afrikanischen Ländern zollfreien Zugang an. Die US-Handelskammer drängt auf eine Verlängerung, um Lieferketten von China wegzulenken. Der südafrikanische Handelsminister Parks Tau bestätigte, dass die Trump-Regierung eine kurzzeitige Verlängerung unterstützt.

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